Aus dem Tagebuch der
Geschäftsstelle von
Dialog International
In diesem Tagebuch wird in lockerer Folge
aus
der alltäglichen Arbeit von Dialog
International
mit
den Partnern im Kongo berichtet.
Das
Tagebuch gibt eine persönliche Meinung wieder. Auf keinen Fall die offizielle
Meinung von Dialog International
September 2009
Liebe
Freunde und Förderer,
in diesem Jahr haben Sie
noch nicht viel Post von uns bekommen. Dies liegt nicht etwa daran, daß unsere
Arbeit zum Erliegen gekommen wäre, aber weil wir alle ehrenamtlich tätig sind,
dauert manches eben etwas länger und wir bitten deshalb um Nachsicht...
Dialog International ist 17
Jahre alt und wird im Januar 2010 schon 18 – und Sie werden nicht glauben, wir
haben noch Träume – auch für den Kongo!
Vor wenigen Wochen bekam
Dialog International vom BMZ die Bewilligung für ein neues Projekt: Die
Gründung eines Mikrokreditfonds für Frauengruppen. Zu Beginn
sollen neun Organisationen berechtigt sein, Kreditanträge zu stellen und – das
ist unser Traum – daraus könnte in den nächsten drei Jahren vielleicht sogar
eine richtige genossenschaftliche Mikrokreditbank entstehen. Jedenfalls ist
unsere Partnerorganisation ADMR da schon auf dem richtigen Weg, nämlich sie ist
Mitglied der regionalen Dachorganisation für Mikrokreditbanken (das war gar
nicht so einfach zu werden!) und demnächst dürfte auch
die offizielle Anerkennung als Mikrokreditbank vom Staat vorliegen. Mitarbeiter
der ADMR hatten an
Qualifizierungsmaßnahmen
der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau teilgenommen. Aber vor allem die
Bestände aus unseren früheren Mikrokreditprojekten, die nach wie vor, seit fünf
und mehr Jahren zirkulieren und Zinseinnahmen bringen, rechtfertigten – und „finanzierten“ -
diese Entwicklung. Seit März 2009 wurde sogar eine neue Stelle geschaffen: für
Albert, der eine Spezialausbildung als Mikrokreditfachmann hat. Das neue
Projekt wird einige weitere Stellen schaffen.
Für den Waldkindergarten
in Katana haben wir in den letzten Monaten einige Unterstützung geben müssen. Wir werden in unserem nächsten Rundbrief hier
ausführlicher über die
Tätigkeit und Entwicklung
des Kindergartens Marafiki
wa Mazingira
berichten können.
Auch von unseren Kindersoldatenprojekten
gibt’s Neues zu berichten. Die meisten Grup pen stehen inzwischen auf eigenen
Füssen. Sie benötigen also keine „Anschubsfinanzierungen“ mehr, weil sie sich
selbst Einkommen erwirtschaften: die Schreiner in Mushenyi, Luhwinja und
Burhinyi, die Bäcker in Mushenyi und Luhwinja und die Lederwarenhersteller in
Burhinyi. Für die Bäcker wollen wir allerdings noch zwei holzsparende
Lorena-Backöfen fördern.
Kostenpunkt pro Stück: ungefähr 1.500 Euro, weil ein Einsatz durch einen
Schmied hergestellt werden muß. Das Holz wird zugekauft und der Lorena-Backofen
bringt da erhebliche Ersparnisse, auch aus ökologischer Sicht.
In Burhinyi, vielleicht
auch in Luhwinja, sollen außerdem weitere ehemalige Kindersoldaten eine Ausbildung
zur Ziegelsteinherstellung absolvieren. Dafür wird
eine Ziegelsteinpresse benötigt, die in Belgien gekauft werden soll. Wir sind
hier Teilhaber an einem größeren BMZ-Projekt für solche einfache Technik.
Dadurch können hochwertige, weil länger haltbarere, Ziegelsteine produziert werden. Hierfür besteht ein
großer Bedarf, denn im Kongo ist tatsächlich ein wahrer Bauboom ausgebrochen –
erste Anzeichen für eine Aufwärtsentwicklung - auch wenn die zwei Hauptprobleme, die Sicherheit in den Ostprovinzen und
die „gute Regierungsführung“ überall im Land, noch weiterhin bestehen....
Hier stehen wir vor einem
Dilemma. Der Osten des Kongos ist noch ganz unsicher. Hier ein Ausschnitt aus dem Brief eines Freundes: „Nun möchte ich Ihnen eine
beunruhigende Nachricht mitteilen, dass nämlich in der letzten Zeit die
Unsicherheit in der Stadt Bukavu zunimmt. Vielleicht haben Sie in den
Nachrichten schon erfahren, dass seit weniger als drei Jahren drei Journalisten
ermordet worden, vor kurzem wieder in Bukavu der. Zur Zeit wird jeden Tag bzw.
jede Nacht jemand ermordet. Manchmal wird ein Haus überfallen und geplündert
und der Besitzer, besonders wenn er sich wehrt, ermordet. Wenn ein Kleinhändler
ein gutes Geschäft gemacht hat, ist er an der Reihe. Wenn jemand eine Hochzeit
vorbereitet und dafür schon das Nötige zusammengebracht hat, ist dieser an der
Reihe… Manchmal handelt es sich auch um Konflikte zwischen Nachbarn, z.B.
bezüglich des Grundstücks. Dann gibt der eine Nachbar Soldaten oder Polizisten
oder sonst welchen Banditen den Auftrag, das Problem zu lösen. Da dies meistens
in der Dunkelheit der Nacht geschieht, weiß
danach niemand, wer es war. Und die zuständigen Autoritäten tun nichts, um die
Sache aufzuklären. Selbst wenn der Überfall ganz in der Nähe eines Militär-
oder Polizeipostens stattfindet und die Überfallenen um Hilfe rufen, wird nicht
reagiert. So wird vermutet, dass die Banditen Militär- bzw. Polizeikameraden
sind.“
Dialog International hatte einmal ein sehr
erfolgreiches Programm, das damals vom sog. Friedensfonds der GTZ gefördert wurde,
der, wie wir heute hören, inzwischen aufgelöst ist. Dies war nämlich die Ausbildung von über 300 juristischen
Beratern. Auf unserer Webseite finden Sie dazu noch Projektberichte. Das
Programm hätte dringend eine Fortsetzung gebraucht,
um diese Berater in ihrer Arbeit zu
ermutigen: gerade heute wäre ihre Tätigkeit so wichtig! Aber leider haben wir bisher
keine weitere Fördermöglichkeit gefunden und aus unseren Spenden allein können
wir bei allen anderen Aufgaben, solche Seminare nicht finanzieren. Und immer
wieder kommen Anfragen aus Bukavu: „Könnt Ihr uns da nicht noch einmal
helfen, wir würden so dringend ein solches Förderprogramm benötigen! Wir brauchen juristische Berater, die in den Dörfern
und Stadtvierteln bei der Befriedung und Kleinkriminalitätsbekämpfung helfen.“ Jene, welche durch unsere
Partner seinerzeit ausgebildet wurden, blieben ganz allein auf sich gestellt.
