Das aktuelle Kongo-Presse-Tagebuch

 

Das Kongo-Presse-Tagebuch gibt eine persönliche Meinung wieder. Auf keinen Fall die offizielle Meinung von Dialog International

Die angegebenen Links sind teilweise nur kurzfristig im Internet frei erreichbar.

 

 

 

 

Montag, 31. Juli 2006

 

 

letzte Aktualisierung 19.43 Uhr

Hier einige Hinweise auf die Auslandspresse. The Guardian bringt zwei Artikel. Der aktuellere ist eine Zusammenstellung von Agentur- und Korrespondentenberichten mit dem Titel „Counting begins“ http://www.guardian.co.uk/congo/story/0,,1834344,00.html Der zweite ist ein Bericht über den Wahltag „High turnout as Congo goes to the polls“ http://www.guardian.co.uk/congo/story/0,,1833926,00.html

 

Auch im Londoner The Independent findet sich ein solcher Bericht eines Korrespondenten:

„After decades of war, millions of Congolese seize chance to vote“

http://news.independent.co.uk/world/africa/article1205966.ece

 

Die Artikel von Colette Braeckman in LE SOIR, Brüssel, über ihre Berichterstattung, die zu dem kompetesten gehören, was in Europa aus dem Kongo geschrieben wird, können (in französisch)  in einem Blog gelesen werden http://blog.lesoir.be/colette-braeckman/  

 

„C'est encore les Blancs qui veulent nous imposer leur candidat" – war die Überschrift bei Le Monde letzten Samstag http://www.lemonde.fr/web/article/0,1-0@2-3212,36-799575@51-799226,0.html

 

Das Wochenmagazin Focus schreibt heute: „Es ist nach Meinung von Beobachtern eine Tatsache, dass zu viel Kriminalität in der kongolesischen Politik steckt. Anders als in Nordamerika oder Westeuropa ist die Politik dort und in vielen anderen bitterarmen Ländern der einzige Bereich, wo – natürlich vollkommen illegal – sehr schnell sehr viel Geld verdient werden kann. Das zieht zwielichtige Gestalten wie das Licht die Fliegen an.“ Man spekuliert „Die Bundeswehr wird möglicherweise noch viel zu tun bekommen. Von großen Wahlversprechen bis zu roher Gewalt ist es in Zentralafrika nur ein kleiner Schritt.“ Im Artikel ist durch die Überschrift: „Erst Ruhe, dann Matada“ von „Ruhe vor der Blut-Orgie“ die Rede. http://focus.msn.de/politik/ausland/kongo_nid_32814.html

 

Heute bringt die FAZ dazu ganz passend einen Bericht über einen „deutschen Feuerlöscher“, Albrecht Conze, ein vom AA abgestellten UNO-Diplomaten in Kinshasa, der für sein Metier ungewöhnlich beredsam sei.  http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E880FE449BF684407837E48CEA7245C8F~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 

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Vielleicht wundert sich die eine oder andere Leserin, der eine oder andere Leser, weshalb hier bisher hier nie die TAZ zitiert wurde, obwohl sie doch seit Jahren ausführlich über den Kongo berichtet. Genau das ist aber die Antwort. Deshalb muß hier nichts mehr zur TAZ gesagt werden. Sämtliche Kongoartikel der TAZ finden sich hier archiviert und täglich aktualisiert bei: http://www.kongo-kinshasa.de/taz/taz2006/index.php

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letzte Aktualisierung 09.28 Uhr

Der Wahltag im Kongo ist vorbei und die Nachricht des Tages in der deutschen Presse wird von dpa vorgegeben: „Wahltag verlief friedlich“. Hatte jemand etwas anderes erwartet?

Ja, die Frankfurter Rundschau! „Wahltag unerwartet ruhig“ ist die Überschrift ihres Berichtes vom Korrespondenten aus Johannesburg.

http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/aktuell/?sid=cfdde6d53252b5baf200a50792f1f4bf&em_cnt=938412

Und dann gibt’s noch einen kurzen Kommentar - zur Wahl? Aber nein. Eine große Aufgabe sieht die FR im Kongo. Doch für wen? Ach für die Europäer? Welche Aufgaben für die Kongolesen übrigbleiben, verrät die FR nicht. Aber danach wurde noch nie gefragt.   http://www.fr-aktuell.de/in_und_ausland/politik/meinung/kommentare_aus_der_zeitung/?em_cnt=938315

 

Auch die Konkurrenz in Frankfurt titelt heute „Angespannte Lage, aber kein Gewaltausbruch“. Schon die dritte „angespannte“ Überschrift hintereinander. Wie enttäuscht muß der Berichterstatter sein, daß alles so friedlich verlief. Die „angespannte Lage“ war für ihn sogar „mit den Händen greifbar“. Wie brickelnd. Passierte denn gar nichts? So muß man die Pannen aufzählen, die auch in Kinshasa hier und da passierten. In Matadi wurden 40 russische Panzer entladen.  Sie seien für die Präsidentengarde bestimmt und das wäre eindeutig ein Verstoß gegen das Waffenembargo… http://www.faz.net/s/RubB420B338359F45EFB7495B667456E4A4/Doc~EE7B0B780EBB642A78D34330B2003B8D6~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 

Die Süddeutsche Zeitung hatte am Samstag dann doch noch eine Spitzenleistung vollbracht und druckt ein Interview mit Prof. Georges Nzongola-Ntalaja aus Washington, ein enger Freund unseres verstorbenen Vorsitzenden Prof. Mbaya, unter der Überschrift Kongo – Kein Herz der Finsternis. http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/688/81607/ auch mit einer Bildergalerie. Am heutigen Montag outet sich dann die SZ damit, daß sie zugibt, auch in München habe man mit dem Schlimmsten gerechnet. Die Überschrift ist: "Es läuft besser als erwartet" http://www.sueddeutsche.de/,polm4/ausland/artikel/717/81636/

 

Die NZZ stellt heute ihre Agenturmeldungen dagegen zusammen unter der Überschrift Kongo-Kinshasa hat gewählt. http://www.nzz.ch/2006/07/30/al/newzzEQ9749EE-12.html

 

In Kinshasa selbst sitzen irgendwo dazwischen die deutschen Jungs und können sich im Moment wie Buddha fühlen. Sie müssen nur ganz ruhig weiterhin rumsitzen und die gesamte deutsche Welt spricht von ihnen, kümmert sich um sie, macht sich Sorgen um sie und kommentiert Sinn und Unsinn ihres Daseins dort, wo sie jetzt sitzen. Die Überschrift des heutigen Kommentars im Tagesspiegel lautet doch tatsächlich „Bundeswehr im Kongo - Im Dschungel der Erkenntnis“. Der Kommentar ist extrem kleingeistig, fast wie schon der letzte Kommentar im Tagesspiegel zum Thema Wahlen im Kongo. Aus Berlin hätte man eigentlich etwas mehr Qualität erwartet, besonders von einer Zeitung, die doch sonst nicht auf den Kopf gefallen ist. Das ist also das, was in der Hauptstadt am heutigen Tag bezüglich Afrika die Köpfe verdreht. Unglaublich.  http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/31.07.2006/2688006.asp

In derselben Zeitung wird dann heute auch noch der Artikel vom Handelsblatt recycelt, der hier schon am Samstag angekündigt war, „Die geplünderte Schatzkammer Afrikas - Konzerne aus dem Westen haben sich im Kongo Konzessionen gesichert / Miserable Infrastruktur“. Man gehört schließlich zum selben Zeitungskonzern.

http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/archiv/31.07.2006/2687334.asp

Und dann bringt diese Zeitung doch noch eine einigermaßen angemessene Reportage, deren Schlußakkord hier zitiert werden soll: „Noch einmal also: zum Denkmal und nahe heran. Auf den Kränzen steht: „Wir bedauern.“ „In Erinnerung an unseren Nationalhelden.“ „Lumumba: Die Nation weiß dich zu schätzen.“ Lumumba war die Figur der Hoffnung, und heute, bald ein halbes Jahrhundert nach der Unabhängigkeit, hofft die Nation wieder. Aber ein Sieger von Lumumbas Format ist nicht in Sicht, und bei genauerem Hinsehen welken die Plastikblumen doch.“

http://www.tagesspiegel.de/dritte-seite/archiv/31.07.2006/2687961.asp

Die Tageszeitung Die Welt bringt ein Interview des Europa-Abgeordneten Ulrich Stockmann, der als Wahlbeobachter in Kinshasa fungierte. Stockmann bestätigt, daß in Kinshasa die Wahl internationalen Standards entspreche und ist überrascht über die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung. http://www.welt.de/data/2006/07/31/979769.htmlAuf Josef Kabila richten sich alle Hoffnungen“ ist dann die Behauptung eines ausführlichen Hintergrundberichts in derselben Zeitung, der zwar einigermaßen gut recherchiert ist, aber trotz einiger kritischer Einsprengsel doch das Loblied auf den Amtsinhaber singt:  http://www.welt.de/data/2006/07/31/979768.html

Auch die deutschen Jungs bekommen ihren Artikel, ihnen wird „Unauffälligkeit im Kongo“ attestiert, zu lesen an gleicher Stelle.

Den Vogel der Berichterstattung hat heute wahrscheinlich das Boulevard-Blatt Abendzeitung abgeschossen. Ihre Berichterstattung beschränkt sich auf ein Photo aus Goma, auf dem ein Kongolese den ellenlangen Wahlzettel betrachtet. http://www.abendzeitung.de/cgi-bin/suche.pl?func=anzeigen&filename=kongo-wahl-text_12305792.nitf&sqlsuche=-infoline---foto&linknummer=19&code=3180033.64810531 Quelle war natürlich dpa.

In Österreich schreibt Die Presse über Eine Wahl mit "Kinderkrankheiten" und zählt dann alles auf, was irgendwo schiefgelaufen ist. Die Wahl von Mr.Bush war auch nicht perfekt gewesen? http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=575226

Sehr schöne aktuelle Berichte wieder bei BBC http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/5228466.stm

Hierhin gehört jetzt die heutige Hauptschlagzeile von Le Potentiel, einer Zeitung in Kinshasa. Auch wenn die meisten Kongolesen sich diese Zeitung nicht leisten können, so wird sie die Überschrift doch mit Genugtuung erfüllen: „Die Kongolesen haben in Würde abgestimmt  Wundervoll!

 

 

 

Sonntag, 30. Juli 2006

 

Wer heute zuverlässige Informationen über den Wahltag im Kongo bekommen möchte, ist darauf angewiesen, bei der guten alten BBC reinzuhören oder sich auf deren Webseiten umzuschauen. Im Gegensatz zu vielen deutschen Berichten steht hier tatsächlich im Mittelpunkt, daß im Kongo Wahlen stattfanden. Die Frage wird gestellt, ob sie denn überall fair waren. Gabs Wahlbeobachter? Man bekommt einen Eindruck davon, wie wichtig ausländische Beobachter in den Wahllokalen gewesen sind. Leser und Hörer werden mit Fakten versorgt.  http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/5226772.stm (Das Fernsehen soll gebracht haben, daß die deutschen Jungs heute in ihrem Camp zusammengehockt und auf Unruhen gewartet haben, denn dafür wären sie dann zuständig gewesen.)

