In diesem Tagebuch wird in lockerer Folge aus der alltäglichen Arbeit von Dialog International mit den Partnern im Kongo berichtet. Das Tagebuch gibt eine persönliche Meinung wieder. auf keinen Fall die offizielle Meinung von Dialog International

Aus dem Tagebuch der Geschäftsstelle von Dialog International:

Besuch im Kivu

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Mittwoch, 1. Dezember 2004

Der Kongo kennt keine Geldmünzen, nur Geldscheine; und wenn du Franc-Congolais hast und viel bezahlen mußt, dann benötigt man eine größere Tasche. Ein einziger Dollar sind schon ein guter Stapel Franc-Congolais-Scheine. Und was für Scheine! Man möchte sie gerne schnell wieder loswerden, damit sie einem nicht in der Tasche auseinanderfallen. Abgegriffene, verschmutzte Geldscheine, die sicherlich schon tausendfach den Besitzer gewechselt haben und seit einem Dutzend Jahren zirkulieren.

Die Zweitwährung im Kongo ist aber der Dollar. Praktisch überall kannst du mit dem Dollar zahlen. Mit jedem Dollar? Nein. Erstens muß der Dollarschein blütenweiß sein, darf keinen Riß haben und muß noch eine bestimmte Seriennummer haben. Kommst du mit einer anderen Seriennummer an, wird Dein Dollarschein nicht akzeptiert auch wenn du 100 Dollar hast, was im Kongo sehr viel Geld ist. Doch nicht nur das. Niemand in Europa hat bisher darauf geachtet, daß die USA zwei verschiedene Arten von Dollarscheinen zirkulieren lassen. Auf der einen Serie findest du große Köpfe, auf der anderen kleine Köpfe. So. Die kongolesischen Wechsler sind wählerisch. Sie akzeptieren nur die großköpfigen Dollarscheine, am besten frisch aus der Druckerpresse. Jetzt hatte ich die Tasche voll Dollars mit kleinen Köpfen und auch noch die falschen Seriennummern. Wer kommt denn auch auf solche Ideen? Was tun? Glücklicherweise gibt’s Geschäftsleute, die reisen und überall sonst in Afrika akzeptiert man natürlich gerne jeden Dollarschein, in Ruanda, Uganda, Tansania, Kenia... So waren diese Leute freundlicherweise bereit, meine Dollarscheine umzutauschen in den „Dollar congolais“.

Am gestrigen Dienstag besuchten wir die Pax Christi-Gruppen in Bukavu. Pax Christi Köln hat seit etlichen Jahren eine „Jumelage“, eine Partnerschaft mit Pax Christi Bukavu und ganz im Sinne der Überlegung, daß ohne Brot kein Friede möglich ist, wurden eine ganze Reihe von humanitären Projekte unterstützt, u.a. auch mit Mikrokrediten. Wir fuhren am frühen Morgen in einen Vorort Bukavus und fanden dort zwei Baracken von höchstens zusammen 100 qm, eine mit drei Räumen mit jeweils einem winzigen Fenster, die andere mit vier oder fünf kleinen Räumen. Die Baracken waren für teures Geld angemietet und vollgestopft mit Schülern. Dicht gedrängt werden hier mindestens 200 Straßenkinder unterrichtet. Die Lichtverhältnisse sind prekär, wegen der winzigen Fenster. Mein erster Gedanke war, daß die Kinder villeicht alle Augenschäden davontragen, wenn sie auf ihre kleinen Tafeln schreiben müssen. An unserem Besuchstag arbeiteten sie mit Hochdruck an der Fertigstellung der Grußkarten aus Bananenblättern, die wir mit nach Deutschland nehmen sollten. Die kleineren Kinder, also die Mehrheit, übte mit einfachen Figuren, die größeren konnten schon die fertigen Karten produzieren. Sie hatten keinerlei Möglichkeit im Freien eine Pause zu haben und mußten bis zum Nachmittag in den Gebäuden ausharren. Die Lehrer arbeiteten für einen Hungerlohn von wenigen Dollar, denn niemand war da, der Schulgeld zahlte. Vielleicht sind die Grußkarten die einzige Einnahmequelle der ganzen Schule? Die Kinder bestaunten den Masungu. Auf jeden Fall hat hier Pax Christi eine wunderbare Aufgabe übernommen. Wenn irgendetwas nach Kräften gefördert werden sollte, dann die Schulausbildung dieser Kinder.