Leider ist es offenbar einfacher, weiße „Berater“ aus Europa in den Kongo zu entsenden (z.B. über den Zivilen Friedensdienst,
die gewiss auch segensreich arbeiten) als kompetente Einheimische zu fördern, die übrigens sehr viel weniger kosten würden, außerdem viel wirksamer ihrem Volk helfen könnten.
Wir danken allen unseren
Mitgliedern und Freunden herzlich, die unsere Arbeit im Kongo mit einer Spende
unterstützt haben. Und wir bitten Sie vielmals, uns weiterhin treu zu bleiben
und vielleicht sogar in Ihrem Freundeskreis von unserer Arbeit zu erzählen. Wir
versuchen, wie immer, Ihre Spende durch Zuschüsse etwas zu vermehren: demnächst
werden wir ausführlicher berichten, welche Früchte die Arbeit im Kongo trägt.
Mit freundlichen Grüßen
Muepu Muamba Heinz
Rothenpieler
-----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
November 2008
Liebe Freunde,
auch in diesem Jahr wollen wir Ihnen über unsere Arbeit im
Kongo berichten. Das Land ist in den letzten Wochen wieder in die Schlagzeilen
geraten: Im Nordkivu, rund 100 km von unseren Projektgebieten entfernt, will
ein Warlord sein eigenes Süppchen kochen und bringt für hunderttausende
Menschen Unheil... Dabei hat der Kongo auch sonst Probleme genug. Die Welthungerhilfe
und andere internationale Organisationen haben gerade vor wenigen Wochen
Untersuchungen veröffentlicht, daß nirgendwo auf der Welt so viele Menschen
hungern müssen, wie im Kongo: nämlich dreiviertel der Bevölkerung. Wie ist das
in solch einem wasserreichen, fruchtbaren Land möglich? Die Antworten sind
einfach: Erstens durch den Krieg, zweitens durch die schlechten
Straßenverhältnisse, wodurch so manche Ernte verfault, bevor sie auf den Markt
gelangt ist, und drittens durch Bodenverarmung infolge mangelnder Ausbildung
der Bauern. Viele Felder geben nur noch wenig her... Unser Vorstandsmitglied,
Heinz Rothenpieler, war bei seinem Besuch im Kivu vor wenigen Monaten
stark irritiert, als er dort viele Menschen, vor allem Kinder, traf, die Hunger
litten...
Dialog International hatte von Anfang die
Verbesserung der Landwirtschaft zum obersten Ziel gesetzt, ebenso wie unsere
älteste Partnerorganisation ADMR (Aktion zur Entwicklung des ländlichen
Raums). Unsere Partner im Südkivu schreiben zwar, daß die Provinz im Moment
einigermaßen befriedet sei, allerdings wird fast zwei Drittel der Provinz, vor
allem in den dünner besiedelten westlichen Waldregionen zum Kongobecken hin,
von bewaffneten Huturebellen kontrolliert, die wesentliche Verursacher vieler
Probleme im Ostkongo sind. Sie waren es, die 1994 nach dem Völkermord in
Ruanda mit der Opération Turquoise „Huckepack“ in den Kongo geflüchtet
sind und seitdem der dortigen Bevölkerung das Leben schwer machen.
Im vergangenen Jahr konnten mit unserer Unterstützung vor
allem drei Projekte gefördert werden:
- Ausbildung ehemaliger Kindersoldaten
in Mushenyi, Burhinyi und Luhwindja;
- weitere Aufforstungen in Luhwindja;
- der Waldkindergarten in Katana.
Neun Ausbilder bemühten sich die ehemaligen Kindersoldaten
ins bäuerliche berufliche Leben zu integrieren: In Burhinyi Schreinerei und
eine Werkstatt für Lederwarenherstellung, in Luhwindja ebenfalls Schreinerei,
dazu Bäckerei. Und in Mushenyi wird ebenfalls Brot gebacken und geschreinert.
In Luhwindja bekamen alle Teilnehmer auch jeweils Tiere anvertraut: Ziegen
oder Hasen. So konnten insgesamt rund 130 Jungs und auch ein paar Mädchen, die
ebenfalls bei den Soldaten waren, in die Dorfgemeinschaften integriert werden.
Ermöglicht wurde dies durch unsere Spenden und einen Zuschuß der Stiftung
Umverteilen in Berlin. Allen ganz herzlichen Dank! Heinz Rothenpieler
hat im Juli/August alle diese Werkstätten besuchen und sich von der guten
Arbeit überzeugen können, die dort geleistet wird. Eine wirkliche Innovation
sind die neuen Bäckereien, die „ADMR-Brot“ herstellen, das übrigens
außerordentlich wohlschmeckend ist.
Das zweite Projekt, noch im Dezember 2007 durch eine
Sonderspende angeregt, ermöglichte uns in Luhwindja die Beibehaltung der
Baumschulen. Unser erstes Aufforstungsprojekt war hier. Viele Hänge der hohen
Berge sind inzwischen bepflanzt und werden wieder grün, in den Höhenlagen
gedeihen vor allem Pinien gut, sind inzwischen teilweise schon meterhoch.
Aber Luhwindja hat eine Gesamtfläche von einer mittleren
deutschen Großstadt! Da gibt’s natürlich noch viele Flächen, die nicht bepflanzt
werden konnten. Und das beste, was uns passieren kann, ist, wenn jetzt die Baumschulen
aufrechterhalten werden und einfach immer weitergepflanzt wird; zwar nicht mehr
im gleichen Ausmaß wie mit dem BMZ-Projekt, aber immerhin pro Jahr einige
zehntausend Bäume. Und das soll auch in den nächsten Jahren so weitergehen.
Schon jetzt lässt sich sagen, daß in Luhwindja, wie auch im benachbarten
Burhinyi, eine Trendwende eingetreten ist: Die ganze Bevölkerung pflanzt wieder
Bäume! Viele kleine Haine sieht man schon und man erzählte, etliche davon seien
auf Eigeninitiative gepflanzt worden. Die Bevölkerung ist also sensibilisiert
und das ist ein großer Erfolg unserer Partnerorganisationen ADMR in Luhwindja
und von Codimir in Burhinyi. Heinz Rothenpieler konnte sich übrigens auch
davon überzeugen, daß die ADMR in Luhwindja nicht nur verwurzelt - das wussten
wir schon lange - sondern bei der Bevölkerung auch äußerst beliebt ist. Man
kennt sich und hat viel miteinander zu besprechen. Die Leute freuen sich, wenn
sie Mitarbeiter der ADMR sehen und man begrüßt sich fröhlich. Natürlich hat
schon die Entwässerung der Talaue von Namunana die Trendwende gebracht.
Luhwindja kann sich dadurch jetzt mit Lebensmitteln selbst versorgen. Die
Menschen müssen nicht direkt hungern, auch wenn Mangelernährung noch ein
Problem ist, insbesondere hervorgerufen durch einseitige Maniok-Ernährung.
Luhwindja hat Ende Juli einen großen Schritt vorwärts getan:
Wir haben mit 180 ADMR-Mitgliedern, vorwiegend Frauen, eine Genossenschaft
gegründet. Die Kooperative wird zu Beginn die örtlichen Kenntnisse über die verschiedenen,
bei der Aufforstung gepflanzten Baumarten nutzen, denn diese werfen inzwischen
Samen. Die Mitglieder der Kooperative sammeln und verkaufen diese an andere
Aufforstungsprojekte. Später soll natürlich auch die landwirtschaftliche Ernte
gemeinsam vermarktet werden und der gemeinsame Einkauf vieler Dinge des
täglichen Bedarfs zu Großhandelspreisen dürfte sich lohnen.
