Sonnenkocher in Mbamba/Kongo

Ursula Bremm-Gerhards berichtet von ihren Erfahrungen

Die solare Küche erhielt Einzug in Mbamba/Kongo, als wir - Ursula und Thomas Bremm-Gerhards - 1992 nach Mbamba kamen. Thomas sollte ein Ausbildungsprojekt für Schreiner aufbauen und ich Dorf-Ernährungshelfer ausbilden.

Sonnenkocher waren uns schon lange bekannt. In Deutschland kochen wir bei guter Sonne mit unserer eigenen Kochkiste, und ich hatte meine Diplomarbeit über die "Chancen solarer Kochkisten als angepaßte Technologie in Entwicklungsländern" geschrieben.

Das Ausbildungszentrum Mbamba liegt ca. 100 km südlich von Kikwit im Westen des Kongo. Es ist umgeben von weiten Grassavannen, zum Teil mit Krüppelholz bestanden. Entlang der Flüsse wachsen Galeriewälder. Die Menschen leben in verstreuten kleinen Dörfern. Sie leben hauptsächlich von Feldarbeit, wenige reichere Familien betreiben Rinderzucht. Gekocht wird auf dem offenen „Drei-Steine-Feuer" mit gesammeltem Brennholz.

Die ersten beiden solaren Kochkisten entstanden im April 1992 in der Missionsschreinerei: ein Familienmodell, das der Koch der Patres zum Brotbacken benutzt, und ein ULOG-Standard-Modell für unseren Haushalt in Mbamba.

Unser Kocher ist fast an jedem Tag im Einsatz, an dem es die Sonne erlaubt. Er bereichert unseren Speisezettel mit Pizza, Aufläufen, Brot und Kuchen, kocht Reis, Kartoffeln, Fleisch, Fisch und Geflügel, Gemüse und Pilze und röstet Erdnüsse. Außerdem ist er nützlich im Kampf gegen Ungeziefer: Bohnen, Getreide und Mehl bleiben in geschlossenen Behältern frei von Maden und Käfern, wenn sie zuvor im Sonnenkocher erhitzt wurden.

Schwierigkeiten machte zuerst das hiesige Grundnahrungsmittel Luku, ein dicker Brei aus Maniok- und Maismehl. Aber auch das ging: das Maismehl wird in kaltem Wasser angerührt und im Kocher gegart; dann nimmt man den Topf aus dem Kocher und rührt das Maniokmehl in den siedenden Maisbrei ein.

Nach drei Jahren Kochpraxis und Wetteraufzeichnungen in Mbamba habe ich festgestellt, daß man hier an mindestens 127 Tagen im Jahr mit der Kochkiste kochen kann: Im April, Mai, Juni, November und Dezember etwa jeden zweiten Tag, im Januar, Februar, März, September und Oktober an jedem dritten Tag. Während der Trockenzeit im Juli und August ist es zu diesig zum Kochen; zum Pasteurisieren, Erdnüsse rösten und Essenwärmen reicht die Sonne aber meist aus.

Wenn wir nicht mit der Sonne kochen, kochen wir weiterhin mit Gas. Die erste Gasflasche (als wir noch keinen Sonnenkocher in Mbamba hatten) reichte gerade 14 Wochen, die zweite (mit Sonnenkocher) reichte 18 Wochen und die folgenden durchschnittlich 26 Wochen.

Natürlich hat unser Sonnenkocher auch die Neugierde unserer Nachbarn und Besucher geweckt. Bei Seminaren für Ernährungshelfer führte ich den Kocher vor. Bald erhielten wir viele Anfragen und Bestellungen. Doch bevor weitere Sonnenkocher gebaut werden konnten, hatte erst einmal die Schreinerausbildung Vorrang.

Außerdem hatten wir zunächst Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung. Glasscheiben in der gewünschten Größe konnten wir zum Glück bei der einzigen im September 1991 nicht geplünderten Glasfirma in Kinshasa kaufen, doch Offset-Platten für die Innenwanne erhielten wir nur in bescheidener Menge in einer kleinen Druckerei. Dieses Problem half uns dann ein Bekannter aus Deutschland lösen: Heinz Rothenpieler von „Dialog International" besorgte bei einer Druckerei in Deutschland großformatige Offsetplatten. Im Oktober 1993 kamen sie per Seefracht bei uns an.

Mit gleicher Sendung erreichte uns ein Geschenk der Entwicklungshilfegruppe der Berufsschule Altötting: Ein Bausatz für einen Parabolkocher (entwickelt von Dr.Ing. D. Seifert) mit 1,40 m Spiegeldurchmesser. Wir hatten auf ein entsprechendes Angebot um Zusendung des Kochers gebeten, um Parabolkocher und solare Kochkiste im Vergleich benutzen zu können.

An zwei Nachmittagen montierte Thomas den Kocher zusammen mit den Lehrlingen. Der Kocher wurde anfangs mit Begeisterung aufgenommen, nicht zuletzt wegen seines faszinierenden Aussehens und der Ähnlichkeit mit einer Satellitenschüssel. Bei strahlendem Sonnenschein waren die Kochergebnisse einwandfrei: fünf Liter Wasser kochten nach 30 Minuten! Die Lehrlinge benutzten den Kocher zum Luku- und Gemüsekochen, zum Fleischtrocknen, Erdnüsserösten und zum Feuermachen - indem sie Stroh in den Brennpunkt hielten. Allerdings ließen aufkommende Wolken die Lehrlinge oft die Geduld verlieren, denn dann fiel die Temperatur schlagartig, und sie kochten dann doch auf dem Feuer weiter. Als wir nach einigen Wochen bemerkten, daß einzelne Teile des Kochers „verschwanden", sahen wir uns gezwungen, den Kocher in Sicherheit zu bringen. Da der Kocher sehr sperrig ist, fanden wir nur mit Mühe einen Raum mit ausreichend breiter Tür.