Seifenproduktion einer Pax-Christi-Gruppe in Bukavu

Danach besichtigten wir einige weitere Projekte, darunter eine Batikfärberei, Seifenproduktion. Dann zwei Gruppen in einem ganz anderen Stadtteil, der noch während der belgischen Kolonialzeit errichtet wurde und seitdem – sagen wir mal – abgewohnt wird. Und doch sind die Reihenhäuschen innendrin proper und sauber. In zwei benachbarten Häuschen arbeiten einige Dutzend Frauen vor allem mit Textilien Fleißige Hände nähen und stricken und produzieren für die lokalen Märkte. Diese jungen Frauen kommen ebenfalls von der Straße und manche hat ihr Kind dabei. Auch dies eine unterstützenswerte Arbeit.

Schließlich finden wir im Büro von NSF-Pax Christi, ADMR und Dialog International Bukavu noch zwei weitere Gruppen, die mit Strickmaschinen arbeiten bzw. andere Textilien nähen. Wir sitzen dann noch eine Weile zusammen und sprechen über die Struktur von Pax Christi. Uns werden Fotos überreicht, auf denen PC-Mitglieder aus Bukavu eine kleine Friedensdemonstration durchführen. Außerdem hat Flavien von PC-Bukavu wieder ein sehr schönes Heft mit Comics zu Fragen der Konfliktlösung herausgegeben.

Schon am Morgen besuchten wir kurz das Büro der GTZ in Bukavu. Dort hörten wir von den Problemen, die Ruanda im Nordkivu verursacht habe. Am Abend sind alle etwas verunsichert und wir überlegen kurz, ob wir schon am nächsten Tag nach Ruanda ausreisen sollten, bevor evtl. die Grenzen geschlossen werden. Unsere Freunde gehen früh heim. In solchen Situationen weiß man nie, ob nicht vielleicht ein Ausgehverbot verhängt wird.

Ich war froh, einmal früh schlafen gehen zu können...

Der Mittwoch begrüßt uns nicht nur mit hellem Sonnenschein sondern auch mit einer Entspannung im Nordkivu. Von vorzeitiger Rückreise ist keine Rede mehr. Wir besuchen planmäßig Twese-Hamwe-Gruppen in Bukavu und auf dem Weg zur ersten Gruppe sehen wir sicherlich Zehntausende von Schülern, die zu einer Demonstration aus der ganzen Region nach Bukavu marschiert sind. Es wird gegen die Regierung demonstriert, die immer noch nicht regelmäßig die Lehrer bezahlt. Man fordert also ein Ende der Ausplünderung der Eltern und Bezahlung der Lehrer. Die Stimmung ist wirklich super. Den Schülern macht der Ausflug nach Bukavu sichtlich Spaß. Polizei oder Militär ist weit und breit nicht zu sehen. Alle Schüler versammeln sich auf dem Gelände der Kathedrale.