In einem ganz anderen Gebiet der Provinz Südkivu, zwischen
dem Kahuzie-Biega-Nationalpark und dem See, wenige Kilometer von der
Nachbarprovinz Nordkivu entfernt, wo jetzt der Warlord Nkunda die
Menschen in Angst und Schrecken versetzt, befindet sich „Marafiki wa
Mazangira“/ „Freunde der Natur“, unser Waldkindergarten:
gegründet von unserem Vorstandsmitglied Konni Weber-Hürter aus Düren
und dem kongolesischen Biologen und Umweltschützer Innocent Balagizi.
Auch hier war Heinz Rothenpieler zu Besuch und konnte sich
überzeugen, daß von den beiden pädagogischen Mitarbeitern, Sico und Bafese,
eine überzeugende Erziehungsarbeit geleistet wird, die auch von den Eltern der
Kinder sehr dankbar begrüßt wird. Bisher fi nanzieren wir
vor allem die Gehälter dieser beiden Mitarbeiter und zwar ausschließlich aus Spendenmitteln.
Vormittags wird in einer Gruppe mit 20 Kleinkindern gearbeitet und nachmittags,
abwechselnd drei Tage pro Woche mit einer etwas ältere Gruppe und an zwei
Nachmittagen mit einer Jugendgruppe. Alle werden spielerisch an die Natur
herangeführt und vor allem für den Schutz der Natur sensibilisiert. Bei
unserem Besuch haben sie sehr engagiert „10 Gebote zum Schutz der Natur im
Kongo“ vorgetragen: diese Gebote sollen bei jedem Kind „sitzen“ - und das
sind ganz einfache Empfehlungen für den Alltag. Wir können sicher sein, daß sie
das Gelernte auch in die Familien und Freundeskreise tragen. Wir sind froh, daß
der Waldkindergarten Mazangira in Kreuzau bei Düren die Patenschaft übernommen
hat und dadurch u.a. mithilft, die derzeitigen Kosten aufzubringen. Das Geld
ist gut angelegt in die Förderung junger Menschen, die sich später mit ihren
Kenntnissen vielleicht mehr als sonst für den Schutz des nahegelegenen
Kahuzie-Biega-Nationalparks, der ein Weltkulturerbe der Unesco ist, einsetzen.
Dieser vorweihnachtliche Brief soll aber nicht abgeschlossen
werden, ohne an ältere, von Dialog International geförderte, Projekte zu
erinnern, denen in diesem Jahr ebenfalls ein Besuch abgestattet werden konnte.
Dabei war zu sehen, daß Dialog International mit diesen Projekten eine
erfolgreiche, nachhaltige Entwicklungsarbeit geleistet hat. Das gilt vor allem
für die Drainage im Stadtteil Kasenga von Uvira, wo Anfang 2005 starke
Überschwemmungen sogar Todesopfer verursacht haben. Mit unserer Hilfe konnte
die Kanalisation erneuert werden, die in Zukunft auch größere Wassermengen
locker aufnehmen und in den Tanganjikasee ableiten kann.
Allerdings mussten wir die Bewohner der Quartiere dringend
daran erinnern, wenigstens einmal im Jahr die neuen Abwasserkanäle, die ja die
meiste Zeit trocken sind, zu säubern. Natürlich denkt an den vielen
glühendheißen Tagen von Uvira niemand daran, daß der Graben neben der Straße
lebensrettende Funktionen haben kann, wenn der in der Regenzeit recht häufige
Sturzregen kommt. Und so passiert es leider, daß mancherlei Abfall in den
Gräben herumliegt...
Und dann Kaliba! Soweit das Auge schauen kann: Reisfelder.
Als wir 2004 dort waren,
reichten sie gerade mal bis zu den Bäumen, vielleicht 200
oder 300 Meter weit und die Bewässerung war in einem trübseligen Zustand. Mit
Hilfe Ihrer Spenden und BMZ-Mitteln wurde in der Zwischenzeit eine professionelle
Bewässerung restauriert und ausgebaut und jetzt kann die ganze Ebene von
Kaliba mit Reis bepflanzt werden, der auch noch ganz hervorragend schmeckt. Das
ist ein Segen für eine Bevölkerung, die so oft am Rand der Hungerkatastrophe
steht. Auch die Reismühle, die wir seinerzeit finanzierten, ist noch in
Betrieb.
Immer wieder wurde uns von Frauen berichtet, daß sie nach
wie vor mit den Mikrokrediten arbeiten, die sie 2003 und 2004 durch uns
erhielten. Unsere Partnerorganisation ADMR ist sogar von der deutschen Kreditanstalt
für Wiederaufbau, die jetzt in der Entwicklungshilfe tätig ist, ausgewählt
worden – zusammen mit ganz wenigen anderen kongolesischen NRO's aus dem riesig
großen Land - an einem Qualifizierungsprogramm für Mikrokredite teilzunehmen,
worauf man sehr stolz ist. Damit hat man zwar noch nicht neue Mittel für einen
Kreditfonds zur Verfügung, doch stehen jetzt unsere Partner sehr viel besser
gerüstet da. In Kürze möchte Dialog International beim BMZ einen
Zuschuß für solch einen neuen Mikrokreditfonds beantragen. Für dieses Vorhaben,
für die Kindersoldaten und für den Waldkindergarten klopfen wir heute bei Ihnen
an und bitten Sie herzlich um eine vorweihnachtliche Spende. Die Gelder sind,
wie man vor Ort sehen kann, gut angelegt : Jeder von Ihnen hilft auf diese
Weise mit, die Lebensbedingungen der Ärmsten im Kongo nachhaltig zu verbessern.
Dafür danken wir Ihnen!
Muepu Muamba
Vorsitzender Dialog International
September 2007
Liebe Freundinnen und
Freunde der Kongohilfe von Dialog International!
Wir schreiben Ihnen, weil wir
heute Ihre Unterstützung benötigen! Denn für einige laufende Projekte haben
wir in diesem Jahr noch nicht genügend „Eigenmittel“, d.h. wir hatten gehofft
sie zu bekommen und dann konnte einfach nicht genug die „Werbetrommel“ gerührt
werden. Denn gute Projekte sind’s allemal. Sie können sich sehen lassen.
Insbesondere das Kindersoldatenprojekt. Aber auch das Ofenprojekt, welches
vom Hauptgeldgeber, dem Land NRW, als „vorbildlich“ eingestuft wird. Doch
genau dies ist plötzlich 2000 Euro teurer geworden, weil durch den Kriegslärm
im Ostkongo nicht alle Reisepläne wie vorgesehen durchgeführt werden konnten,
wodurch dann noch andere Finanzierungen möglich gewesen wären.