 

Die NZZ am Sonntag hat heute einen Artikel von ihrem Korrespondenten in Lubumbashi zu bieten, der dort die Rückkehr der Katanga-Gendarmen aus Angola am Flughafen beobachtet hat, die angeblich im Fall der Fälle Joseph Kabila beistehen sollen, wenn er die Wahl verliert. „Der Aufmarsch der Milizen“ ist die Überschrift des Artikels, der die verschiedenen Milizen beschreibt und die Probleme ihrer Entwaffnung. http://www.nzz.ch/2006/07/30/al/articleECANN.html

Wer englisch liest kann ein Meisterwerk des Journalismus in der britischen Sonntagszeitung THE OBSERVER finden „Warlords in the wings as Congo votes in hope“. Hier ist kein Wort zuviel und man hat das Gefühl, hier ist wirklich alles gesagt, was am heutigen Tag gesagt werden muß. http://observer.guardian.co.uk/world/story/0,,1833322,00.html Dieses ganze völlig  inkompetente Geschreibsel in den deutschen Blättern verblasst dagegen. Die deutschen Provinzblätter beginnen ihren heutigen Internettag ganz genau wie bei einen Wahltag in Deutschland. Hier gibt’s dann Photos vom Bundeskanzler oder Bundespräsidenten, der auch zur Wahl geht (um sich selbst zu wählen) und die Deutschen hören, lesen und sehen wie Kabila zu Wahl ging. Natürlich wissen sie nicht, daß im Kongo Militärpersonen die Wahl untersagt ist und daß in der kongolesischen Gesellschaft eine lange Diskussion gewesen ist, ob Kabila als General der Armee überhaupt wählen darf. Ich glaube, er ist deswegen vor ein paar Wochen pro forma aus der Armee ausgetreten.

Die Sunday Times (London) bietet ihren Lesern einen Artikel über die beiden Kandidaten, die von vielen im nördlichen Ausland als Favoriten gehandelt werden: Kabila und Bemba. Nach dieser Analyse hat Kabila vor allem eine Chance, wenn er in der ersten Runde gewinnt. Wenn keiner der 32 Kandidaten in der ersten Runde eine ausreichende Mehrheit bekommt, sei im Oktober nochmal ein Wahlgang nötig, wozu dann die Karten sozusagen neu gemischt würden.

http://www.timesonline.co.uk/article/0,,2089-2291278,00.html

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Die Deutsche Presse Agentur beginnt den Sonntag mit dieser Meldung:

„Erste freie Wahlen im Kongo seit vier Jahrzehnten beginnen

Kinshasa (dpa) - Im Kongo beginnen heute die ersten freien Wahlen seit vier Jahrzehnten. Mehr als 25 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihren Präsidenten und das Parlament neu zu bestimmen. Amtsinhaber Joseph Kabila hofft auf seine Wiederwahl. Als aussichtsreichster Gegenkandidat gilt der ehemaligen Rebellenchef Jean-Pierre Bemba. Mit ersten aussagekräftigen Ergebnissen wird Mitte August gerechnet. Rund 2000 EU-Soldaten sollen helfen, die Wahlen abzusichern. Deutschland beteiligt sich mit knapp 800 Soldaten.“

Ist Ihnen etwas aufgefallen? Nein? Schauen Sie nochmal genau hin: „Joseph Kabila hofft auf seine Wiederwahl“ steht da. Ups. Wiederwahl? Wann, bitte, liebe dpa-Leute, wann ist jemals ein Joseph Kabila im Kongo zum Präsidenten gewählt worden? Kabila ist nach der Ermordung seines angeblichen Vaters, der sich selbst zum Präsidenten ernannte, von völlig dubiosen und bis heute unbekannten Mächten zum Präsidenten portiert und ganz schnell von den Mächtigen der westlichen Welt empfangen worden, auch in Berlin. Mehr nicht. Keine Wahl, nichts. Und heute soll er auf seine „Wiederwahl“ hoffen? Natürlich hat er Chancen, aber nur deshalb, weil er bekannt ist und weil keine wirklich demokratische Auswahl möglich war. Im „Pazifisten“ Nr.211  ist ein Kommentar unseres Vorsitzenden Muepu Muamba auch auf dieser Webseite zu lesen, der die Frage der Legitimität der Macht im Kongo stellt. Und heute stellt sich die Frage schärfer: Wer ist denn der Souverän im Kongo? Hat das Volk mit der heutigen Wahl die Souveränität bekommen – oder haben die bisherigen selbsternannten Mächtigen das Volk ein weiteres Mal mißbraucht, um sich ein demokratisches Mäntelchen umziehen, wie dies in so vielen Ländern dieser Erde immer wieder geschieht?

Das kongolesische Volk ist dann souverän, wenn das Wahlergebnis unverfälscht veröffentlicht wird, die Ergebnisse akzeptiert werden und wir „gute“ Wahlverlierer sehen, die also abtreten und in die Opposition gehen, dort gute Arbeit leisten und vielleicht in ein paar Jahren wieder neu antreten und sich zur Wahl stellen. Und all das muß dann auch auf Provinz- und kommunaler Ebene noch geschehen. Dann werden die Politiker beginnen, sich dem Volk gegenüber verantwortlich zu fühlen und nicht irgendwelchen Firmen in Kanada oder Belgien oder sonstwo, die dafür sorgen, daß ihre Dollars auf diskreten Bankkonten wachsen. In Kürze werden auf dieser Website die Empfehlungen der International Crisis Group in deutscher Übersetzung veröffentlicht für den Kongo nach der Wahl. Dies sind außerordentlich wichtige Punkte, deren Einhaltung nur mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, sozusagen der Kongofreunde in NRO’s und staatlichen Gebergremien, möglich ist. Die englische Version dieser Empfehlungen findet sich hier: http://www.crisisgroup.org/home/index.cfm?id=4276&l=1

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Und jetzt endlich kommen die Nachrichten der Sonntagszeitungen: "Was wollt ihr tun, wenn der Krieg kommt?" fragt die Welt am Sonntag in Kinshasa. Ach ja, Krieg, immer Krieg. Ist der nicht vorbei?  http://www.wams.de/data/2006/07/30/979155.html

Der Tagesspiegel  schreibt diesen Sonntag „ZUM ERSTEN MAL SEIT 46 JAHREN WÄHLT DER KONGO - Soldaten der Europäischen Union sichern die Abstimmung – ROHSTOFFE - Ein Stück Hoffnung für 60 Millionen - So reich – und doch so arm“ – Ist alles etwas viel für eine Überschrift, aber dann wird doch versucht alles auf die Reihe zu bekommen: http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/30.07.2006/2684814.asp

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Am Samstag wurde in den Salzburger Nachrichten, im Stern, im Kölner Stadtanzeiger, in der „Kleinen Zeitung“ von der Steiermark, in der Märkischen Oderzeitung, in der Offenbach Post, und wo sonst noch - fast überall - berichtet, daß eine „unbenannte belgische Drohne“ in Kinshasa abstürzte. Und die FAZ setzte einen drauf, schon in der Schlagzeile: „Sie wurde offensichtlich abgeschossen - von der Opposition.“ Aha. Also: Alarmstufe 1 in Kinshasa. Doch dann setzt die FAZ überraschenderweise noch einen drauf. Im Artikel selbst nämlich erklärte Eufor-Spreecher Peter Fuß am Samstag, „die Absturzursache werde noch genau untersucht. Vielleicht liege auch ein Softwarefehler vor.“ Ach ja, na sowas. Aber erstmal rausposaunen „Flugzeug abgeschossen“ – Sowas hätte man eigentlich von der Bild-Zeitung erwartet. Aber im Falle des Kongos darf auch die FAZ noch etwas experimentieren, oder? (vielleicht war’s ein Praktikant?):    http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~E2F4D7B7D316349F4B11855C0340E329C~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Aber die FAZ muß ja noch viel mehr Papier bedrucken. Deshalb schreibt man in einem anderen Artikel die Schlagzeile Lage in Kinshasa ist mehr als angespannt

Aber, pardon, was ist nur „mehr als angespannt“? Wie spannend kann dies nur sein? Wenn alle mehr sind als angespannt? Also, gemeint ist die Lage. Ich gebe zu, hier in Düsseldorf sind wir jetzt weniger als angespannt. Bisher wußte ich, daß die deutschen Journalisten in Kinshasa „angespannt“ sind. Aber jener von der FAZ ist nun tatsächlich „mehr als angespannt“. Oh Schreck, hat er vielleicht einen Kaffee- oder Cola-Schock? Braucht er Beruhigungsmittel? Reicht die Malaria-Prophylaxe nicht aus? Steht er wirklich für sein Blatt im Stress? Lesen Sie, wo man jetzt  „mehr als angespannt“ ist:   http://www.faz.net/s/RubB420B338359F45EFB7495B667456E4A4/Doc~E2F4D7B7D316349F4B11855C0340E329C~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Die Lösung ist einfacher als man denkt. Am Freitag war die Lage in Kinshasa für die FAZ „angespannt“. Am Samstag war die Situation  bei der Suche nach einer geeigneten Überschrift so ausweglos, daß sie nichts anderes als „mehr als angespannt“ sein mußte. Logisch, oder? So bleibt zu hoffen, sie ist am Montag nach den Wahlen wieder weniger angespannt.) 

 

Im Dossier der Neuen Zürcher Zeitung findet sich noch ein Artikel aus Katanga vom 21.7. http://www.nzz.ch/2006/07/21/al/articleEBFUW.html. Aktuell bringt die NZZ Agenturmeldungen, aber unter der Überschrift „Kongo-Kinshasa vor der „historischen“ Wahl“. Bitteschön, liebe Tante NZZ, warum ist  „historisch“ in Anführungszeichen? Geht die Arroganz der Schweizer, die sich seit dem 12. Jahnhundert glücklich schätzen dürfen, regelmäßig Wahlen durchzuführen schon so weit, daß nun die ersten demokratischen Wahlen im Kongo seit 1960 und die zweiten in der Geschichte des Landes überhaupt mit Anführungszeichen lächerlich gemacht werden sollen?  http://www.nzz.ch/2006/07/29/al/newzzEQ85L32T-12.html#topofarticle Der verschlafene und überhebliche Kommentar der NZZ vom 21.7. ist keineswegs vergessen. In Zürich ist wohl Nachhilfe in Demokratisierung nötig. Man ist mit Ignorierung der eigenen minimalen Wahlbeteiligung der Schweizer Bevölkerung offenbar sehr satt und selbstzufrieden geworden. Zumindest in diesem Punkt wird die kongolesische Bevölkerung an diesem Sonntag ein ganz anderes Zeichen setzen.