Wir dagegen fahren wieder weit raus aufs Land zu der ersten Gruppe, die in eine Ziegelbrennerei betreibt. Das heißt 17 Witwen haben sich zusammengetan, profitierten von unserem Mikrokreditprojekt und haben auf eigene Faust Land gepachtet, auf welchem für Ziegelbrennerei geeigneter Boden verfügbar ist. Sie erzielen dadurch einen Umsatz von 6.000 Dollar im Jahr und nach Abzug aller Kosten bleibt immer noch für jede Frau eine erkleckliche Summe übrig, mit der neue Investitionen getätigt, das Schulgeld der Kinder bezahlt und die eine oder andere Anschaffung getätigt werden kann. Kurz später sitzen wir in der Rundhütte der Gruppenleiterin und sehen, daß dort Tier und Mensch friedlich nebeneinander leben. In der Hütte steht ein verbesserter Ofen, der holzsparend ist. Bei dem häufigen Regenwetter läßt sich leider nicht draußen kochen. Wir halten wieder einige Begrüßungsreden und erfahren von der Gruppe, daß sie nicht mit allem zufrieden waren. Im Laufe des Tages bekommen wir die Probleme geklärt. Trotzdem kommen auf einmal die Frauen an und überreichen uns reichlich Geschenke. Sicherlich 6 oder 7 Plastiktüten mit den Früchten des Feldes sollen wir mitnehmen. Was nun. Wir sind ganz beschämt wieder. Aber dann kommt mir die rettende Idee. Ich sage, daß wir mit diesen Dingen am liebsten jetzt mit den Frauen ein Festessen haben würden. Aber leider hätten wir nicht genug Zeit und müßten weiterfahren zur nächsten Gruppe. Deshalb schlage ich vor, die Frauen möchten doch mit den Früchten jetzt selbst ohne uns ein Festessen zubereiten. Das war’s. Mit riesiger Begeisterung wurden die Tüten wieder zurückgenommen und man versprach uns, genau dies zu tun. Fröhlich verabschiedeten wir uns und fuhren zurück in die Innenstadt von Bukavu. Dort trafen wir noch mehrere andere TH-Gruppen, eine produzierte Textilien mit drei Nähmaschinen, in einer anderen Gruppe waren in einer Baracke von vielleicht 50 qm mehrere Frauengruppen untergebracht, die z.T. kunstgewerbliche Dinge herstellten und z.T. auch Witwen waren. Und in einem der winzigen Räume wurden mindestens 20 kleinere Kinder unterrichtet, die bisher ebenfalls keine Möglichkeit hatten, an einem Schulunterricht teilzunehmen. Dies war ein ganz neues Projekt, welches erst seit 4 Wochen lief. Und dann kamen die Kinder aus ihrem Stübchen in den größeren Raum nebenan und begannen wunderschön zu singen und fast jedes Kind gab dazwischen eine Solo-Einlage. Dabei wurde mir erzählt, daß die Kinder dabei ihr sehr persönliches Schicksal uns in einem Lied erzählten. Viele waren Waisenkinder, hatten schreckliche Kriegserlebnisse hinter sich. Ihre Eltern waren z.T. ermordet worden. All dies sangen sie mit eindrücklichen Melodien in der Kisuaheli-Sprache. Auch hier hielt ich natürlich eine Ansprache an die Kinder und anschließend wurde mir noch ein Kind vorgestellt, daß seit dem Junikrieg erblindet ist und während dieses Krieges Vater und Mutter verloren hat. Bisher gab’s keinerlei ärztliche Versorgung. Eine Frau der Gruppe hat sich des Kindes angenommen, fühlt sich aber überfordert und hätte gerne eine Hilfe, da sie ja auch für den Lebensunterhalt noch arbeiten muß. Wir wollen zumindest versuchen, für dieses Kind eine ärztliche Versorgung sicherzustellen.

Dieses Zentrum macht einen außerordentlich guten Eindruck und die Arbeit ist sicherlich unterstützenswert. Noch einige weitere Gruppen werden besucht. Eine davon versammelt vor allem vergewaltigte Frauen. Wir hörten ganz diskret das Zeugnis von zwei Frauen. Eine davon wurde unter den Augen ihrer eigenen Kinder von mehreren Soldaten hintereinander vergewaltigt. Während sie noch berichtete, brach sie in Tränen aus und ich nahm sie in die Arme und streichelte sie. Die Erinnerungen hatten sie überwältigt. Auch die andere Frau bezeugte ähnliche Erlebnisse und schluchzte. Wir waren sehr betroffen und fest entschieden, daß weitere Hilfsprogramme für diese vergewaltigten und geschändeten Frauen dringend nötig sind.