Deshalb benötigen wir diesmal schon im Spätsommer Ihre
Hilfe und möchten Sie ganz herzlich bitten, uns in der nächsten Zeit mit einer
Spende für eins der folgenden Projekte zu unterstützen:
Unser interessantestes
Projekt im Frühjahr konnten wir dank Ihrer Weihnachtsspenden realisieren, die
andere Hälfte kam von einer Stiftung dazu. Dies war der Beginn der „Ofenrevolution“ im Ostkongo. Im März
konnte sie endlich beginnen: Zwei Ausbilder waren für 10 Tage aus Uganda
gekommen, Livingstone und Christine und sie übten eine Woche lang
mit rund 30 Seminarteilnehmerinnen und –teilnehmern von zahlreichen befreundeten
Gruppen aus dem gesamten Kivu den Bau eines holzsparenden Lehmofen-Modells für
zwei Töpfe - und mit einem kleinen Rauchabzug, damit drinnen gekocht werden
kann und die Hütte rauchfrei bleibt: der Rocket
Stove Lorena. Seitdem entstehen immer mehr solcher Öfen im Ostkongo. Im
Juni waren schon 70 gebaut und Monat für Monat kommen mehr dazu. Angeregt durch
Photos und Berichte aus dem Projekt kamen Béa
und Nsonia, die seit einigen Jahren
mit Familie im Rheinland leben, auf die Idee, solche Öfen auch in ihrer Heimat,
dem Kasaï, zu bauen, denn auch dort kochen die meisten Menschen immer noch auf
dem 3-Steine-Ofen. Der Rocket-Stove-Lorena spart die Hälfte bis
zu 2/3 des Holzes. Das mühsame Holzsuchen, für das in der Savanne des Kasaï
oder im abgeholzten Hochland rund um Bukavu immer weitere Wege zurückgelegt
werden müssen, wird also erheblich reduziert. Die beiden Frauen reisten schon
Anfang August nach Uganda, um dort den Bau des Rocket-Stove Lorena für einen Topf zu lernen und befinden
sich inzwischen in ihrer Heimatregion, Kasaï Oriental, mit der Provinzhauptstadt
Mbuji-Maji - und wenn alles gut klappt, werden sie bis Dezember mindestens 200
Multiplikatorinnen aus katholischen Frauengruppen im Bau des Ein-Topf-Ofens
ausgebildet haben. Dieser Ofen spart im Verhältnis genauso viel Holz ein wie
jener für 2 Töpfe und der Schritt vom 3-Steine-Ofen zur neuen „Ofengeneration“
ist noch kleiner….
Der zweite Schwerpunkt der
diesjährigen Kongohilfe von Dialog International sind drei Werkstätten für Kindersoldaten in Burhinyi, Luhwinja und Mushenyi.
Hier bekommen derzeit 130 junge Menschen eine Ausbildung. 105 Jungs als Schreiner
oder Lederwarenhersteller und 25 Mädchen, die auch bei den Soldaten waren,
als Schneiderinnen. Fast alle haben
schon zu Beginn der halbjährigen Ausbildung entweder eine Ziege
oder Hasen oder Meerschweinchen zur Aufzucht anvertraut bekommen.Dies,
damit sie lernen Verantwortung zu übernehmen
und sich in das ländliche Leben integrieren. Auch bei diesem Projekt
haben wir zu drei Vierteln eine externe Förderung durch eine Stiftung gewährt
bekommen, aber noch fehlen uns einige Mittel, um den Eigenbeitrag von 4.000
Euro zu überweisen, auf den man jetzt wartet…
In die letzte Runde gegangen
ist die dreijährige Aufforstung in Burhinyi, wo inzwischen schon um die
eine Million Bäume gepflanzt wurden: eine breite Variation ganz unterschiedlicher Regenwald- und sogar
Fruchtbäume. Darunter findet sich der Afrikanische
Brotbaum (Treculia Africana), Avocado-, Mango-, ja sogar einige Mahagoni-Bäume. Aber vor allem Bäume und
Sträucher des Regenwaldes, wie z.B. Grevillea
robusta, Calliandra, Pinus… Diesen Herbst findet im Oktober wieder der „Tag
des Baumes“ statt, ein großes Fest, welches auch dazu dient, die
nachhaltige Waldbewirtschaftung zu popularisieren. Aus dem benachbarten
Luhwinja kamen im Frühjahr Photos, mit denen uns ganz stolz gezeigt wurde, daß
in diesem Jahr erstmals die bereits meterhohen Bäume Samen werfen… Mit den
Bäumen kommen auch die Tiere zurück, vor allem die Vögel, wurde uns gesagt. Und
die Wasserquellen sprudeln wieder reichlicher… Burhinyi liegt immerhin auf
einer Höhe von 3.000 Metern…
*
Schließlich gehört noch Innocent Balagizi’s „Marifiki“ dazu, der Waldkindergarten am Rande des
Kahuzi-Biega-Nationalparks, westlich vom Kivusee. Kinder und Jugendliche
erhalten dort eine naturnahe Ausbildung durch Singen, Spielen, Basteln,
Naturbeobachtung… Nach dem Konzept eines Waldkindergartens in der Nähe von
Düren im Rheinland, den Innocent kennenlernen durfte und dessen Leiterin sich
im Kongo engagiert. Inzwischen besteht eine Partnerschaft zwischen beiden
Kindergärten und die kleinen Steppkes aus dem Dürener Land wissen genau, daß da
irgendwo in Afrika auch so etwas unter gleichem Namen stattfindet – und
umgekehrt…. Ein ganz herzliches Dankeschön
an alle Förderer, auch im Namen
unserer Freunde im Kongo: Heinz Rothenpieler
Spendenkonto-Nr.
8271300, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 37020500 BIC:
BFSWDE33 – IBAN: DE12 3702 0500 0008 2713 00 (für Euroland) |
International Crisis Group
Kongo – Konsolidierung des
Friedens,
Auszüge aus der
analytischen Studie, die Anfang Juli 07 veröffentlicht wurde. (vgl. u.a.
Presse-Tagebuch vom 5. Juli 2007) Der englische Originaltext kann auf dieser
Website gefunden werden: http://www.crisisgroup.org/home/index.cfm?id=4933&l=1. letzte
Aktualisierung: 29.7.07
Dem Kongo bleiben höchstens noch ein paar Jahre,
in denen erwartet werden kann, daß die internationale Gemeinschaft sich um die
Unterstützung der Konsolidierung des Friedensprozesses kümmert. Ende 2007 wird
der UNO-Blauhelmeinsatz der MONUC wahrscheinlich unter Druck geraten, den
Einsatz wesentlich zu reduzieren und die Unterstützung der Geber dürfte sich in
andere Nachkriegsgebiete verschieben. Ohne starke, klare Zeichen einer
sichtbaren Änderung in der Regierungsweise könnte die Chance rasch vertan sein.
Dieser Bericht zeigt die Herausforderungen auf, die in den nächsten zwei Jahren
sich dem Land stellen. …
Die Unterstützung, die (Kabila während der
Übergangsperiode) von den regionalen und anderen internationalen Partnern
bekommen hat, ist entscheidend für die Stabilisierung des Landes gewesen, aber
sie ist nicht dazu verwandt worden, um einen wirksamen Durchbruch bei
nachhaltigen Änderungen der Regierungstätigkeit zu bewirken und das Land für
die Haupt-Herausforderung der Nachkriegszeit vorzubereiten (…)
Die politische Herausforderung für den
neugewählten Präsidenten besteht darin, seinen Sieg zu “managen”.