 

Der „Westfälische Anzeiger“ hat sich etwas Besonderes einfallen lassen und bringt eine afp-Meldung über den kongolesischen Parlamentskandidaten Ilunga Matthiesen, der in Hamburg lebte.   http://www.westfaelischer-anzeiger.de/afp/storydetail.php?rubr=dos1&rub=journal--dos1&urb=060729131827.ycu8zjcq

 

Die Deutsche Welle, der Auslandssender unserer Bundesrepublik Deutschland trägt auch das ihrige zur Kongoberichterstattung bei. Man hat einen deutschen Investor im Kongo entdeckt, der verkündet: Wirtschaft braucht Frieden  http://www.dw-world.de/dw/article/0,,2109470,00.html?maca=de-rss-de-eco-1018-rdf Letztendlich geht’s um die Vermarktung von Tropenholz aus dem Regenwald. Und so richtig klar wird in dem Artikel nicht, wie nachhaltig dieser Einschlag der genannten Firma dort ist.

 

Eine wirklich lustige Überschrift hat sich die Rheinpfalz am Samstag ausgedacht (oder war’s die französische Agentur afp?) Jedenfalls wird verkündet: UNO und USA rufen Menschen im Kongo zu friedlicher Wahl auf. In der Tat, heute ist ein wesentlicher Unterschied zwischen UNO und USA. Aber für einmal sind sie sich wenigstens einig. http://www.rheinpfalz.de/perl/cms/cms.pl?cmd=showMsg&tpl=ronMsg.html&path=/ron/welt&id=TOPTHEMEN060729121811.0qtty92m

 

Unter der Überschrift „Ein Funken Hoffnung“ bemüht sich das „Handelsblatt“ auch mitzuhalten in der Kongoberichterstattung (mitten am Samstag, obwohl man doch nur börsentäglich erscheint) und so muß der Korrespondent in Kapstadt ran und einen Artikel schreiben. Hier das Ergebnis: http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200051&_t=ft&_b=1113932 Natürlich muß solch eine Zeitung auch etwas zu den Rohstoffen im Kongo sagen. Der Kapstadter Korrespondent flog ein und schrieb unter der Überschrift Geplünderte Schatzkammer Afrikas dies: http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200051&_t=ft&_b=1113819 

 

Die Berliner Zeitung bringt einen Bericht über einen Präsidentschaftskandidaten aus den USA unter der Überschrift „Heiler für ein sieches Land“

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/politik/572753.html Auch die Boulevard-Zeitung BZ kümmert sich um den Kongo und berichtet unter der Überschrift: Wahlen in Kinshasa. - Freitag töteten Randalierer 4 Menschen.- BZ sprach mit Bundeswehrsoldaten

Kongo, wie hart wirst du für die Deutschen? http://www.bz-berlin.de/aktuell/news/060729/kongo.html

 

Der Leser oder die Leserin sollte das WebLog von den BBC-Kongo-Korrespondenten nicht versäumen. Am Samstag war dies zu lesen: http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/5226656.stm

The Times in London bringt einen weiteren Bericht unter der Überschrift: „First poll brings hope for Congo after years of penury and deathhttp://www.timesonline.co.uk/article/0,,3-2290284,00.html

 

 

Samstag, 29. Juli 2006

 

Fast hätten wir ja die Bild-Zeitung vergessen, die ja auch, na ja, über den Kongo berichtet und zwar mit der Überschrift „Wie schlimm wird es für unsere Soldaten im Kongo“.

 http://www.bild.t-online.de/BTO/news/aktuell/2006/07/29/kongo-wahl-soldaten/kongo-wahlen-soldaten.html . Die Frage, wie schlimm das für die Kongolesen geworden ist, wird gar nicht erst gestellt. Das war noch nie relevant. Aber unsere Jungs sind der Bild-Zeitung als Leser oder potentielle Leser etc. ans Herz gewachsen.  

 

Auch die internationale Presse widmet heute einige Berichte den Wahlen im Kongo. Der britische „Guardian“ schreibt „Hope and fear dominate historic Congo vote“ in dem vom Afrika-Korrespondent ein Überblick über die Situation gegeben wird  http://www.guardian.co.uk/congo/story/0,,1832942,00.html

„An election for Africa's future“ ist dann die Überschrift des Leitartikels, der zu einem erschütternden Resultat kommt, das hierzulande überhaupt noch nicht zur Kenntnis genommen wurde: „The fact that people are still dying at the rate of 1,200 a day in the Congo, as opposed to 100 a day in Iraq, is enough to support the fervent wish that this poll will lead to something better“ Der Guardian vergleicht also die kürzlich von der UNO veröffentlichte tägliche Kriegsopferrate von auch heute noch 1.200 Menschen im Kongo mit durchschnittlich 100 Menschen im Irak. Man kann die Situationen nicht wirklich vergleichen, aber die Dimensionen. Und unter diesem Gesichtspunkt wäre ein dauerhafter Medienfocus auf den Kongo angemessen, so wie wir ihn in diesen Tagen erleben, damit die Weltöffentlichkeit den Erneuerungs-, Wiederaufbau- und Heilungsprozeß des Landes kritisch begleiten könnte. http://www.guardian.co.uk/congo/story/0,,1832830,00.html

 

Der langjährige Afrika-Korrespondent der New York Times erinnert sich in einem Leitartikel der International Herald Tribune einiger übler Massaker im Kongo am 21.4. d.J., welche er in nächster Nähe miterlebt hat, unter aktivem Schutz der UNO-Soldaten, die zu oft die kongolesische Armee unterstützt hätten, welche zu den schlimmsten Verletzern der Menschenrechte im heutigen Kongo gehört. („ Congo's army is the worst abuser of human rights in the country today.“) Der Leitartikler kommt zum Schluß, daß im Osten des Kongo keine „zeitweilige Brutalität“ stattfindet, sondern eine fortgesetzte humanitäre Katastrophe an der Zivilbevölkerung - und die Vereinten Nationen seien mitschuldig….

http://www.iht.com/articles/2006/07/28/opinion/edhartley.php

The Independent (London) veröffentlicht einen Bericht seines Korrespondenten aus Goma, der einen hochgestellten UNO-Mitarbeiter zitiert: „Für die UNO sind die Wahlen eine Ausstiegs-Strategie. Sie wollen da raus, so schnell wie möglich.“

http://news.independent.co.uk/world/africa/article1202810.ece

Der Korrespondent der Londoner Times begleitet die Wahlvorbereitungsteams durch das Land. Heute schreibt er aus Mashiau http://www.timesonline.co.uk/article/0,,3-2290284,00.html, gestern aus einem Vorort von Kinshasa (Malendi) http://www.timesonline.co.uk/article/0,,3-2287363,00.html

Vorgestern über die Unterzeichnung der Friedensabkommen in Ituri http://www.timesonline.co.uk/article/0,,3-2288039,00.html

Der Afrikakorrespondent der Times  hat auch mehrere Blogs laufen, die sich hier finden lassen: http://timesonline.typepad.com/africa/, die Kommentare sind noch etwas dünn.

 

Im belgischen LE SOIR berichtet Colette Braekmann aus Kisangani und schreibt: „Die Entscheidung liegt endlich bei den Kongolesen“ http://www.lesoir.be/actualite/monde/2006/07/29/article_hermes_457820.shtml

 

Auch für La Libre Belgique stehen die Wahlen selbstverständlich im Mittelpunkt. Die Sonderkorrespondentin ist im Kongo und man hat ein Podcast eingerichtet http://www.lalibre.be/article.phtml?id=10&subid=83&art_id=298655

 

Im „Figaro“ (Paris) findet sich eine Bildergalerie, die wichtige Personen und Stationen der kongolesischen Geschichte in Erinnerung ruft. http://www.lefigaro.fr/images/20060719.WWW000000223_rdc.html

Der aktuelle Artikel findet sich hier http://www.lefigaro.fr/international/20060729.FIG000000490_la_tension_monte_au_congo_a_la_veille_des_elections.html

Auch „Le Monde“ hat eine Bildergalerie aus dem Kongo http://www.lemonde.fr/web/portfolio/0,12-0@2-3212,31-799228@51-799226,0.html

Ansonsten bringt „Le Monde“ bisher Agenturmeldungen.

Die kongolesischen Zeitungen können Sie über die Links in der französischen Abteilung unserer Website finden.

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Die Berichterstattung der deutschen Zeitungen, Samstag, 29.7.06

„Kongo’s Präsident Kabila ruft zur Wahl auf“ weiß die Süddeutsche Zeitung heute prominent zu berichten (wie viele andere Blätter auch, welche die entsprechende dpa-Meldung bringen)

«Es sind die ersten freien Wahlen seit vier Jahrzehnten», sagte Kabila auf Französisch, das anschließend in die Landessprache Lingala übersetzt werden musste, die er nicht spricht.“ Was so alles geschrieben wird. Ob Kabila inzwischen Französisch-Kurse genommen hat, weiß man nicht so genau. Jedenfalls ist Lingala zwar eine wichtige Sprache im Kongo, neben drei anderen wichtigen Sprachen und französisch als lingua franca und dann noch zahlreichen weiteren Lokalsprachen. Aber ok, dpa muß jetzt Kongoartikel am laufenden Band produzieren. Wie soll man so schnell so viel recherchieren können? Der genannte steht hier:  http://www.sueddeutsche.de/politik/ticker/iptc-bdt-20060728-87-dpa_12293510/

Doch dann darf auch der Afrikakorrespondent der „Süddeutschen“ vermutlich aus Nairobi berichten und was schreibt er? „Am Sonntag wählen die Kongolesen ein Parlament und einen Präsidenten. Geht uns das etwas an? Kann es uns nicht egal sein, ob drunten im zentralen Afrika die Völker aufeinander schlagen oder ob sie in einem Anfall von zivilem Verhalten ihre Angelegenheiten gerade mal an der Wahlurne regeln?“

Irgendwie muß man ja auch den Bayern erklären, was da im Kongo vorfällt….

Bisher war’s ja allen so ziemlich egal als „da drunten“ ein paar Millionen Menschen umkamen. Der Artikel hat übrigens die schöne Überschrift „Nachbar Kongo“  Wenigstens ein sympathischer Annäherungsversuch. Hätte bei  Dialog International abgeschrieben sein können.