Donnerstag, 2. Dezember 2004

Am Nachmittag kamen noch einmal Vertreter fast sämtlicher Gruppen, die wir besucht hatten, zu einem Abschlußgespräch. Hier berichtete ich vor allem über die Arbeit von Dialog International in Deutschland, über unsere Möglichkeiten und Grenzen. Es gab einen Austausch von Ideen und eine sehr herzliche Verabschiedung. Natürlich durfte auch das Gruppenfoto nicht fehlen und dann begann das Kofferpacken.


Das Team von Dialog International Bukavu vor dem Büro in Bukavu

Freitag, 3. Dezember 2004

Mit dem ersten Sonnenstrahl gegen 6 Uhr morgens sind wir auf den Beinen. Die Hälfte der Geschenke, die wir in den verschiedenen Gruppen entgegennehmen durften, mußten wir in Bukavu lassen, weil sie einfach nicht mehr ins Gepäck paßten. Überhaupt diese Geschenke. Die größten kamen von den ärmsten Gruppen und zwar von Herzen. Unglaublich. Wie oft waren wir peinlich berührt, zumal wir alles, was wir an Geschenken mitgebracht hatten, bereits am ersten Tag verteilten und später nichts mehr für andere Gruppen hatten. Wenn aber Geben seliger als Nehmen ist, so waren unsere Gastgeber in den verschiedenen Gruppen seliger als wir. Zwei kunstvoll gearbeitete Wanderstöcke ließen wir in Bukavu, mit denen sich vor allem rutschige, feuchte Gebirgswege sicher überwinden lassen, einen großen Hut, mehrere Honigtöpfe, Früchte, Reis, Gemüse, Textilien...

Die Trommel von den Mamans UMOJA passte glücklicherweise in den Rucksack, auch einige Lederwaren von AJAP, viele Grußkarten von NSF und viele weitere kunstgewerbliche Artikel aus den Gruppen. Nicht alles waren Geschenke. Einiges hatten wir auch gekauft oder bekamen dies ausgehändigt, um in Deutschland zu testen, ob wir dies zugunsten der Gruppenarbeit verkaufen könnten, ob dies also in Deutschland eine Nachfrage hat. Für die Gruppen dort wäre natürlich ein regelmäßiger Verkauf in Deutschland eine immense Hilfe. Aber werden wir dies organisiert bekommen?

Dann besteigen wir das Auto bis zur nahen Grenze Ruzizi I, wo über den Ruzizifluß, der die Grenze bildet, eine Brücke nach Ruanda führt. Dort finden wir ein Taxi, das wir mit einer weiteren Person teilen und das uns bis zum Flughafen Kigali bringt in gut 6 Stunden schneller Fahrt auf den gut ausgebauten Straßen Ruandas, wieder tausend „Hügel“ rauf und runter. Unterwegs noch eine Reifenpanne und ein Stopp durch eine Polizeikontrolle. Der ruandische Fahrer zeigt seinen (Lastwagen)Führerschein und man moniert, daß er keinen Pkw-Führerschein dabei hat. Als ob ein Lastwagenfahrer keinen Pkw lenken könne! Doch die Polizisten wollten ja nur etwas bestimmtes. Das dauerte dann noch etwa 15 Minuten, bis diskret, zweihundert Meter vom Auto entfernt, ein paar Scheine den Besitzer wechselten. In Ruanda hat also auch sowas eine ganz andere Ordnung als im Kongo.