Daß der Präsident in der Lage war, der
vollständigen Umsetzung der Machtteilungs-Vereinbarungen [von Sun City] zu
widerstehen liegt teilweise an der Fehleinschätzung seiner Gegner, aber auch
bei der bedingungslosen internationalen Unterstützung, die er bekam, insbesondere
von CIAT,[1].
Die meisten Mitglieder sahen ihn gerne als “Wunschgewinner” der Wahlen.
Im Laufe des Übergangsprozesses und als keine besser
Lösung in Sicht kam, haben die CIAT Mitglieder sich auf einen Wahlsieg Kabilas
verlassen.
Seit Ende 2004 waren die CIAT-Mitglieder, außer
vielleicht gelegentlich Belgien und Großbritannien, zunehmend ablehnend
gegenüber einem Konfrontationskurs zu Kabila.
[Großbritannien] versuchte kaum seine
beträchtliche finanzielle Hilfe wirksam einzusetzen, um andere Geber davon
abzuhalten, Kabila bedingungslos zu unterstützen, wie das regelmäßig von
Frankreich, den Vereinigten Staaten, Südafrika und Angola zum Ausdruck gebracht
wurde.
Die USA, Kanada, Südafrika und Belgien
übernahmen die Führung, versuchten die strategischen Reserven von Kupfer,
Kobalt und anderen Rohstoffen zu kontrollieren und begrenzten den Erfolg
Chinas. Nichts hat dies mehr zum Ausdruck gebracht als die öffentliche Feier
zum Erwerb der Phelps-Dodge’s Anteile an den Konzessionen des Bergwerks
Tenke-Fungurume, die unter Teilnahme des US-Botschafters in Katanga im August
2005 stattfand und die gewaltige Zeremonie im Juni 2006 in Kolwezi, welche die
Wiedereröffnung des Kamoto-Bergwerks besiegelte, an der Vertreter Belgiens, der
EU, Kanadas, Frankreichs, Angolas und sogar der UNO teilnahmen…..
Am Ende der Übergangsperiode haben sich die
meisten Länder so benommen, als hätten sie Korruption und Straflosigkeit als
notwendige Übel akzeptiert, als Preis, der für die Zustimmung der
Kriegsteilnehmer zum Friedensabkommen zu erbringen war. Sie benutzten Augustin
Katumba Mwanke, eine zentrale Figur in der Partei des Präsidenten, als
Hauptverbindungsmann, um Einfluß auf Kabila auszuüben, obwohl er in einem
UNO-Bericht als Schlüsselfigur bei der illegalen Ausplünderung des Landes
während des Krieges identifiziert wurde[2].
Nachdem die CIAT-Botschafter Zeugen der Beschiessung von Bemba’s Residenz durch
die Präsidentengarde wurden, zwischen den zwei Runden der
Präsidentschaftswahlen, begannen sie eine schärfere Gangart einzulegen, doch da
war schon alles zu spät. Kabila widerstand mit Leichtigkeit jeglichem Druck,
indem er mit nationalistischen Tönen und dem internationalen Wettbewerb spielte
und der CIAT vorwarf, sich in die inneren Angelegenheiten des Landes
einzumischen.
Angola hat Tausende von kongolesischen Soldaten
ausgebildet, Kabilas Präsidentengarde und die Polizei. Seine militärische
Unterstützung ist eine tragende Säule für Kabila, dessen eigene Truppen sich
oft als unzuverlässig und sogar als rebellisch erwiesen haben [3].
Kabilas Ziel war immer ein Sieg in der ersten
Runde gewesen. Ermutigt von vielen Botschaften war er bis kurz vor Ende der
Stimmauszählung überzeugt, daß dies erreicht werden könnte.
Er versprach Mobutu [Sohn des Diktators, der
eine eigene Partei hat] auf den er sich verließ, um Bemba in der Provinz
Equateur zu schwächen, einen Ministerposten und Gizenga das Premierministeramt.
Letzere Konzession ließ eine Debatte unter vielen seiner Unterstützern
entstehen, die meinten, der Posten solle an einen Jüngeren gehen mit
Regierungserfahrung. Dennoch, Kabila war überzeugt, daß er Gizenga brauchte –
der als zweiter in Kinshasa 22 % der Stimmen bekommen hatte – um Bemba davon
abzuhalten, das Wahlergebnis in der Hauptstadt zu beherrschen [4]. Diese Taktik ging auf: In der zweiten
Wahlrunde bekam Gizenga in Kinshasa 30 % und im benachbarten Bandundu, der
andere Hochburg von dessen PALU, 40 %,.
Während des Übergangs hatten sich regionale und
interne Konflikte vermindert und die Wahlen setzten der Legitimitätskrise ein
Ende, mit der alle Regierungen seit den Zeiten Mobutus zurechtkommen mußten.
Doch trotz der Annahme einer demokratischen Verfassung, der Gelegenheit, den
Übergang für die Grundlegung eines neuen Regierungssystems zu nutzen, bei dem
die Bevölkerung mehr beteiligt ist, wurde dies von den kongolesischen
Vertretern und der internationalen Gemeinschaft verpaßt. Trotz entsprechender
Vorkehrungen in der Verfassung, endete die Übergangsperiode mit einer
extensiven Konzentration von Macht in den Händen des Präsidenten, eine große,
aber zersplitterte Präsidentschaftsmehrheit wurde von Fehden und einem
wachsenden Gefühl von Enteignung in großen Bereichen der Politik geplagt.
Die
Herausforderungen
Die ersten Monate der Amtszeit von Präsident Kabila
sind weniger als beeindruckend gewesen. Die Flitterwochen nach der Amtseinführung
wurden nicht für eine neue Dynamik und für die Schaffung eines Geistes
nationaler Versöhnung genutzt. Die Abwesenheit einer entschiedenen Führung
hatte zwei ernste Konsequenzen. Erstens führte dies zu einer praktischen
Paralyse der Regierung mit wachsender Anarchie bei der parlamentarischen
Mehrheit und zu ernster allgemein verbreiteter Ernüchterung. Zweitens hat dies
zu brutalen Übergriffen gegen die politische Opposition geführt, die ihre
Besorgnis über die Richtung der Regierung erneuerte.
[Nach der Regierungsbildung mit 60 Ministern]
Jenseits der Koordinierungsprobleme für solch eine überdimensionierte Regierung
und des unvermeidlichen Wettbewerbs zwischen ihren Schlüsselfiguren, geben die
Spannungen die Abwesenheit gemeinsamer Werte und Interessen zwischen der
AMP-Koalition und ihrem PALU-Partner wieder als auch in bezug auf Gizengas
schwach ausgeprägter Führungskraft.
Nach seiner Ernennung zum Premierminister wird
von Gizenga berichtet, daß er keinen Minister berufen will, dem Korruption
nachgesagt wird, wodurch verschiedene Sonderberater[5]
von Kabila nicht mehr in Frage kamen, einen Ministerposten zu erlangen,
darunter war José Endundo.[6]
Als Retourkutsche suchen viele von der PPRD und der FR, sowohl in Regierung als
auch im Parlament[7]
Gizengas frühzeitige Entfernung, indem sie behaupten, seine Ansichten seien
überholt und seine Leitungsqualitäten schwach.