 

Die benachbarte Konkurrenz von DIE WELT  entdeckt Kinshasa als  „Verblaßte Schönheit“

„"Viele Märkte, viele Bars, viele Kirchen, viele Frauen," beschreibt ein lokaler Angestellter, der für die UN-Mission arbeitet, Kinshasas indigene Viertel…“

Jawohl, da steht: „indigene Viertel“. (Heute darf man ja nicht mehr „Eingeborenenviertel“ sagen.) Also „indigene Viertel“ steht da. Nichts hat sich geändert in DIE WELT. http://www.welt.de/data/2006/07/29/978261.html

Im Leitartikel derselben Zeitung heißt es „Kopflos im Kongo“ und hier hat mal jemand recht brauchbar das Problem der sogenannten „gescheiterten Staaten“ erklärt. Irgendwo steht dann da noch der Satz:  „Auch wenn diese Gefahren auf den ersten Blick weit entfernt sind, beim Zusammenbruch eines Staates wird Europa die Erschütterungen spüren, etwa in Form zunehmender illegaler Immigration oder einer Störung des Welthandels.“ Man hätte ja auch etwas früher drauf kommen können.  http://www.welt.de/data/2006/07/29/978402.html

 

Auch die Leipziger Volkszeitung hat heute einen Kongoschwerpunkt. Einer der zahlreichen

Agenturmeldungen hat die Überschrift: „In Kinshasa gibt es erste Hotspots und die modernsten Mobiltelefone“ (von dpa) http://www.lvz-online.de/aktuell/content/3146.html

In einem anderen ausführlichen Artikel begleitet dieselbe dpa-Berichterstatterin die Bundeswehr durch Kinshasa „Fenster hoch, Knopf runter“ ist die Überschrift. „Die meisten Menschen hier reagieren negativ auf uns“, sagt Körner [ein Offizier]. „Man wird ständig angemacht und steht den ganzen Tag unter Spannung.“ Viele Kongolesen wüssten nicht, warum die europäischen Truppen in Kinshasa sind, wo es doch schon 17 000 UN-Soldaten im Land gebe. http://www.lvz-online.de/aktuell/content/3137.html

 

Der „Stern“ bestreitet mit der Deutschen Presse Agentur, die derzeit mit Kongoberichten Hochkonjunktur hat, angeblich einen Schwerpunkt und verrät dann im aktuellen Heft etwas unter der Überschrift: „KONGO Wie die deutschen Soldaten Vorbehalte und Vorurteile mit Charme besiegen wollen“ Für die Antwort muß das Magazin gekauft werden. Auf der Website ist  bloß noch ein anderes dpa-Produkt zu lesen:

http://www.stern.de/politik/ausland/:Wahlen-Kongo--Hoffen-Neubeginn/566604.html

 

„Die Lage im Kongo wird gefährlich“ titelt heute der Berliner „Tagesspiegel“ und meint dabei die große Kundgebung von Präsidentschaftskandidat Bemba am Donnerstag, bei der zwei Menschen sterben mußten (und bei einem anderen Vorfall noch zwei Kinder). http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/29.07.2006/2684401.asp Dies sind tragische Zwischenfälle, aber gefährlich ist die Lage vielleicht jetzt im Libanon. Im Kongo pulsiert das Leben, trotz alledem, wie fast alle Berichte beweisen, wenn auch materiell auf ganz bescheidenem Niveau. Das Hauptproblem in Kinshasa ist, das hört man immer wieder, die hohe Kriminalität.   

Wie sich das gehört, wenn mal ein Thema im Mittelpunkt steht, so bietet der Tagesspiegel an diesem Samstag auch einen Kommentar zum Kongo „Wer die Wahl hat die Qual“

Da liest man dann, was man halt so schreibt, wenn etwas aktuell ist. http://www.tagesspiegel.de/meinung/archiv/29.07.2006/2684967.asp

Ausführlicher beschreibt dieselbe Zeitung in einem eigenen Korrespondentenbericht, daß die Bundeswehr eine Ethnologin mit nach Kinshasa genommen habe, die als „Mittlerin zwischen den Welten“ fungiere. http://www.tagesspiegel.de/dritte-seite/archiv/29.07.2006/2683798.asp

Übrigens fällt auf, daß die deutschsprachige Berichterstattung aus Kinshasa erstaunlich häufig in Frauenhand ist.

 

Der heutige Bericht der FAZ findet sich unter der Überschrift „Die Lage im Kongo spitzt sich zu“ hier http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E448349952D87452A8F3EC1E4E4ACF5C8~ATpl~Ecommon~Scontent.html

 

Die Berichterstattung spitzt sich auch zu und die Frage ist eigentlich, wie lange das Interesse am Kongo anhält, vor allem, wenn die Wahlen so friedlich verlaufen, wie jene zur Verfassung vor einigen Monaten, wie zu hoffen ist. So erfreulich die derzeit breite Berichterstattung eigentlich auch ist, so wenig wird nach der Meinung der Kongolesen wirklich gefragt. Was denken wohl die Kongolesen im Land und in der Diaspora zum Bundeswehreinsatz oder überhaupt? Aber das ist schon eine andere Welt…

 

 

Freitag, 28. Juli 2006

 

Die Tagebucheintragungen der letzten Tage könnten den Eindruck erwecken, im Büro von Dialog International werde nur noch Zeitung gelesen. Das ist natürlich nicht der Fall. Aber wenn man viele Jahre einen Pressespiegel Kongo herausgegeben hat, dann lassen sich ziemlich schnell jene Artikel finden, die zum Thema Relevanz haben und leider können nicht alle empfohlenen oder kritisierten Artikel in voller Länge hier gelesen werden. Wir verschaffen uns einen Eindruck von der Berichterstattung und meist ist schnell zu sehen, wie seriös die Darstellung ist. Wir hatten ja bisher nicht oft Gelegenheit so viel in deutschen Medien über Zentralafrika zu erfahren wie dies derzeit möglich ist. Deshalb ist sinnvoll, diese Quellen zu registrieren, auch wenn nicht alle Artikel dauerhaft frei im Internet lesbar sein werden.

 

Wahrscheinlich hat heute Focus den Vogel abgeschossen mit der Schlagzeile:

„Frieden – oder blutiges Europäer-Grab“ http://focus.msn.de/politik/ausland/kongo-wahl_nid_32627.html . Nach über drei Millionen Toten in den letzten Kongokriegen ist die bisherige Ignoranz der restlichen Welt einfach himmelschreiend und solch eine Überschrift zeugt von ziemlicher Menschenverachtung, denn ganz offensichtlich zählen die afrikanischen Opfer überhaupt nicht.

 

„Die da unten, die da oben“ ist ein langer Bericht im Kölner Stadt Anzeiger über einen Besuch bei einer kongolesischen Familie, oder besser, bei der Familie von Freddy, der in Ratingen bei Düsseldorf lebt und dem Reporter alles in akzentfreiem deutsch erklärt. Eine gute Reportage, die Einblick gibt in die Lebensverhältnisse in der Hauptstadt. http://www.ksta.de/html/artikel/1152898250356.shtml

 

Das aktuelle Friedensabkommen in Ituri, von dem schon gestern kurz die Rede war, wird übrigens von „Neues Deutschland“ wahrgenommen, allerdings auch nur über die afp-Meldung: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=94440&IDC=2

 

Auch die „Süddeutsche Zeitung“ merkt, daß sie in diesen Tagen nicht immer nur mit Agenturmeldungen aus dem Kongo berichten kann und holt sich einen Korrespondentenbericht, der die Leser vorsichtig an das Wahl- und sonstige Geschehen im Kongo heranführt. Thema: „Mit dem Einbaum kommt die Verheissung“ – was auch immer damit gemeint ist. http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/599/81518/

 

Auch die Österreicher werden an das „historische Ereignis“ (Die Presse, Wien) herangeführt mit einem kurzen, aber journalistisch gut geschriebenen objektiven Artikel, der ebenso wie gestern im „Kurier“ noch etwas davon zeugt, was Journalismus auch kann, mit der sehr sympathischen Überschrift: „Gehversuche  in Demokratie“ – endlich mal ein Schreiber, der wirklich erfasst hat, worum’s überhaupt geht im Kongo. http://www.diepresse.com/Artikel.aspx?channel=p&ressort=a&id=574706

 

 

 

Donnerstag, 27. Juli 2006

 

„Ausgerechnet an ihrem Geburtstag ist sie in Kinshasa gelandet, und nun ringt die Sanitäterin der Bundeswehr um Worte, um ihren ersten Eindruck zu beschreiben. "Armut", sagt sie, "Menschenmengen", "bedrückend" - dabei schüttelt sie leicht den Kopf, als könne sie noch nicht glauben, was sie da eben auf der Fahrt vom Flughafen ins Hauptquartier der Eufor gesehen hat. Schließlich findet sie doch noch einen Satz: "Das ist so ein Gesamtelend." Sie nickt. Ja, das passt.

 

Ein Kollege, der auch schon in Somalia war, sagt es so: "Ich bin zum sechsten Mal im Auslandseinsatz und muss sagen, ich habe mich noch nie so unwohl gefühlt." Da sind Gesten aus der Bevölkerung wie der Finger, der quer über den Hals gezogen wird.“ Aus einer Reportage des Handelsblattes von heute. Weiterlesen kann man hier: http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200051&_t=ft&_b=1112898

Die Konkurrenz, die Financial Times Deutschland hat heute den Vogel abgeschossen. Aber man beginnt ja erst mit der Kongoberichterstattung und wollte wohl nicht gerne Artikel der englischen Ausgabe abschreiben. So schrieben zwei Journalisten aus Brüssel und Berlin ein Potpourri an Meldungen zu einem Artikel zusammen, bei dem die Dienstag- und Mittwochdemonstrationen nicht mehr auseinanderzuhalten waren und sich insgesamt die „Lage im Kongo zuspitzt“, wie die Überschrift reisserisch verkündet.

http://www.ftd.de/politik/international/99617.html?nv=cd-topnews

Ganz anders ein sehr schöner kurzer, aber mit ruhiger Hand geschriebener Artikel, den heute die österreichische Boulevard-Zeitung „Kurier“ veröffentlicht http://www.kurier.at/nachrichten/ausland/20346.php

Das „Hamburger Abendblatt“, welches schon vor ein paar Tagen fast als einzige Zeitung in Deutschland über den Unicef-Appell für Kinder im Kongo berichtet hatte, vertieft dies heute mit einem Artikel mit dem Thema „Kongos verstoßene Kinder - sie betteln, rauben und machen Wahlkampf - Teufelsaustreiber: Prediger machen Schwache zu Freiwild http://www.abendblatt.de/daten/2006/07/27/590829.html

 

 

 

Auch die Fernsehstationen entdecken in diesen Tagen die deutschen Jungs in Kinshasa pardon, den kongolesischen Wahlkampf.

Jetzt endlich wissen wir auch, was die Bundeswehrsoldaten im Kongo zum Frühstück aus Spanien bekommen: Croissant. Wenn man 24 Stunden Nachrichten sendet, wird auch das Früchstücksei zur Nachricht: http://www.n24.de/politik/ausland/?a2006072614292797247 Aber sonst ist hier eine gut sortierte Seite mit weiteren Hintergrundinformationen zum  Kongo entstanden..

