Seit Dezember 2004 läuft in der Kwango-Region im Grenzgebiet zu Angola ein gemeinsames Projekt von Dialog International und anamed. Es werden 125 Dorfgesundheitshelfer ausgebildet. Sie sollen Grundkenntnisse über Gesundheitsvorsorge und Hilfe bei Krankheiten erwerben und weitergeben, Heilpflanzen kennenlernen, anbauen und nutzen. Sie lernen Sonnenenergie nutzen, um zu kochen, Kräuter zu trocknen, Seife und Salben zu produzieren. Sie leisten damit einen Beitrag zur Entwicklung der Region und gewinnen zugleich eine Perspektive für sich selbst.
Der Kwango ist ein Strom, 1000 km lang (also etwa 3/4 so lang wie der Rhein), der in Angola entspringt und in den Kasai mündet, kurz bevor der Kasai oberhalb Kinshasas in den Kongo fließt. Die Kwango-Region liegt im Grenzgebiet von Angola und der DR Kongo. Sie ist sehr dünn besiedelt - der kongolesische Teil ist etwa so groß wie die Schweiz und hat etwa 300 000 Einwohner. Das Volk der Bayaka lebt auf beiden Seiten der Grenze; Hauptort und Sitz des traditionellen Königs ist Kasongo-Lunda.
Die Kolonialherren haben sich nicht sehr für das Gebiet interessiert; das Volk der Bayaka galt als (für Eroberer) gefährlich, und lohnende Rohstoffvorkommen gab es nicht. Aber auch später ist für die Region nie etwas getan worden. Ein Lastwagen braucht für die 600 Kilometer bis Kinshasa eine Woche; in der Regenzeit kommt er oft gar nicht durch. Viele Kinder bekommen nicht einmal Grundschulbildung. Die Bevölkerung lebt von Jagd und Ackerbau; man betreibt Brandrodung - eine Wirtschaftsweise, die heute an ihre Grenzen stößt, denn der Boden ist nicht sehr fruchtbar und schnell ausgelaugt, so daß bald ein neues Stück abgebrannt werden muß. Und wenn der Wald weg ist, versiegen die Quellen, so daß die Wege, um Trinkwasser zu holen, immer weiter werden.
Die Gesellschaftsstrukturen sind sehr konservativ. Hier haben die traditionellen Chefs und die Alten noch das Sagen. Hier lebt die mündliche Tradition in Sagen, Geschichten, im Dorfklatsch weiter. Hier erlebt man noch traditionelle Gastfreundschaft. Hier üben aber auch noch unheimliche Kräfte und Zauberei ihre Macht aus. Und hier bestimmen die Clans und ihre Interessen das Leben des Dorfes und des Einzelnen.
Wirtschaftliche Rückständigkeit gepaart mit starren Gesellschaftsstrukturen, das bedeutet: wer mit der Situation nicht zufrieden ist, wandert ab nach Kinshasa in der (meist vergeblichen) Hoffnung, dort etwas Besseres zu finden.
In der ganzen Region gibt es zwei Krankenhäuser und 17 kirchliche Krankenstationen. Es gab außerdem zehn staatliche Krankenstationen, aber sie sind nicht mehr in Betrieb.
In Zusammenarbeit mit anamed werden 125 junge Frauen und Männer als Dorfgesundheitshelfer ausgebildet. (Das bedeutet, daß im Schnitt auf fünf Dörfer ein Dorfhelfer oder eine Dorfhelferin kommt.)
Jeder Gesundheitshelfer nimmt an einem Einführungskurs von 3 Wochen teil. Dann kehrt er (oder sie) zurück ins Dorf und setzt dort das Gelernte in die Praxis um, legt einen Heilpflanzengarten an, benutzt den Sonnenkocher und hilft bei einfachen Krankheiten.
Während der Einarbeitung werden die Helfer von den Ausbildern nachbetreut; außerdem gibt es Vertiefungskurse. Bei diesen Gelegenheiten werden auch Kandidaten für die nächsten Kurse ausgewählt. In den 15 Monaten bis Februar 2006 soll es 5 solche Drei-Wochen-Kurse geben für 125 Gesundheitshelfer.
Die Teilnehmer werden nicht zu Heilern ausgebildet - das wäre in der kurzen Zeit gar nicht möglich. Sie sollen vielmehr als Multiplikatoren wirken, um ein Gesundheitsnetzwerk aufzubauen, das die Nutzung der natürlichen Medizin fördert.
Die traditionellen Heiler betrachten das Projekt deshalb auch nicht als Konkurrenz. ANAMED und die ausgebildeten jungen Leute haben einen Vorteil: Sie haben die Literatur. Viele der traditionellen Heiler können nicht lesen und sind froh, wenn sie ihre Rezepturen mit ausgebildeten Leuten durchsprechen und überprüfen können.
Da die Beratungsarbeit ehrenamtlich geschieht, brauchen die Helfer auch ein wirtschaftliches Standbein. Deshalb gehört die Produktion von Seife und anderen Gütern, die sich verkaufen oder eintauschen lassen, mit zum Ausbildungsprogramm. Auch durch Verkauf von Kochkisten können sich die Helfer Einnahmen verschaffen.
Links: Anamed-Mitarbeiter erläutert den Gebrauch der Sonnen-Kochkiste |
Die kongolesische Gruppe von anamed (Aktion Natürliche Medizin) ist in der Provinz Bandundu seit langem aktiv. Ziel von anamed ist, das Wissen über natürlich vorkommende Heilpflanzen und ihre Nutzung und über einfache, natürliche Heilmethoden zu verbreiten, um so die Abhängigkeit von importierten Arzneimitteln zu verringern.
Dialog International und anamed haben in der Kwango-Region gemeinsam mit großem Erfolg Lehrgänge für Bau und Nutzung von Sonnenkochern durchgeführt (Bild links: Kursteilnehmer trocknen Kräuter in der Kochkiste). In etlichen Dörfern benutzen heute 70% der Bewohner die Kochkiste. Auch Seife, in der Kochkiste hergestellt (Bild rechts), ist schon heute ein Wirtschaftsfaktor.
Das Projekt orientiert sich an der Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), beim Aufbau des Gesundheitswesens nicht mit wenigen teuren Krankenhäusern anzufangen, sondern erst eine Basis-Gesundheitsarbeit auf Dorfebene aufzubauen. Die Dorfhelfer am Kwango leisten noch mehr: sie nutzen einheimische Heilpflanzen und verringern dadurch die Abhängigkeit von teuren importierten Medikamenten.
Das Vorhaben wird vom traditionellen König der Bayaka unterstützt; dadurch hat es auch die lokalen traditionellen Führer hinter sich - und das beiderseits der kongolesisch-angolanischen Grenze.
Dieses Ausbildungsprogramm dient jetzt als Pilotprojekt. Es wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu 75% bezuschußt; für uns bedeutet das, daß wir bis Februar '06 einen Eigenanteil von 8.850 Euro aufbringen müssen.
Unser Konto: Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 37020500, Konto 82 713 00
BIC: BFSWDE33, IBAN: DE12 3702 0500 0008 2713 00