Angesichts der brutalen Zusammenstösse im
Unteren Kongo, der Gewalt in Kinshasa im März und der schlechten Handhabung des
militärischen Integrationsprozesses im Osten ist er still geblieben und offenbar zahnlos. Seine Autorität über
die Minister scheint schwach, was offenbar wurde, als er unfähig war, im
Konflikt zwischen dem Innenminister Kalume und dem Außenminister Nyamwisi in
der Angelegenheit der Besetzung von drei Dörfern in der Provinz Bandundu zu
vermitteln[8].
Kalume machte im März den Angolanern
Zugeständnisse und verursachte damit in Kinshasa und Bandundu Unruhen. Nyamwisi
widersprach ihm, doch ohne auf die Ergebnisse einer parlamentarischen
Untersuchung,[9]
zu warten. Am 17. Mai erklärte die Regierung, daß das Gebiet angolanisch sei -
eine Entscheidung, die wenig dazu beitrug, die Bürger von ihrer Fähigkeit zu
überzeugen, die territoriale Integrität des Landes zu schützen[10]
(……)
Gizenga kommt praktisch zugute, daß Kabila und
die AMP-Koalition hauptsächlich für den Mangel an Führungskraft, an
ordentlicher Haushaltsplanung und für die schlechte Situation der Armee
verantwortlich sind.[11]….
Eine Paralysierung [des Landes] dient
hauptsächlich den Hardlinern im Kabila-Lager. Wenn die Regierung nahezu
lahmgelegt ist, fahren sie damit fort, das Land von der Präsidentschaft aus zu
regieren…..
Erst ein halbes Jahr ist seit den Wahlen
vergangen, doch die Regierung ist beinahe lahmgelegt und die Bürger von der
Verpflichtung ihrer Führer für Frieden, Demokratie und wirtschaftlichem
Wiederaufbau nicht überzeugt. Da ist die Versuchung in den Kreisen um den
Präsidenten groß, jeglicher Art von Opposition eher mit Gewalt und Korruption,
als mit Dialog zu begegnen.
Die AMP-Koalition hat durch Korruption die
Gouverneursposten im Unteren Kongo, in Kinshasa und in Kasai Occidental
errungen, obwohl die Union [Bembas] in diesen Regionalparlamenten die Mehrheit
hatte. Einzig Equateur wählte einen Gouverneur[12]
der oppositionellen Union. Verschiedenen Berichten zufolge kostete eine Stimme
zwischen 1.000 und 10.000 Dollar, viele erfolglose Kandidaten forderten
öffentlich ihre “Geschenke” wieder zurück.[13]
Die zurechtgebastelten Wahlen waren nicht ohne
Sicherheitskonsequenzen. Am 31. Januar 2007 bereiteten Mitglieder von Bundu dia
Kongo (BDK), einer politisch-religiösen Bewegung im Unteren Kongo,
Protestdemonstrationen gegen die vermutete Korruption bei der Wahl des
AMP-Gouverneurs vor. Die BDK hatte ihren spirituellen Anführer, Ne Muanda
Nsemi, als Vize-Gouverneurs-Kandidaten der dort starken Oppositon aufgestellt,
der jedoch trotzdem unterlag, obwohl sie doch im Provinzparlament die Mehrheit
hatte.[14]
Am Demonstrationsabend ermordete die Polizei verschiedene BDK-Unterstützer,
während sie versuchte, das Haus von Nsemi in Matadi, der Provinzhauptstadt, zu
stürmen. BDK-Mitglieder töteten als Vergeltung zehn Polizisten und Soldaten im
benachbarten Muanda, was den Gouverneur veranlaßte, sofort nach der Armee zu
rufen[15],
die dann überall in der Provinz weitere Demonstrationen brutal unterdrückte,
das Feuer auf unbewaffnete Menschenmengen eröffnete und wahllos Zivilisten
tötete, einschließlich Frauen und Kinder.
Zwar wurde geltend gemacht, daß nur die
Nationalversammlung sich mit der Angelegenheit befassen sollte, doch hat sie
ihren Bericht nicht veröffentlicht. Human Rights Watch hat am 12. April in
einer Erklärung an die von der Nationalversammlung berufene Untersuchungskommission,
dazu aufgerufen, bei den Militanten der BDK, den Soldaten und Polizisten, die
mit den Tötungen in Verbindung gebracht werden, eine Strafuntersuchung durchzuführen,
um die Verantwortung herauszufinden [16].
Bis jetzt sind lediglich drei Polizeioffiziere
vom Dienst beurlaubt worden und es bleibt abzuwarten, ob diese Empfehlungen
angenommen werden. Ohne irgendwelche öffentliche Anhörungen bleibt zu befürchten,
daß der Bericht dazu dienen wird, die Sicherheitskräfte weißzuwaschen, was den
Weg freimachen würde für neuerliche Gewalt.[17]
[…]
Die Kämpfe in Kinshasa vom 27. März sind das
sichtbarste Beispiel für die autoritären Tendenzen der neuen Regierung. […]
Die MONUC und die anderen internationalen
Akteure – die CIAT hat sich nach der Amtseinführung des Präsidenten aufgelöst –
versuchten nur halbherzig zu vermitteln. […]
Den Harlinern auf beiden Seiten wurde freie Hand
gelassen, sich zwei Tage lang in den Straßen eine militärische
Auseinandersetzung zu liefern, die als schlimmste Kämpfe in die Geschichte
Kinshasas eingehen. Auch wenn offizielle Zahlen nicht verfügbar sind, so wurden
wahrscheinlich 400 Soldaten und Zivilisten getötet und 250 verletzt.
Bembas erzwungenes Exil ist zusammen mit der
Unterdrückung seiner Mililtanten das offensichtlichste Beispiel für das
demokratische Versagen des Friedensprozesses. Bemba hat natürlich aktiv an
seinem Schicksal mitgewirkt und er ist nicht der einzige führende Oppositionelle,
aber er hat 42 % der Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen bekommen, seine
Niederlage eingestanden und versprochen, die demokratische Opposition
anzuführen - drei Gründe, weshalb mehr Anstrengungen hätten unternommen werden
sollen, um diese Wende zu verhindern. Der Kongo muß inzwischen Demokratie und
die Stärkung von Recht und Gesetz ohne eine kräftige Oppositionsbewegung
aufbauen.
Die Opposition, beraubt ihres Protagonisten
Bemba, ist nicht mehr in einer Position, ihre Gegenmachts-Rolle zu erfüllen und
bietet wahrscheinlich jetzt bloß eine demokratische Kulisse in den
Institutionen. In ihren Reihen macht sich weitherum Enttäuschung breit und das
Vertrauen in das demokratische System hat einige ernstliche Kratzer bekommen.
Im Osten des Landes bleiben immer noch etwa
14.000 bis 18.000 Milizen außerhalb der Regierungskontrolle in mindestens sechs
verschiedenen bewaffneten Gruppen, die sich regelmäßig mit der nationalen Armee
und der MONUC Kämpfe liefern und Hunderttausende von Zivilisten in die Flucht
jagen.
Die beiden
Kivus
Zu General Nkunda: Sein eigenes Schicksal und
das seiner Offiziere wurde gar nichts gesagt: er hat um eine höhere Position in
der nationalen Armee gebeten, schlug ein Kommando im Kivu[18]
vor. Jedoch sieht die Regierung Integration[19]
als etwas rein militärisches und hat sich in keiner Weise politisch mit Nkunda.[20]
auseinandergesetzt. Da es nie einen offiziellen Vermittler gab und das Abkommen
von Kigali vage und mündlich war, bestehen die Gegensätze nach wie vor.