Ziemlich ausführliche Kongoinformationen einschließlich einiger Videofilme bietet das ZDF auf der Website http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/8/0,3672,3960552,00.html, darunter ein Interview mit „Afrika-Experte“ Stefan Meir zum Bundeswehreinsatz unter der Überschrift: „Eine politisch aufgeheizte Stimmung“ – als ob ein paar Tagen vor einer Bundestagswahl in Deutschland jeweils die Eiszeit ausbräche. http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/16/0,3672,3953648,00.html

 

Auch für den WDR ist der Kongo inzwischen zum „Brennpunkt“ geworden, ihr Reporter Peter Schreiber berichtet heute abend um 21.45 Uhr.

http://www.wdr.de/themen/politik/international/kongo/brennpunkt_kinshasa/index.jhtml?rubrikenstyle=politik, dort gibt’s auch ein Forum, wo Leser oder Hörer ihre Meinung sagen können, aber rege scheint’s nicht gerade benutzt zu werden. Vielleicht schreibt eine Leserin oder ein Leser des Tagebuchs mal was dahin: http://www.wdr-forum.de/viewforum.php?f=235

 

Eine positive Nachricht ist keine Nachricht, das lernen deutsche Journalisten. Wenn in Ituri immerhin ein paar Tage vor den Wahlen noch eine Friedensvereinbarung geschlossen wird, dies ist immerhin für die Schweizer „News“ eine Nachricht http://www.news.ch/Friedensvereinbarung+im+Osten+Kongos+geschlossen/247911/detail.htm, aber auch die „Rheinpfalz“ bringt, wie üblich, zuverlässig diese afp-Meldung: 

http://www.rheinpfalz.de/perl/cms/cms.pl?cmd=showMsg&tpl=ronMsg.html&path=/ron/welt&id=NEWSTICKER060727100707.y2q440dv

 

 

 

 

 

Mittwoch, 26 Juli 2006

 

Damit man sie über die Woche nicht vergisst, hat die Welt am Sonntag auch eine Website und bringt hin und wieder Nachrichten. Heute ein Photo aus Kinshasa mit Wahlplakaten als „Bild des Tages“ und schreibt daneben, die Kandidaten würben „mit allen Mitteln“. Aber zu sehen sind Wahlplakate, wie überall auf der Welt vor Wahlen:

http://www.wams.de/z/photos/index.php/item/bdt/ia7d5642724cfafc16eaa975b2266b25e

Die Süddeutsche Zeitung bringt heute eine dpa-Nachricht als „Hintergrundbericht“, in welcher der Wahltermin wegen Unregelmäßigkeiten angezweifelt wird. http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/481/81400/

Die Reporter des Fernsehsenders „Sat 1“ haben bei der CNN nachgeschaut wo Filme aus Kinshasa eintrafen und sagen, daß heute 4.000 Menschen in Kinshasa gegen Kabila protestiert und seine Wahlplakate von den Wänden gerissen hätten. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt. http://www.sat1.de/news/politik/2006/07/26/n2006072613302800002/index.php Die eigentliche Nachricht ist diese: „Die Demonstranten sind Anhänger der Opposition. Sie warfen der Regierung vor, nicht genug die Armut im Land zu tun. "Unsere Anführer sind korrupt und verkaufen unsere Reichtümer im Ausland, während uns nichts übrig bleibt", zitiert der Sender einen 24-jährigen Kongolesen. Es gebe auch Unregelmäßigkeiten beim Druck der Wahlzettel, so ein Vorwurf.“ Eigentlich sollten wir alle mitdemonstrieren, denn auf den Straßen Kinshasas wird die Wahrheit in die Fernsehkameras geschrieen, die reine Wahrheit.

Die FAZ berichtet heute aus Uvira und der Korrespondent hat die „Killing Fields“ gesehen, die alle kahl seien. (Na ja, weil Tausende von Frauen täglich nach Feuerholz suchen müssen) Aber immerhin versucht die FAZ einige Hintergründe zu erhellen, insbesondere zu den Banyamulenge, die aus der Region von Uvira kommen. Unter dieser Webadresse kann der Artikel derzeit gefunden werden: http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~E3C12A093AA25427AAD087C258D9A35E7~ATpl~Ecommon~Scontent.html In der gedruckten Zeitung dürfte der Artikel am Donnerstag zu lesen sein.

Der „Stern“ macht aus der kleinen UDPS-Demonstration von gestern nochmal einen richtig großen Aufmacher mit zwei Agenturmeldungen, doch unter dem Datum von heute wird nur wiederholt, was gestern schon überall sonst zu lesen war, aber hier jetzt mit einer alarmierenden Überschrift: Bundeswehr in Krawalle verwickelt. So schnell geht das also mit der Nachrichtenhysterie.  http://www.stern.de/politik/ausland/:Kongo-Bundeswehr-Krawallen/566419.html

Bei der deutschen TAGESSCHAU sind jetzt auch die heutigen Demonstrationen angekommen, von denen heute mittag schon sat1 zu berichten wußte. Und die Tagesschau setzt einen drauf: Tausende demonstrieren gegen die Wahl - Gewaltätige Demonstrationen erschüttern das afrikanische Land. Berichtet wird, woher sonst, aus Nairobi. Ganz nah dran. In Hamburg hätte man bei CNN genausoviel sehen können. Aber in Nairobi gibt’s ja auch CNN. http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID5750050_REF1,00.html

Der Spiegel hat einen ausführlichen Hintergrundbericht zu den Wahlen im Kongo produziert, der sich allerdings leicht nur in der englischen Abteilung finden läßt, aber vielleicht wollen ja Freunde im Kongo oder anderswo mal lesen, was die Deutschen so alles über den Kongo schreiben:

http://service.spiegel.de/cache/international/spiegel/0,1518,428587,00.html

New Vision schreibt aus Kampala, daß am Wahltag der Kongo sämtliche Grenzübergänge schließen werde: http://allafrica.com/stories/200607260375.html

 

Die BBC hat ein Reporters’ log eingerichtet. Da berichten Tag für Tag Karen Allen z.Z. Geti (Grenze zu Uganda), Joseph Winter aus Lubumbashi, Mark Doyle, ebenfalls aus  Lubumbashi, Arnaud Zajtman aus Kinshasa, Felin Gakwaya aus Goma, Hassan Arouni ebenfalls aus  Kinshasa und Mark Doyle, Mitwaba aus der Central Katanga Province. Und was sie berichten, das findet sich hier:  http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/5215982.stm  Dem Kongo wird’s gut tun, wenn endlich einmal die Journalisten der Welt im Land herumreisen.

 

Ein ganz anderes Thema greift heute der Schweizer Fernsehsender Bluewin auf (Ich weiß nicht, wie man den empfangen kann.) Heute abend gibt’s dort einen Film über die Kinderhexen von Kinshasa zu sehen und man behauptet, 20.000 Kinder gälten dort als „verhext“. In der Tat ist dieser Aberglaube im Kongo ein großes Problem. Weitere Details zum Thema finden sich hier. http://fernsehen.bluewin.ch/tipps/doc/6391.html

 

Dienstag, 25. Juli 2006

 

Seit die „deutschen Jungs“ versuchen Kinshasa sicher zu machen, werden wir wenigstens von der hiesigen Presse regelmäßig Mit Infos aus und über den Kongo versorgt.

Also, heute war die Bundeswehr, wie Die Welt titelte, „von Krawallen betroffen“: http://www.welt.de/data/2006/07/25/974063.html . Auch die FAZ berichtet darüber und dazu noch über Straßenschlachten mit der Polizei und liefert gleich eine aktuelle Bildergalerie mit. http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~E9576E724DD044655BDD21BDA61CFD606~ATpl~Ecommon~Scontent.html (beide Meldungen beziehen sich auf Reuters)

Das kostenlose Pendlerblättchen in Zürich, „20 Minuten“ hat wüste Keilereiem zwischen Demonstranten und Polizei  feststellen können. (nach AP) http://www.20min.ch/news/ausland/story/23798401  Und für die Düsseldorfer Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“ „randalierte die Oppostion in Kinshasahttp://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200051&_t=ft&_b=1112362

Das sieht man schließlich mit der Brille dieser Zeitung auch bei den hiesigen Verhältnissen so. In der Opposition sitzen eh nur „Randalierer“. Also, alles ganz vertraut.  

Für den „Spiegel“ war das, was heute die Meldungsspalten der meisten Zeitungen füllt, „ein noch harmloser Vorgeschmack auf das, was die Bundeswehr bei ihrem Einsatz im Kongo erwartet.“ http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,428547,00.html  „Dies hätte auch auf einer Demonstration in Berlin passieren können“, so wird ein Bundeswehrvertreter in Kinshasa zitiert.

 

In Belgien schreibt LE SOIR in einer Kurzmeldung natürlich nichts darüber, daß zufällig drei Bundeswehrsoldaten mit ihrem VW-Bus in die UDPS-Demonstration geraten waren, doch diese Manifestation als solche wird gemeldet. In der Millionenstadt Kinshasa hatten geerade mal um die 500 UDPS-Anhänger ein bisschen „Äktchen“ gemacht. Ob sie wissen, daß jetzt Millionen deutsche Zeitungsleser denken, daß in ihrem Land  die „große Randale“ losgeht? Warum berichtet eigentlich kaum eine Zeitung mal seriös darüber, was denn so ganz normal im Kongo geschieht, was die Leute auf der Straße denken?  LE SOIR hat ein hübsches Photo aus dem Kongo auf der Titelseite, wo einige Jugendliche „ihre Muskeln“ zeigen (für Joseph Kabila, versteht sich) http://www.lesoir.be/actualite/en_images/2006/07/25/article_vote_muscle.shtml Natürlich kann man das Photo als belgische Zweckpropaganda abtun, oder denken, die Belgier (und andere Europäer) würden ohnehin von vorneherein Kabila protegieren. Das haben sie leider nach der Ermordung seines angeblichen Vaters schon getan, ohne nach dem Willen des kongolesischen Volkes zu fragen. Aber kaum einer hatte seinerzeit dagegen protestiert. Und ob bei den Wahlen am nächsten Sonntag wirklich nach dem Willen des kongolesischen Volkes gefragt wird, das muß sich noch zeigen. Mich würde interessieren, wie man Vorsorge getroffen hat, daß die vielen Analphabeten auch kompetent ihre Stimme abgeben können? Enthält der Wahlzettel nur Buchstaben oder auch andere Zeichen? Die UDPS fehlt einfach bei diesen Wahlen und sie hat damit einen Fehler gemacht, genauso wie bei der Abstimmung zur Verfassung. Und Anfang diesen Jahres hatte Tshisekedi diesen Fehler bezüglich der Verfassungsabstimmung noch zugeben können. Warum konnte er bei diesen Wahlen nicht über seinen eigenen Schatten springen und einige Kränkungen hinter sich lassen, die seiner verdienstvollen Bewegung im Laufe der Jahre sicherlich zugefügt worden sind? Sehr viele Kongolesen, die früher glühende Verehrer der UDPS waren, haben sich inzwischen abgewandt und teilweise in neuen Parteien organisiert. Natürlich ist infam, daß Kabila zwei oder drei andere Parteien aufstellen lassen konnte, die zu seinem Dunstkreis gehören und sich ebenfalls „UDPS“ nennen. Schon Mobutu hatte bei seinen Scheinwahlen immer ein paar „MNC//L“-Parteien ins Rennen geschickt – mit dem Namen der Partei Lumumbas. Auf diese – und andere Mißstände hätten Ausländer gut und gerne rechtzeitig hinweisen können und auch die Dispora, hat sie ausreichend ihre Stimme erhoben?