Samstag, 4. Dezember 2004

Der Flug hatte eine Stunde Verspätung, sodaß die Sonne schon über dem Viktoriasee untergegangen war. Die Ankunft in Frankfurt war dann am Samstagmorgen nicht nur ein Kälte- sondern auch ein Kulturschock. Was ist an Afrika so schön, daß man gar nicht mehr zurückkehren möchte? Sicherlich die Herzlichkeit, Geselligkeit, Freundlichkeit der Menschen. Menschen, die hart arbeiten müssen, um ihr Leben zu meistern. Auch in Europa müssen viele Menschen hart arbeiten, aber eigentlich nur, um den Reichtum zu verwalten. Afrika und speziell die afrikanische Frau arbeitet, um einen ganz anderen Reichtum Afrikas zu ernähren: die vielen Kinder. Ich erinnere mich an keine einzige Szene, bei der nicht auch immer viele viele Kinder dabei waren.

Wie wird ihre Zukunft sein? Werden auch ihre Kinder immer noch in zerlumpter Kleidung barfuß durch den Schlamm der Dörfer oder der Stadt Bukavu waten müssen? Oder wird der Kongo endlich eine Regierung finden, die aufrichtig und ohne Korruption den Wiederaufbau anpackt, die Beamten bezahlt, die öffentlichen Dienste zum Funktionieren bringt und die Menschen ermutigt, wieder an die Zukunft zu glauben, eine Zukunft, bei der Soldaten nicht mehr derart im Mittelpunkt der Probleme stehen wie heute. Jemand sagte unterwegs, Afrika habe im Prinzip eine große Zukunft. Wenn der Jugend Afrikas gelingt, Tradition und Moderne harmonisch zu verbinden – und es gibt immer wieder Zeichen, daß dies gelingen könnte - dann sieht das „alte Europa“ wirklich alt aus und dann verkehren sich manche Paradigmen. Europa liebt es Afrika zu vergessen, weil das afrikanische Weltbild ganz und gar nicht in das Weltbild „guter“ Bürgerlichkeit paßt. Wie sagt Wilhelm Mensching in seinem Buch „Ruanda – Eine Selbstdarstellung des Volkes in alten Überlieferungen“? (1987, Restexemplare noch über DI zu beziehen) „Ich ging nach Afrika, um zu lehren, belehrt kam ich zurück!“

Voilà.

Und noch eine Nachbemerkung: Diese Eintragungen sind sehr persönlich. Ich habe das Engagement meines afrikanischen Partners David fast völlig ausgeklammert und dabei war dies doch ganz entscheidend für den Erfolg der Reise. Dialog International ist eine kongolesisch-deutsche Vereinigung. Somit sandten wir aus Deutschland einen Kongolesen und einen Deutschen. David sprach nicht nur Französisch, sondern auch Kisuaheli, konnte also mit allen Menschen kommunizieren. Sämtliche Bewohner des Kivu, bis ins letzte Dorf hinein, sind zweisprachig, sprechen ihre Lokalsprache und eben kisuaheli, die lingua franca Ostafrikas. Somit kamen wir nicht vor allem als Weiße zu den Partnern, sondern als Kongolesen und die wirklich wesentlichen Angelegenheiten konnte David im Sinne von Dialog International regeln, während ich für die „schönen“ Reden zuständig war. Vielleicht ist das ein Grund, warum viele „weiße“ Organisationen in Afrika eher enttäuschende Erfahrungen machen, Dialog International aber (fast) eine einheimische Organisation ist, mit einer Filiale in Deutschland. Wie überall fanden wir natürlich auch das eine oder andere Problem. Aber über eins waren wir uns völlig einig: Die Projektarbeit unserer Partner ist ganz ausgezeichnet. Oft wurde sehr viel mehr geleistet, als in den Projekten ursprünglich vorgesehen war. Und sehr viel mehr Menschen partizipieren an den eigentlich recht bescheidenen Hilfen, die wir geben können, als wir uns das bisher vorstellen konnten. Und die Hilfen sind eine wichtige Ermutigung – und das sollen sie auch sein. Wir können also ohne Umschweife sagen, daß in den letzten 12 Jahren unsere Kongohilfe im Kivu voll angekommen ist und ein Netzwerk von Partnergruppen geschaffen hat, die tief in der lokalen Bevölkerung verwurzelt sind und die z.T. führend in der regionalen Societé civile tätig sind. All dies macht Mut und wir sollten jetzt hier weitermachen. Natürlich ist klar, daß in anderen Regionen des Kongos die Situation oft noch viel schlimmer ist als im Kivu und Dialog International kann nicht immerzu Gruppen nur im Kivu unterstützen. Aber wir haben ja schon Kontakte in Bandundu und in Kinshasa. Das erste Projekt im Kwango begann in diesen Tagen mit der Ausbildung der Dorfgesundheitshelfer und weitere Projekte in Kinshasa sind in Vorbereitung.