Der
Zorn ist dadurch gefährlicher, daß er durch den Mißbrauch von Zwang durch den
Sicherheitsdienst angeheizt wird,
insbesondere durch die völlige Straflosigkeit der Präsidentengarde, welche für
sich genommen der größte Unsicherheitsfaktor in der Hauptstadt geworden ist,
was zu Selbstverteidiungsgruppen geführt hat, welche in einigen
einwohnerstarken Vierteln nachts patrouillieren, um den Verwüstungen durch
Kabila’s meist Kisuaheli-sprechenden Truppen etwas entgegenhalten zu können. […]
Die
Situation hängt auch mit einem gewissen internationalen Desinteresse an
Investitionen im Westen zusammen. Geldgeber bleiben auf den Osten konzentriert,
aber ohne weitere Geldzuflüsse, wird sich der gefährliche Zerfall in den
westlichen Provinzen fortsetzen.
Der
Druck könnte besonders im September 2007 besonders angespannt werden, wenn es
Gizenga nicht gelingt, die Angestellten im öffentlichen Dienst zu bezahlen, so
wie dies in der großzügigen “Mbudi Zahlungsvereinbarung” in Aussicht gestellt
wurde, das von der Regierung und den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes
am 12. Februar 2004 unterzeichnet, aber nie umgesetzt wurde[21].
Die
herausragende Herausforderung für den Präsidenten besteht darin, seinen Sieg zu
handhaben und das Land in Richtung Frieden und Wiederaufbau zu führen. Dies
verlangt das beim Übergang Erreichte zu nutzen und die verschobenen Reformen
auf die Tagesordnung zu setzen. Jedoch kann der Kongo nicht wiederaufgebaut
werden und nachhaltige Stabilität erzielen durch Einschüchterung, Unterdrückung
und Korruption. Das Blutbad bei den Matadi-Demonstrationen im Januar, die
Konfrontation in Kinshasa am 27. März und der umfangreiche Einsatz von
Bestechungsgeldern, bei der Wahl der Gouverneure zeigten, daß der bevorzugte
Kurs der Regierung politische und militärische Herrschaft, nicht Vermittlung
und Kompromiß ist, welche die Kennzeichen von Friedenschaffen und demokratischen
Regierens wären. Ungeschicktes Vorgehen im Parlament oder der Gebrauch von
übermäßiger militärischer Gewalt, um den Aufstand Nkundas im Nord-Kivu zu
beenden, könnten leicht zu Rückschlägen führen und einige Erfolge des
Friedensprozesses, mit katastrophalen humanitären Folgen für die Bevölkerung,
gefährden. Wenn die Staatsautorität wieder hergestellt ist, benötigt die neue
Regierung eine festgefügte Reformagenda innerhalb einer friedensfördernden
politischen Strategie.
[…]
Die Reformen müssen institutionalisiert werden: Gerichte, Gesetzgeber, die
Presse und die Kontrolle der Finanzen benötigen eine Stärkung.
Patronage-Netzwerke müssen isoliert werden. Das Parlament muß als erste Adresse
für Konfliktverhütung und Schaffung von Frieden genutzt werden. Sowohl die
Justiz als auch die Verwaltung müssen von ständiger politischer Einflußnahme
befreit werden.
Die
juristischen Reformen, die von der Regierung vorgeschlagen wurden, schließen
keine wichtigen Änderungen mit ein, die von der Verfassung inspiriert sind:
Ersatz des Obersten Gerichtshofes durch einen Verfassungsgerichtshof, einen
Staatsrat und ein Oberstes Appellationsgericht, wie auch die Rationalisierung
des Gerichtswesens, Stärkung der juristischen Unabhängigkeit, indem das oberste
Richtergremium dazu ermächtigt wird, Richter zu benennen, zu fördern und zu
bestrafen und die Begrenzung politischer Einflußnahme auf die
Gerichtsangelegenheiten durch eine ständige juristische Kommission in dem
nationalen und den provinziellen Parlamenten, um die Arbeit des obersten
Richtergremiums zu überwachen.[22]
Dezentralisierung
könnte in erheblichem Umfang Konfliktlösungen und die Verantwortlichkeit
fördern, indem die Entfernungen zwischen den Entscheidungsträgern und den
Bürgern verringert werden, indem Verantwortlichkeit gefördert würde, ebenso die
Stärkung einer Kultur des Dialoges und der Zusammenarbeit zwischen der
Zentralregierung und den Provinzen. Wenn sie jedoch nicht richtig eingeführt
ist, könnte Dezentralisierung auch die Tore für unkontrollierte
Regierungsausgaben öffnen, Korruption ausweiten und wachsende Spannungen über
Geldmittel sowohl auf nationaler als auch auf lokaler Ebene hervorrufen,
eventuell würde die Wiederherstellung der Staatsautorität im gesamten Land
gefährdet. […]
Ohne
ein geeignetes System von Verantwortlichkeit, ist sehr wahrscheinlich, daß
Dezentralisierung eine andere “Legehenne” für korrupte Bürokratie schafft, die
Probleme der Zentralregierung exportiert auf die lokale Ebene ohne positive
Verbesserungen vor Ort herzustellen. […]
Die
Situation könnte noch unbeständiger und ungleicher im Zeitraum von zwei Jahren
werden, wenn die elf Provinzen auf 26 geändert werden. Die Steuerfestsetzung an
der Quelle wird sehr sorgfältig einzuführen sein, mit Beratung und Hilfe durch
nationale und internationale Fachleute. […]
Die
Fähigkeit des Kongos, einer weiteren ernsten Krise zu entkommen hängt davon ab,
was für ein Grund für den wirtschaftlichen Aufstieg gelegt wird.
Der
Kongo ist ein zerstörtes Land, doch seine natürlichen Reichtümer, wenn sie denn
richtig verwaltet werden, könnten der Motor für einen rasche, wirtschaftliche
Erholung werden. Anders als 1990 ist heute die internationale Nachfrage nach
Rohstoffen dynamisch und die Investoren sind begierig darauf versessen, Zugang
zu seinen gewaltigen Reserven zu bekommen. Unglücklicherweise ist die Kapazität
des Kongos, von diesem neuen Interesse Vorteile zu ziehen, begrenzt. Vor und
während des Übergangs unterzeichneten die Behörden – ohne jegliche
Öffentlichkeit – Bergwerks- und Abholzungsverträge, die den Staat um Milliarden
Dollar an Einnahmen berauben. Zahlreiche nationale und internationale Berichte
haben die Fehler in diesen Verträgen dokumentiert, besonders im
Bergwerksbereich[23].
Am
Anfang schien die Regierung nicht besonders an einer Diskussion dieser
Konzessionen interessiert zu sein. Einige Berater von Premierminister Gizenga
fürchteten, eine Debatte könnte Investoren entmutigen. Andere fürchteten
politische Konsequenzen in Anbetracht der Tatsache, daß die wichtigsten Berater
von Präsident Kabila mit den meisten dieser Abkommen zu tun hatten und daß er
von vielen ausländischen Investoren[24]
gestützt worden war, weil er u.a. als Garant dieser Verträge angesehen wurde[25].