 

Die gestrige Unicef-Presseerklärung zur Not der Kinder im Kongo wird immerhin vom morgens früh erscheinenden „Hamburger Abendblatt“ mit einer afp-Meldung gewürdigt. http://www.abendblatt.de/daten/2006/07/25/590104.html

Genau die gleiche Meldung hat dann außerdem noch die „Rheinpfalz“ gebracht, auch auf afp und als Meldung der Schweizerischen Depeschenagentur (sda) das Liechtensteiner Vaterland, womit sie im ganzen Staat Liechtenstein breiteste Verbreitung fand. Das war’s aber auch schon. Unicef hätte besser ein Interview mit einem Bundeswehrsoldaten in Kinshasa aufnehmen sollen zum Thema, um breitere Beachtung im deutschen Blätterwald zu finden. Vielleicht hätte Unicef  sogar ein paar Chancen gehabt, daß einige der Soldaten wirklich etwas zur großen materiellen Not im Kongo gesagt hätten, die sie dort jetzt umgibt.

 

 

Montag, 24. Juli 2006

 

Heute hat die Kinderhilfsorganisation der Vereinten Nationen (UNICEF) einen Hilferuf für die Kinder im Kongo international veröffentlicht.

Die deutsche Unicef schreibt auf ihrer Website: http://www.unicef.de/3718.html

„Der Kongo gehört zu den gefährlichsten Ländern für Kinder auf der Welt“, erklärte Heide Simonis, Vorsitzende von UNICEF Deutschland. „Die ersten freien Wahlen seit 40 Jahren am kommenden Wochenende sind eine Chance für einen politischen Neuanfang. Doch das Land braucht langfristige Unterstützung, damit sich die Lebensverhältnisse für die Kinder verbessern und die Rechtlosigkeit beendet werden kann.Der Kongo gehört zu den gefährlichsten Ländern für Kinder auf der Welt“ Der Bürgerkrieg hat nicht nur die Überlebenschancen der Kinder drastisch verringert, sondern auch zu anarchischen Verhältnissen in Teilen des Landes geführt. Schwerste Menschenrechtsverletzungen an Kindern und Frauen wie Vergewaltigungen, Zwangrekrutierungen Minderjähriger, willkürliche Überfälle und Vertreibungen sind an der Tagesordnung. Häuser, Dörfer, Märkte, Felder, Krankenhäuser und Schulen sind vielfach geplündert oder zerstört, so dass die Familien ihre Lebensgrundlagen verloren haben.

 

Sexuelle Gewalt: Sexuelle Gewalt wird insbesondere im Osten des Landes als Kriegswaffe eingesetzt. Allein in einem von UNICEF unterstützten Krankenhaus in der ostkongolesischen Stadt Goma wurden in den vergangenen drei Jahren 4.500 Mädchen und Frauen nach brutalen Vergewaltigungen behandelt. Oft wurden die Opfer von ganzen Banden vergewaltigt. Viele werden schwanger, infizieren sich mit dem AIDS-Virus und erleiden schwerste, oftmals tödliche Verletzungen.

 

Kindersoldaten: Niemand kennt die genaue Zahl der Kindersoldaten im Kongo. UNICEF schätzt, dass auf dem Höhepunkt des Krieges schätzungsweise 30.000 Kinder in mindestens neun Armeen und Milizen kämpften. Viele Kinder suchen auch Anschluss an die Kämpfer, weil sie sich dort Schutz und Nahrung erhoffen. Andere werden entführt und als Hilfskräfte oder Sexsklaven festgehalten. Seit dem Friedensabkommen im Jahr 2003 wurden rund 18.000 Kindersoldaten demobilisiert und in ihre Dörfer zurückgebracht.

 

Flüchtlinge: Im Kongo gibt es über 1,6 Millionen Binnenflüchtlinge. Viele Menschen im Osten des Landes suchen Schutz in der Nähe der UN-Blauhelmtruppen (MONUC). Andere fliehen nach Burundi, Ruanda und in den Sudan. Oft werden Kinder auf der Flucht von ihren Eltern getrennt. Die Lebensbedingungen in den improvisierten Lagern sind extrem hart: Es fehlt an Nahrung, Schutzmaterialien und medizinischer Hilfe.

 

Auch auf der englischen und französischen Website von UNICEF sind bemerkenswerte Berichte veröffentlicht, u.a. können dort Videofilme runtergelanden werden. Hier der Link zur englischen Website http://www.unicef.org/infobycountry/drcongo_35032.html Die französischsprachige Seite ist über diesen Link zu finden: http://www.unicef.org/french/childalert/drc/

Der eigentliche Bericht von Martin Bill, dem englischen UNICEF-Botschafter findet sich in englisch hier: http://www.unicef.org/childalert/drc/content/Child_Alert_DRC_en.pdf  Und wer französisch liest, kann den gleichen Link hier finden:

http://www.unicef.org/french/childalert/drc/content/Child_Alert_DRC_fr.pdf  

 

Aus dem Kongo berichtet die Junge Welt, eine Zeitung, die den Zusammenbruch der Berliner Mauer in Ostdeutschland irgendwie überlebt hat und ganz flott daherkommt, daß heute die europäischen Soldaten in Kinshasa Fallschirmspringen geübt hätten. Ach ja, Das fehlte ja noch. Natürlich waren das wieder die Franzosen, die da an vorderster Front übten.. Wie oft hatten sie eigentlich die Mobutu-Diktatur mit ihren Fallschirmspringern in den sechziger, siebziger und achtziger Jahren gerettet? Natürlich war Demokratie im Kongo nie ein Thema, so wenig wie in Togo derzeit. Mobutu sollte für Stabilität sorgen und er brauchte nur in Paris anzurufen und schon standen die Fallschirmspringer auf der Matte. Und heute wird schon wieder geübt. http://www.jungewelt.de/2006/07-25/024.php

Letzten Samstag war in Frankfurt eine etwas größere Veranstaltung mit Kongolesen und Deutschen zum Thema  und ein Bundeswehrleutnant setzte sich auch ganz zentral in die Mitte des Podiums und verließ seinen Platz bis zum Schluß nicht. Die Moderatorin mußte ganz am Rand Platz nehmen. Und der Vertreter der Truppe gab dann gute Ratschläge, z.B.: „Die Kongolesen müssen für die Demokratie kämpfen. Die Deutschen haben das auch getan.“ – Ach, wann denn?  Nun ja, aus der Warte der Bundeswehr gehörden solche frisch-fröhlichen Erklärungen zum neuen Image.

Weitere Berichte erschienen in der heutigen Presse aus dem Bereich der Süddeutschen Zeitung aus Kisangani auf der Website von jetzt.de. Na ja, das ist irgendwie die Süddeutsche. http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/325585 Jemand ist über den Dschungel der Provinz Orientale geflogen und fängt dort an zu berichten.

Die FAZ schreibt heute über 12 EU-Abgeordnete, die allerdings ausschließlich in der Hauptstadt Kinshasa als Wahlbeobachter am nächsten Sonntag rumlaufen oder wahrscheinlicher –fahren wollen. Der Link ist etwas lang geraten, funktioniert aber vielleicht noch…: http://www.faz.net/s/Rub28FC768942F34C5B8297CC6E16FFC8B4/Doc~EDAEE87851C8C422AB157BDD0842AAD45~ATpl~Ecommon~Scontent.html 

Ein ganzes Dossier mit den Kongoartikeln der letzten Wochen hat die FAZ auch noch eingerichtet. Dies findet sich hier:

http://www.faz.net/s/RubF92341E45475402CB8C94AAF1F0621F3/Tpl~Ecommon~SThemenseite.html

Immerhin gibt’s auch eine kurze Nachricht zur Kritik der katholischen Kirche an den Wahlen – aus Österreich: http://religion.orf.at/projekt03/news/0607/ne060724_kongo_fr.htm . Eine etwas ausführlichere Erklärung der katholischen Kirche zum Thema findet sich auf deutsch hier: http://www.fides.org/aree/news/newsdet.php?idnews=7394&lan=deu

 

Einige Probleme der Militärs und der Milizen im Kongo werden in der südafrikanischen Internet-Zeitung Independent diskutiert, der Artikel ist in englisch hier zu lesen: http://www.iol.co.za/index.php?from=rss_Africa&set_id=1&click_id=&art_id=qw1153741501170B236

Hier soll aber auch ein weiteres Problem nicht übersehen werden, welches von einer schweizerischen Website – noch nichtmal besonders aktuell – aufgegriffen wird: http://www.nachrichten.ch/detail/203075.htm . Die derzeitigen Fragen der Hitzeperiode und Klimaänderung diskutiert die Süddeutsche Zeitung: http://www.sueddeutsche.de/panorama/artikel/208/81127/

Der englischen Zeitung The Independent ist jedoch vorbehalten, als erster zu berichten, was am Amazonas in Brasilien vonstatten geht. In diesen Tagen extremer Hitze in Europa bleibt einem da einfach die Spucke weg. Wann werden in Deutschland die Medien darüber berichten und vor allem – wann werden unsere Zeitgenossen beginnen, ihren Lebensstil drastisch einzuschränken? Einen anderen Weg gibt’s wohl nicht. Zwei Artikel vom letzten Wochenende:

http://news.independent.co.uk/environment/article1191932.ece und  

http://news.independent.co.uk/environment/article1191880.ece

 

Natürlich ist uns auch nicht gleichgültig, was im Nahen Osten geschieht. Irgendwie haben diese Kriegsherren dort immer die Gabe, sich dann in den Mittelpunkt zu schieben, wenn eigentlich der Blick woanders dringender gebraucht würde. Was soll man noch dazu sagen?

