In diesem Tagebuch wird in lockerer Folge aus der alltäglichen Arbeit von Dialog International mit den Partnern im Kongo berichtet. Das Tagebuch gibt eine persönliche Meinung wieder. auf keinen Fall die offizielle Meinung von Dialog International
Jetzt ist schon über eine Woche vergangen und ich war kaum in der Lage, die vielen Begegnungen und Eindrücke aufzuschreiben. Die Fahrt nach Uvira war ein kleines Abenteuer. Mit dem Jeep gings zunächst durch eine Hochgebirgslandschaft – Serpentinen hoch und runter. Als es runter ging hatte der Motor plötzlich kein Kühlwasser mehr. Ein Loch.... Der Fahrer wußte sich zu helfen und verklebte das Loch provisorisch mit einer Masse, die er der Bananenstaude entnahm. Wasser holten wir aus dem nahen Bach. Doch dann war uns doch die Weiterfahrt zu unsicher, zumal wir viel Zeit verloren hatten. Wir stoppten einen UNO-Jeep, der uns bis Kamanyola in der Ebene mitnahm. Dort hörten wir, daß uns unsere Freunde bereits an der Stelle erwarteten, wo die Straße von Bukavu auf die befestigte Straße nach Uvira traf. Sie hatten jedoch nicht damit gerechnet, daß wir ausgerechnet mit einem UNO-Jeep eintreffen würden. Glücklicherweise ist unser Partner Chef der Societé Civile von Uvira und überall in der Region gut bekannt. So hatten wir die Empfangsdelegation schnell gefunden und schon bald waren wir dankbar, daß sie uns bereits in Kamanyola abholten. Wir hatten auf dem Weg nach Uvira noch mindestens 10 Straßensperren von Kindersoldaten zu bewältigen, die, so wurde uns gesagt, nicht lange fackelten, wenn es Widerstand gab. Der Chef der Societé Civile indes war bekannt und öffnete uns manche Sperre, manchmal mit und manchmal auch ohne daß Geldscheine den Besitzer wechselten.
Begrüßung der Delegation aus Deutschland durch Menschen aus Uvira und Kamanyola
Auf halben Wege nach Uvira besuchten wir die erste Gruppe, die an unserem Projekt Pain et Paix/Brot und Frieden“ mitwirkt und Reisfelder bewirtschaftet. Eine riesige Volksmenge wartete schon auf uns. Besonders die Kinder bestaunen den Masungu. Ja“, so hörte ich, jetzt weißt du, wie es ist, wenn man als Schwarzer in Europa ist“. Doch anders als die Schwarzen in Europa, die wenig willkommen sind, hatte ich Hunderte von Hände zu schütteln. Dann gings in die Reisfelder – und alle zogen mit. - Reis, soweit das Auge reicht.
Besichtigung des behelfsmäßigen Bewässerungssystems und der Reisfelder
Und das mit Hilfe von Dialog International. Sicherlich, es gab noch Probleme. Das Bewässerungssystem war durch den Krieg in einem völlig desolaten Zustand, sodaß nicht selten eine Überschwemmung eintritt. Der Schleusenwärter zeigte mir, wie er mit einfachsten Mitteln – Gesträuch, Astwerk – wenigstens etwas versucht, das Wasser zu kanalisieren. Dabei stand er barfuß tief im Wasser. Für Stiefel reichte das Geld nicht. Ich hätte ihm am liebsten meine Stiefel gegeben, aber sie waren nur ausgeliehen... Sämtliche Kinder übrigens barfuß und nicht selten nur in Lumpen gekleidet. Schon hier war klar, die Armut in Uvira ist größer als anderswo. Dann auf einem Fußballplatz ein paar obligatorische Reden per Megaphon. Als ich deutsch sprach, ging ein Raunen durch die Menge. Die Übersetzung war erst ins Französische, dann in die Lokalsprache. Schließlich bestiegen wir wieder unser Auto und wollten nach Uvira weiterfahren. Doch plötzlich war Militär da und hinderte uns abzufahren. Das Auto war zu einer Arrestzelle geworden...
Der lokale Kommandant der kongolesischen Armee war von seinen Vorgesetzten nicht über unseren Besuch informiert worden und fühlte sich hintergangen. Eineinhalb Stunden dauerten die Verhandlungen von J.F., Chef der Societé Civile Uvira mit mehrmaligen Telefonaten in die Kommandantur. Dabei fielen harte Worte wie Sabotage“ gegenüber dem lokalen Kommandanten. Sein Vorgesetzter drohte ihn und seine Mannschaft schließlich in Untersuchungshaft zu setzen, was widerum J.F. verhinderte – und schließlich konnten wir die Fahrt fortsetzen.
Straße in Uvira
Uvira besteht vor allem aus einer langen befestigten Straße voller Menschen, die zu Fuß unterwegs sind. Am Rand der Straße ein Minihändler neben dem anderen. Wir übernachten in einem kleinen Hotel, das ganz ordentlich ist und sind privat zum Abendessen eingeladen. Vorbei an Hütten und kleinen Backsteingebäuden, vielen Menschen, Hühnern und Ziegen gelangen wir bald ins Wohnzimmer des Gastgebers. Pünktlich um 6 Uhr ist es dunkel und der Raum wird durch zwei Petroleumlampen und eine Kerze beleuchtet.
Nach dem Essen die erste Sitzung mit unseren drei Partnerorganisationen in Uvira und Beratungen über laufende Projektanträge. Jede der Gruppen hat unterschiedliche Schwerpunkte. Die A.I.D. betreut Flüchtlingsfamilien und führt mit Unterstützung des BMZ das Projekt Brot und Frieden“ durch. Die Witwengruppe GRAIFA möchte Friedensseminare organisieren und CEFI eine Wiederaufforstung. Die Beratungen betreffen formale Antragsmodalitäten, sind gut und konstruktiv. Kein Zweifel. In Uvira muß geholfen werden.