Klar ist, daß die Menschen im Kongo jegliche Unterstützung verdienen. Klar ist auch, daß sie sehr fleißig sind. Aber ohne fremde Hilfe können sie in der gegenwärtigen Situation viele Probleme nicht lösen. Deshalb müssen wir gezielt die wichtigsten Projekte fördern, sodaß Inseln der Stabilität entstehen, wie man das vielleicht inzwischen schon von Luhwindja sagen kann.

Und noch etwas. Wir waren eigentlich zu dritt, weil Emeritha von Twese Hamwe auch die ganze Zeit in Bukavu war, um teilweise mit uns gemeinsam und teilweise alleine Gruppen zu besuchen. Sie war, da ist kein Zweifel, die gute Seele unseres Aufenthaltes, die schon viele Partner kannte und wohl nicht aushalten konnte, daß ich ohne ihren Schutz das erstemal meine Füße auf den Boden Afrikas setzte. Dabei war Emeritha gefährdeter als wir: Ich vergaß einzutragen, daß schon am zweiten Tag unseres Aufenthaltes, genau 15 Minuten nachdem wir nach Luhwindja abgefahren waren, wo Emeritha gerne mitgefahren wäre, um die Wiederaufforstung zu sehen und wir dies aus Sicherheitsgründen ablehnten, weil wir nicht wußten, wie eine ruandische Frau auf dem Land im Kivu geschützt wäre - also 15 Minuten später kamen Soldaten in unser Hotel, um Emeritha mitten in Bukavu zu verhaften. Unsere Freunde Descartes und Kajunju setzten sofort alle Hebel in Bewegung, um Emeritha wieder freizubekommen. Eine ruandische Frau wird also in Bukavu immer noch als Spionin angesehen und nur ihr belgischer Paß schützte sie vor weiterer Verfolgung. Maman Emeritha, wie sie liebevoll in den Gruppen genannt wird, reist seit über 10 Jahren regelmäßig zu den Twese Hamwe Gruppen nach Bukavu und Ruanda und überbringt immer wieder kleinere Hilfsmittel für Projekte. Diese kontinuierliche Arbeit hat auch mit ganz wenigen Mitteln ein Netzwerk geschaffen, das sich sehen lassen kann. In Europa ist Twese Hamwe eine belgisch-deutsche Vereinigung, die Pax Christi und dem Versöhnungsbund Belgien nahesteht. In Bukavu gehört Twese Hamwe zu den Partnern von Dialog International. Wen wundert’s - Dialog International Deutschland hat, wie langjährige Leser unserer Zeitschrift DER PAZIFIST wissen, 1994 Twese Hamwe mitbegründet. So war klar, daß sich Emeritha, sobald sie von unseren Reiseplänen hörte, zur selben Zeit ihre Reise buchte und dadurch mit uns in Bukavu sein konnte.


Impressionen aus Luhwindja – Der Abschied fällt sehr schwer...


Junge in Uvira in der Nähe der Reisfelder – Wie wird seine Zukunft aussehen?