IRIN, die UNO-Nachrichtenagentur, die uns regelmäßig auch mit Kongo-Informationen versorgt, hat eine besondere Website mit Nachrichten aus dem Libanon eingerichtet: http://www.irinnews.org/lebanon-crisis.asp

 

 

Samstag, 22. Juli 2006

 

Nur ein paar Beobachtungen mögen den heutigen Tag beschliessen. Der „Kölner Stadt Anzeiger“ hatte heute seinen „Kongotag“ und berichtete schwerpunktmäßig. Einer der Artikel begann mit diesem Abschnitt: „Kinshasa -Ein deutscher Soldat war nach einer viertägigen Visite in der kongolesischen Hauptstadt tief beeindruckt. „Das ist eine andere Welt“, staunte er auf dem Rückflug am Himmel über Zentralafrika. Anders als viele seiner Kameraden, die in Afghanistan Dienst taten, sah er in Kinshasa erstmals Massenarmut. „Die Stimmung kann jederzeit umschlagen“, vermutet der Mann in Uniform. Dass die Eufor-Truppe wie versprochen Weihnachten zu Hause ist - er mag es nicht glauben.“ Weiterlesen läßt sich hier: http://www.ksta.de/html/artikel/1152898227061.shtml Der Artikel endet mit dieser Bemerkung: „Wenn Präsident Kabila in der Staatskarosse durch die Straßen fährt, zeigen manche Landsleute ihm ihre nackten Bäuche - als Zeichen dafür, dass sie Hunger haben.“

Und in seinem Wirtschaftsteil macht der Stadt Anzeiger seine Geldbesitzer so richtig scharf, indem er eine „Goldgräberstimmung“ im Land feststellt, die nur noch auf die Wahlen wartet. Warum eigentlich? Auch bisher konnte doch problemlos nach Gold gebraben werden? Hier der Artikel: http://www.ksta.de/html/artikel/1152898226070.shtml

Der Berliner Tagesspiegel schreibt in seiner Sonntagsausgabe, daß die deutschen Hilfsorganisationen den Kongoeinsatz der Bundeswehr eher kritisieren und – haben sie gestern die Pax Christi-Erklärung gelesen? – sich für den Zivilen Friedensdienst einsetzen

http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/23.07.2006/2675412.asp

Gestern hatte ich doch irgendwas vergessen, als ich mich an die Demonstrationen gegen den Irak-Krieg erinnerte. Richtig, da hat doch neulich beim Besuch von Mr.Bush in Mecklenburg der amerikanische Pax-Christi-Bischof Thomas J. Gumpleton eine bemerkenswerte Rede gehalten gegen die kriegerische Politik seiner Regierung. Hier ist sie zu lesen: http://www.paxchristi.de/fix/files/doc/Rede_Gumbleton_dt.3.pdf Und heute schreiben die amerikanischen Zeitungen, daß Washington Israel ausgiebig mit neuen Präzisionswaffen aufrüstet und wohl auch schon länger die Einsatzpläne Israels im Libanon kennt.  

 

 

Freitag, 21. Juli 2006

 

Früher sagte man „Hundstage“ zu diesen heißesten Tagen des Jahres, die derzeit ganz Europa heimsuchen. Mit Staunen haben wir festgestellt, daß derzeit in den meisten Regionen des

Kongos das Klima angenehmer ist als in Deutschland, jedenfalls nicht ganz so heiß. Anderswo in Afrika ist’s dann umso heisser, vor allem in Mauretanien, dem wohl derzeit heissesten Platz auf unserem Planeten, wo durchgängig das Thermometer 43 oder 44 Grad anzeigt. Dann ist

Ägypten noch besonders heiss. Hier die Temperaturen von heute für den Kongo:

Kongo

Bukavu

Wolkenlücken

13 /

24

Kongo

Djambala

bewölkt

18 /

29

Kongo

Impfondo

Regenschauer

21 /

28

Kongo

Kananga

sonnig

24 /

34

Kongo

Kikwit

sonnig

25 /

34

Kongo

Kinshasa

heiter

19 /

31

Kongo

Likasi

sonnig

16 /

26

Kongo

Matadi

sonnig

18 /

31

Kongo

Mbandaka

Regenschauer

22 /

28

Kongo

Owando

Regenschauer

21 /

30

Kongo

Pointe-Noire

heiter

20 /

27

Kongo

 

Brazzaville

heiter

 

 

18 /

30

(Quelle: http://www.rp-online.de/app/wetter/reise/kontinente.php?wo=af)

Noch weiter südlich haben wir natürlich jetzt das Winterhalbjahr. Auf Madagaskar, wo unser Freund Romain derzeit wieder weilt und seine vom Gymnasium Frechen unterstützte Solaranlagen aufbaut, haben wir derzeit richtig winterliche Temperaturen, generell unter 20 Grad. Und auf dem Kilimanscharo ist gerade Neuschnee gefallen.

Somit sind die deutschen Jungs in Kinshasa derzeit klimatisch ganz gut bedient, auch wenn ihre Zelte noch keine Klimaanlage haben. Aber die Armen zweifeln am Sinn ihres Einsatzes, wie DIE WELT am morgigen Samstag schreibt http://www.welt.de/data/2006/07/22/969006.html (Entschuldigung, hier wird die Zeitung immer etwas früher gelesen) Vielleicht sollten diese Jungs und ihre Mentoren auch mal die Erklärung von Pax Christi zu ihrem Kongoeinsatz lesen:

http://www.paxchristi.de/fix/files/doc/Kongo-Einsatz%20der%20Bundeswehr.pdf

Die armen Jungs mußten auch sonst auf manche Annehmlichkeiten verzichten in den ersten Tagen: sie konnten keine Briefe verschicken, Internet war noch nicht installiert und das Mittagessen, angeliefert von einer spanischen Catering-Firma, kam auch noch nicht pünktlich. Ach ja, im Kongo gibt’s ja auch nichts zu Essen (deshalb das geographisch naheliegende Spanien) und Mahlzeiten lokal anzurichten, das wäre ja vielleicht zu gefährlich gewesen. Weiterlesen hier: http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=200050&_t=ft&_b=1111207

Immerhin berichtet die deutsche Presse inzwischen durchaus detailliert aus dem Kongo. Die UDPS, also die Oppositionspartei, die leider nicht an den Wahlen teilnimmt, hat der Korrespondent der FAZ im Blick. Sein Artikel findet sich, solange die Internetfreiheit gilt, hier: http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc~ED5E17DD863DE491B882973EF5D76DD85~ATpl~Ecommon~Scontent.html In einem Leserbrief zu diesem Artikel schreibt die deutsche Provinz, daß die Gelder für den Kongoeinsatz der Bundeswehr besser angelegt seien, wenn die gleichen Soldaten die Außengrenzen der EU gegen Eindringlinge aus der Dritten Welt schützen würden, also: Deutschland den Deutschen. Ach du liebe Güte. Jetzt geht’s aber los.

Das hat sich auch die Neue Zürcher Zeitung gedacht und läßt ihren Südafrika-Korrespondenten einen Kommentar zu den Wahlen im Kongo schreiben. Ein paar tausend Kilometer vom Geschehen entfernt, läßt sich bequem die europäischer Brille putzen. Was dabei herauskommt, ist, solange frei zugänglich, hier zu lesen: http://www.nzz.ch/2006/07/21/al/kommentarEB3N2.html

Eigentlich erstaunlich, daß jemand in afrikanischer Umgebung lebt und doch nichts von Afrika wirklich mitbekommt. Aber vielleicht lebt er gar nicht in afrikanischer Umgebung? Europäer leben doch auch heute noch, hm, wie leben sie eigentlich in Afrika? Dazu hatte heute die Mitteldeutsche Zeitung etwas zu bieten. Voilà: http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1153116383038 Wir wollen hier ankündigen, daß gestern unsere kleine Zeitschrift DER PAZIFIST ganz plötzlich eine neue Ausgabe herausgeben konnte, weil Texte und Übersetzungen superschnell eintrafen. Und unser Vorsitzender hat darin einen Kommentar veröffentlicht zu den Wahlen im Kongo, der heute noch nicht im Internet zu lesen ist, aber doch in den nächsten Tagen. Darin wird daran erinnert, daß vielleicht die kongolesische Bevölkerung auch noch eine Meinung hat, nach der bisher bloß niemand gefragt hat.

Exakt das ist’s.

Wirklich.

Amerika und wer sonst noch die Demokratie weltweit im Munde führt. Sie fragen gar nicht darnach, was denn die Bevölkerungen denken. Im Kongo ist sie eh nur störend.

Aber auch im Libanon, in Palästina. im Irak und wer weiß wo sonstnoch. Völlig uninteressant.

Übrigens findet sich in dieser dp-Ausgabe auch ein Kommentar von Uri Avnery über „Das wirkliche Ziel“ der Kriegshandlungen Israels und hier sollte jetzt eigentlich der Link zur israelischen Website der dortigen Friedensbewegung stehen, aber www.gush-shalom.org  scheint derzeit vom Netz genommen zu sein. Könnte ja ein bißchen gefährlich für die Militärs werden. Die israelische Opposition hat immerhin eine ganz und gar klare Linie entwickelt und könnte aus dem Stand eine Versöhnung mit den Arabern herbeiführen. Aber nein, Bush billigt den Angriff auf Libanon. Danke, Mr.President. Auch Kabila wurde gebilligt, ohne das Volk zu fragen usw. usf.

Von Togo spricht niemand mehr. Und die vielen Demonstrationen gegen den letzten Irakkrieg bei eisiger Kälte, mitten im Winter, ach, was haben wir nur gefroren. Im Moment wäre Eis nicht schlecht….  also, die sind ja längst vergessen. Was hilft der Friedensbewegung, wenn sie am Ende ja doch Recht hatte?

Immerhin sollten die Friedensbewegten dies nicht vergessen und sich nicht allzusehr entmutigen lassen. Im Kongo wäre jetzt der Zivile Friedensdienst und mit ihm die Ermutigung der Zivilgesellschaft tausendmal wichtiger als die paar Bundeswehrsoldaten, die irritiert spanische Mahlzeiten im klimatisierten Zelt futtern.

 

Dienstag, 11. Juli 2006

 

Die brutale Ermordung von Bapuwa Mwamba erschüttert uns und viele andere nach wie vor.

Inzwischen ist klar, daß dies keineswegs ein „harmloser“ Raubüberfall war, die die deutschsprachige AP-Meldung suggeriert, die unten wiedergegeben ist. Dies war ein klarer politischer Mord. Zwei Tage vorher hatte Bapuwa Muwamba in der kongolesischen Zeitung LE PHARE  eine kritische Analyse veröffentlicht, mit dem Titel: „Warum ist die Transition im Kongo blockiert.“ Der französische Text findet sich – jedenfalls derzeit noch – hier: http://fr.allafrica.com/stories/200607070767.html

Ganz klar ist, daß dieser Artikel bei einigen der Herrschenden auf Mißfallen gestoßen war. Der Autor mußte verschwinden. Was dann in der Nacht zum Samstag geschehen war, beschreibt LE PHARE in der Ausgabe vom 10. Juli, nachzulesen hier: http://fr.allafrica.com/stories/200607110399.html

Die deutschen Zeitungen sind derzeit voll mit Berichten über den Kongo. Über den Kongo? Nein, aber über die Bundeswehr, die ihren vollen Einsatz im Kongo beginnt. Genau 1.294 Berichte darüber in den letzten paar Tagen. Die Ermordung eines bedeutenden Journalisten ist trotz deutschsprachiger AP-Meldung kein Thema. Noch nicht einmal die TAZ, die doch sonst umfassend über den Kongo berichtet, bemüht sich, überhaupt die Meldung zu bringen.