Wir hatten nun den Kocher für uns selbst zur Verfügung. Doch um für einen Zwei-Personen-Haushalt kleinere Mengen in verschiedenen Töpfen zu kochen, ist die Kochkiste viel geeigneter als ein großer Parabolkocher. Außerdem empfanden wir das häufige Nachführen und die starke Blendung beim Hantieren mit dem Kocher als unangenehm.

So ist der Parabolkocher zur Zeit nicht mehr im Gebrauch.

Vom 30. Januar bis zum 27. April 1995 fand dann ein ausführlicher Lehrgang über den Bau solarer Kochkisten statt. Richard T. von Dialog International Kinshasa kam nach Mbamba. Kurze Zeit später gesellte sich Mbuya M. hinzu, ein junger Schreiner von der „Union des Chrétiens Ecologistes au Zaire" aus Kinshasa. Barnabé K., ein Schreiner aus Kinshasa, der zu einer Fortbildung in Mbamba war, nahm ebenfalls an dem Lehrgang teil, außerdem noch einer der in Mbamba ausgebildeten Schreiner.

Zusammen bauten sie unter Thomas' Anleitung Kochkisten nach dem ULOG-Familien-Modell. Der Rahmen des Glasdeckels und der äußeren Kiste sowie die Füße sind aus Agba-Holz. Als Isolierung werden Erdnußschalen und Hobelspäne verwandt. Die Verkleidung der äußeren Kiste sowie der Reflektordeckel sind aus Sperrholz. Der Reflektor ist mit Alu-beschichtetem Papier beklebt. Sperrholz ist in Kinshasa erhältlich.

Insgesamt wurden fünf Kocher gebaut, außerdem ein Kocher fertiggestellt, den Thomas Ende '93 zusammen mit einigen Lehrlingen gebaut hatte. Bei diesem war die äußere Kiste aus massivem Agba-Holz gezinkt worden, um das Sperrholz durch lokales Material zu ersetzen. Jedoch hat das Massivholz Nachteile. Durch die Temperaturschwankungen arbeitet es sehr stark, so daß undichte Stellen entstehen. Außerdem wird die Kiste zu schwer und zu sperrig.

Alle Kocher erreichten bei klarer Sonne 120 bis maximal 150 °C.

Unterdessen sorgte ich für den Kochunterricht. Gemeinsam mit den vier Teilnehmern kochte ich Luku und dazu verschiedene Beigaben: Pilze in Erdnußsoße, Soja- und Bohnengerichte, Gemüse mit Trockenfisch, Reis, Brot und geröstete Erdnüsse. Während die vier die nächsten Kocher bauten, kochte in den fertiggestellten ihr Essen und war nach der Arbeit fertig zum Verzehr.

Was kostet ein Kocher? Die Herstellung eines Familienmodells in Mbamba beläuft sich inklusive Material und Arbeitskosten auf 110 US-$. Der größte Teil davon sind Materialkosten für Glas (50 US-$) und Sperrholz (10 US-$),wobei die Transportkosten ab Kinshasa aufgrund der großen Entfernung (700 km) stark zu Buche schlagen. Wird das Glas zu 100% subventioniert, so reduziert sich der Preis auf 60 $. Zum Vergleich: Ein Tagelöhner verdient ca. 10$ im Monat, ein qualifizierter Angestellter 20 bis 40.

In Kinshasa käme die Herstellung preisgünstiger, da die Transportkosten für das Material wegfallen.

In Handarbeit kann ein Familienmodell hier in zehn Arbeitstagen hergestellt werden.

Solare Kochkisten sind zweifellos geeignet, um die wichtigsten lokalen Gerichte zu kochen. Sie können in der Gegend von Mbamba an mindestens 127 Tagen im Jahr eingesetzt werden.

Dennoch sind wir sehr skeptisch, was die Verbreitung solarer Kochkisten hier in den Dörfern betrifft. Bei der aktuellen Krise sind die Leute froh, wenn sie Salz und ab und zu etwas Fleisch zum Kochen bezahlen können. Ein Sonnenkocher zum realen Preis wäre für sie eine unerschwingliche Investition. Holz gibt es in der Savanne zwar nicht reichlich, aber das Sammeln kostet nichts.

Für bessergestellte Familien wie leitende Angestellte oder lokale Chefs sowie für Ordensgemeinschaften ist der Kocher sehr interessant. So waren die übrigen Kocher in kürzester Zeit verkauft: Drei gingen an Ordensgemeinschaften, einen kaufte unser Nachbar, der Pastoralassistent unseres Zentrums für seine Familie. Weitere Anfragen liegen vor.

Vor allem da, wo Brennstoff bezahlt werden muß, wie in städtischen und randstädtischen Gebieten, ist der Sonnenkocher attraktiver.

So sind wir gespannt, wie Dialog International und der Union des Chrétiens Ecologistes au Zaire die Verbreitung solarer Kochkisten in Kinshasa und vielleicht auch in anderen Städten des Kongo gelingt.

Ursula Bremm-Gerhards ist Diplom-Oecotrophologin (Universität Bonn) und leitete von 1992 bis 1996 ein Projekt zur Ausbildung von Dorf-Ernährungs- und Gesundheitsberatern im Kongo.