Die Zeitungen berichten über Mückennetze und Malariaprophylaxe, die Frage, ob auf Kindersoldaten geschossen werden soll, war in den letzten Tagen für viele Blätter wieder Thema, obwohl die Jungs von der Bundeswehr überhaupt nicht in eine Region kommen, wo Kindersoldaten

rumlaufen. Was die Kongolesen selbst beschäftigt, ist in Deutschland absolut kein Thema. Wenn, wie in diesen Tagen bekannt wurde, in den letzten Jahren bei der kongolesischen Nationalbank wieder einmal Hunderte von Millionen Dollar verschwunden sind, die eigentlich für den Wiederaufbau des Landes eingesetzt werden sollten, so wird alles – einmal überspitzt gesagt – viel besser, wenn erstmal der blutjunge Joseph Kabila, so richtig demokratisch gewählt worden ist. Ein anderes Wahlergebnis ist für die weißen Beobachter sowieso nicht vorstellbar. Und wen die Kongolesen wirklich wählen möchten, das interessiert überhaupt nicht.

Nur einer garantiert für Stabilität.

Und das will man doch schließlich.

Stabilität für wen ist allerdings die Frage.

Jedenfalls nicht für die Bevölkerung.

Ob sie in Sicherheit lebt ist kein Thema.

Die Bundeswehrsoldaten sind einzig und allein eingeflogen worden, um im Falle eines Falles rechtzeitig gefährdete Europäer evakuieren zu können, hört man. Könnte ja sein, daß die Wahl danebengeht und die Kongolesen sich wie die Wilden benehmen. So wie die Ruander 1994. Da waren die weißen Soldaten auch nur dafür da, um Weiße zu evakuieren. Der Rest der heimischen Menschheit konnte sich massakrieren, das kümmerte nicht. Nur wenige hundert UNO-Soldaten hätten dem Morden damals stoppen können, das ist inzwischen aktenkundig. Aber man hatte ja nicht den Auftrag dazu. Ach so.

Die Meldungen von heute konterkarieren das friedliche Leben der Bundeswehrsoldaten in Kinshasa. Die demokratische Opposition hatte zu Demonstrationen aufgerufen. Die Regierung setzte Tränengas ein und löste die Manifestation gewaltsam auf. Es gab mehrere Verletzte. 

 

 

 

Sonntag, 9. Juli 2006

 

Noch vor wenigen Tagen kam der Journalist Ronald Brockmann von der Tageszeitung DIE WELT bei einem Überfall in Kinshasa glimpflich davon. (siehe Tagebuch vom 6.7.) Heute wird bekannt, daß ein bedeutender kongolesischer Journalist keine Helfer hatte. Bapuwa Mwamba ist in der Nacht zum Samstag in Kinshasa verblutet, nachdem ihn eine Räuberbande überfallen, angeschossen und ein paar hundert Dollar abgenommen hatte. Hier die Meldung:

 

AFP-Mitarbeiter im Kongo laut Journalistenorganisation bei Raubüberfall getötet

Samstag 8. Juli 2006, 23:08 Uhr

Kinshasa (AP) Ein Mitarbeiter der französischen Nachrichtenagentur AFP im Kongo ist nach Berichten einer Journalistenorganisation bei einem Raubüberfall auf sein Haus getötet worden. Der 64 Jahre alte Mwamba Bapuwa sei in der Nacht zum Samstag in seiner Wohnung in Kinshasa offenbar von Einbrechern ins Bein geschossen worden und verblutet, berichtete die Organisation Journaliste En Danger (JED). Die Einbrecher hätten mehrere hundert Dollar und ein Telefon entwendet. Es gebe keine Hinweise auf einen Zusammenhang der Tat mit der Reportertätigkeit Bapuwas, der auch für die Zeitschrift «Jeune Afrique Economie» tätig gewesen sei. Von der kongolesischen Journalisten-Gewerkschaft hieß es, Bapuwa habe in der Vergangenheit Morddrohungen erhalten.

Bapuwa Mwamba war Dialog International freundschaftlich verbunden, insbesondere unserem Vorsitzenden. Unvergesslich ist seine Mitwirkung beim 13. Kongotag 1998. Über die Jahre gabs immer wieder Kontakte.

Was sagen diese Überfälle? Was muß die internationale Gemeinschaft im Kongo überhaupt überwachen? Ist dies wirklich eine politische Unsicherheit? Besteht die Gefahr, daß die Parteien aufeinander losgehen? Die Ereignisse der letzten Zeit sprechen eher dafür, daß systematisch die Kriminalität bekämpft werden müßte. Die Straflosigkeit muß ein Ende finden und man kann nicht die Kleinen fangen und die Großen laufen lassen.

Mit anderen Worten, die Institutionen müssten gestärkt werden und für Mitarbeiter in Polizei, Justiz usw. Gehälter regelmäßig ausgezahlt werden, sodaß eine wichtige Ursache für Korruption und Passivität entfällt. Dadurch sind manche Übeltäter in den Institutionen noch nicht geläutert, aber ein Schritt wäre getan.

Warum eigentlich tun sich die sogenannten westlichen Demokratien so schwer damit, demokratische Bemühungen in der sogenannten Dritten Welt zu unterstützen? In der neuen Ausgabe von DER PAZIFIST, die in den nächsten Tagen bei den Abonnenten ankommt, schreibt Clémentine Nkongolo über Rohstoffe und Krieg in Afrika und kommt eigentlich zu genau diesem Schluss: Nötig wäre, die Völker Afrikas bei der Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts zu unterstützen. Stattdessen wird in vielen afrikanischen Länder das Land überhaupt nicht gefragt – und trotzdem fließt oft üppige Unterstützung aus dem Norden für diese undemokratischen Regierungen.

 

 

 

 

 

Donnerstag, 6. Juli 2006

 

Dienst-Sonnenbrillen fehlen den tapferen Jungs am Kongofluß noch. Der deutsche Verteidigungsminister macht neuerdings Tropenbesuche. In diesen Tagen ist Kinshasa an der Reihe – immerhin sind die ersten deutschen Kerle (und Kerlinnen, wie die Bilder zeigen) eingetroffen und schwitzen um die Wette. Die fürsorgliche Bundeswehrverwaltung hat sie mit dicken Winterstiefeln und kräftigen langen Hosen ausgestattet. Neidisch blicken sie auf französische und belgische Kameraden, die mit kurzen Diensthosen rumlaufen können. Und, wie verlautet, konnte nur in allerletzter Minute verhindert werden, daß der zuständige Spieß die Truppe mit heimeligen Winterschlafsäcken ausstattete. Herr Jung hat sich also einige Klagen anhören müssen. (taz 5.7.06 und der Rest der deutschen Presse berichtet breit über dieses wichtige Ereignis)

Roland Brockmann berichtet in der WELT über den Überfall, den er vor einigen Tagen in Kinshasa erlitten hat http://www.welt.de/data/2006/07/06/947323.html unter dem Titel „Angst im Kongo“.

Man muß in diesen Tagen einfach mal schaun, was die deutschen Zeitungen zum Kongo schreiben. Die Bild-Zeitung beispielsweise schickt ihren Reporter in Kinshasa in ein 200-Dollar-Hotel (ohne Frühstück), wo der Fernsehapparat „nur Schnee zeigt, was im Kongo schon Luxus ist“. Nun ja. Ist ja auch ein bißchen heiß. 32 Grad im Schatten. Schnee im Fernsehen ist dann wohl eher eine Abkühlung. Wer weiter lesen will vom Journalisten, der im „Herz der Finsternis war“: http://www.bild.t-online.de/BTO/news/aktuell/2006/07/06/kongo-reporter/kongo-reporter.html . Natürlich ist das alles auch ein Thema für die Kölner Boulevard-Zeitung EXPRESS, hier ist zu lesen: „Kinshasa – Das darf ja wohl nicht wahr sein! Da setzen unsere Soldaten im Kongo ihr Leben aufs Spiel, um die demokratischen Wahlen dort zu sichern, und die Bundeswehr ist nicht in der Lage, sie richtig auszurüsten.“ http://www.express.de/servlet/Satellite?pagename=XP/index&pageid=1004979498952&rubrik=220&artikelid=1150842946959 Die fehlenden kurzen Hosen beherrschen in der Tat die Schlagzeilen der deutschen Zeitungen. Andere Sorgen macht sich die deutsche Ärzte-Zeitung, die zu berichten weiß, daß die Bundeswehr vor allem auf Mückenschutz wert legt: http://www.aerztezeitung.de/docs/2006/07/05/122a2301.asp?cat=/news

Die Wochenzeitung DIE ZEIT bringt dieser Tage einen Bericht über die wenigen Deutschen, die schon seit langem in Kinshasa leben, auch dies ist sicherlich auch lesenswert: http://www.zeit.de/2006/28/Kongo-28

Die Wochenzeitung DER STERN berichtet übrigens schon über das Problem der zuviel gedruckten Wahlzettel im Kongo – pro Wähler sechs Seiten Kandidaten, ein Probelauf in einer Kleinstadt bei Kinshasa brachte dieser Tage ein Desaster zutage – 5 oder 10 Millionen Wahlzettel zuviel, ob dies Manipulationen Tor und Tür öffnet? In einem Kurzfilm, der beim STERN angesehen werden kann, tragen einige der Bundeswehr-Soldaten übrigens schon kurze Hosen. Ist wohl alles halb so schlimm: http://www.stern.de/politik/ausland/:Wahlen-Kongo-Wahlzettel-Schredder/564918.html

Da wir schonmal bei einem elektronischen Pressespiegel sind, im britischen Guardian wird über die Zukunft des Bergbaus im Kongo spekuliert: http://www.guardian.co.uk/congo/story/0,,1812843,00.html?gusrc=rss und der UNO-Nachrichtendienst IRIN schreibt über den Kongo als Land ohne Straßen. Der Artikel ist in den IRIN-Nachrichten dieser Website zu lesen http://www.dialog-international.org/aktuell/drc.htm und zwar unter dem 6. Juli, ansonsten aber auch hier:

http://www.irinnews.org/report.asp?ReportID=54422&SelectRegion=Great_Lakes

Natürlich gibt’s immer Leute, die schon die Pläne in der Schublade haben, wie hier Abhilfe geschaffen werden kann, also, wie die Straßen verbessert werden könnten. Der International Herald Tribune schreibt dazu: http://www.iht.com/articles/2006/07/02/bloomberg/bxcongo.php , daß viele Firmen auf den Tag der Wahlen warten, um dann loslegen zu können…. 

In diesen Tagen ist von einem Bericht von Global Witness die Rede, der wohl auch beachtet werden muß. Hier ein Bericht von BBC http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/africa/5149744.stm

Die Originaltexte finden sich am einfachsten hier: http://www.kongo-kinshasa.de/dokumente/ngo/index.php

Bei all den Links, die jetzt empfohlen wurden, garantieren wir natürlich nicht, daß sie

alle Tage verfügbar sind, weil manche Zeitungen ihre Artikel nur für wenige Tage im Internet frei zugänglich lassen.