Inzwischen
hat sich die Situation geändert und mehr und mehr Staatsbeamte und
Parlamentarier, einschließlich innerhalb der Regierungskoalition, sehen diese
Verträge kritisch. […]
Geber
wie die USA, Belgien, Südafrika, Kanada, China und Frankreich, die sich
manchmal dazu gebrauchen ließen, diese Verträge abzusichern, sollten den
Prozess unterstützen, der ihre Aufrufe zu Verantwortlichkeit, Transparenz und
guter Regierungsführung glaubwürdiger machen würde und auch das Geschäftsklima
verbesserte. Mittelfristig sind mehr Anstrengungen nötig, um in diesen strategischen
Sektor wieder eine Ordnung zu bringen. Die Verträge gewähren Schürfkonzessionen
und Zahlungen zwischen Privatfirmen und der Regierung und sollten in
Übereinstimmung mit der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI).[26]
beurteilt werden. Zahlung sollten öffentlich gemacht werden, sowohl im
Bergwerks- als auch im Forstbereich. Das sollte für Börsennotierungen gefordert
werden, für Exportkredite und Darlehen von internationalen Finanzinstitutionen.
Kontrollmechanismen müssen gestärkt werden, damit faire Bedingungen in neuen
Verträgen und in bestehenden Verträgen Übereinstimmung mit ökologischen,
finanziellen und sozialen Verpflichtungen gewährleistet sind.
Die
Geber sollten Fachleute finanzieren, welche bei der parlamentarischen
Überwachung des Rohstoffsektors helfen. Die Regierung sollte auch
internationale NRO’s zur Begutachtung engagieren und für unabhängige Beachtung
monitoring.[27]
Dem Vorschlag des stellv. Präsidenten der Nationalversammlung, Christophe
Lutundula,[28]
sollte Beachtung geschenkt werden, eine ständige nationale Rohstoffüberwachungsstelle
einzurichten mit umfangreichen Kompetenzen zu kontrollieren, zu berichten und
zu regulieren. […]
[…] Während die Reform des
Sicherheitsbereiches weitere Fortschritte machen muß, ist von entscheidender
Bedeutung, lokale Friedensinitiativen auf den Weg zu bringen, die umfassend von
diplomatischen, finanziellen, polizeilichen und politischen Maßnahmen begleitet
werden und die provinziellen Institutionen mit einbeziehen. Zu den zentralen
Komponenten von Aktionsplänen sollte gehören, lokale Unterstützung zur Lösung
von Problemen wie Straflosigkeit und Versöhnung zu bekommen.
Den
Sicherheitskräften fehlen Mittel, Ausrüstung und Ausbildung. Mit Ausnahme
einiger weniger ausgewählter Einheiten sind ihre Einsatzmöglichkeiten äußerst
dürftig[29]
und sie sind in wachsendem Ausmaß eine Bedrohung für die lokale Bevölkerung
geworden, die von ihnen eigentlich beschützt werden soll. Dies hat z.T. mit
unzulänglichen finanziellen Mitteln zu tun, aber auch mit dem Fehlen richtiger
Führung. Außerdem haben ernsthafte strukturelle und institutionelle Probleme
auch ihren Beitrag zu Ineffizienz, Korruption und Mißbrauch geleistet. Außerdem
sind Seilschaften und parallele Kommandostrukturen eingedrungen und
unterminieren ihre Wirksamkeit. Jeder Reformversuch muß sowohl politisch als
auch technisch unternommen werden. […]
Doch
im Grunde bedeutet eine Änderung mehr als der Austausch korrupter durch
erfahrene und ehrliche Offiziere. […]
Eine
parlamentarische Debatte sollte ein erster Schritt der Reform sowohl von
Polizei als auch von FARDC gelten. […]
Man
sollte über eine erheblich intensivere Beanspruchung der Streitkräfte
nachdenken und über die Integration des verbleibenden Personals in die reguläre
Armee. abgeraten werden sollte von der Idee, diese in die Polizei zu
integrieren, weil dies zu einer Militarisierung dieser Einheiten führte und die
derzeitigen Anstrengungen untergrübe, ihnen Respekt vor Menschenrechten und
demokratischen Werten zu vermitteln. Stattdessen könnten ehemalige Mitglieder
der Präsidentengarde zur Verstärkung der Einsatzkräfte der FARDC benutzt
werden. […]
Gleichzeitig
sollte die Regierung das Parlament auffordern, Gesetze zur Rationalisierung der
Armeestruktur zu erlassen und sie von der Politik fernzuhalten.[30]
Die Verteidigungs- und Sicherheitskommission des Parlaments sollte besser
ausgestattet werden und technisches Personal bekommen, um jährliche Überprüfungen
durchzuführen. Der Generalinspektor, der die innere Revision der Armee innehat,
sollte finanziell ausreichend ausgestattet werden und unabhängig sein, um
Unterschlagungs-Schiebereien anzupacken. Der Verteidigungsminister sollte einen
Ombudsmann ernennen, der Klagen von Menschenrechtsverletzungen aufnimmt und die
Militärgerichtsbarkeit drängt sich (sozusagen) besser zu benehmen.
Mißbrauch
wurde Teil der Polizei- und Armee(un)kultur, weitherum möglich durch
Verantwortungslosigkeit. Trotz überhandnehmender Menschenrechtsverletzungen
gibt es nur wenige Untersuchungen - und fast keine einzige oberhalb des Rangs
eines Hauptmanns, weil die meisten höheren Offiziere durch die obersten
Kommandeure geschützt werden, die oft Komplizen bei Unterschlagungs-Schiebereien
sind.
Angesichts
der weiten Verbreitung von Mißbräuchen während des Krieges, bei denen oft
Offiziere, die auch heute in verantwortlichen Positionen sind, beteiligt waren,
könnten allzu gründliche Untersuchungen das Land destabilisieren. Man muß einen
Ausgleich zwischen Zweckdienlichkeit und Gerechtigkeit schaffen, der dennoch
weitere Veletzungen verhindert. Für Polizei und Armee sollte ein Sicherheitsüberprüfungsprogramm
eingeführt werden, um jene Offiziere herauszufinden, deren
Menschenrechtsverletzungen allgemein aktenkundig sind[31].
Leider sind die Aussichten für solch eine Armeereform
nicht gut: In den letzten drei Monaten haben Präsident Kabila, Verteidigungsminister
Chikez und Innenminister Numbi ihre Opposition gegen jede multilaterale
Bemühung und Zusammenarbeit zur Unterstützung einer Armeereform zum Ausdruck
gebracht. […]
Kennzeichnend ist die Berufung von General Olenga zum
Armee-Inspekteur, dessen Ansehen durch seine Beteiligung bei vielen Waffengeschäften
sowohl von Präsident Kabila als auch bei dessen Vater beschädigt ist. […]
Um
lokale Konflikte zu lösen, benötigt die Regierung die Entwicklung umfassender politischer Strategien für jede
betroffene Provinz (Nord- und Süd-Kivu, Oriental, Katanga). Unter
Berücksichtigung von Entwicklungen in jüngster Zeit, sollte dem Kivu Vorrang
gegeben werden. Diese politische Annäherung sollte nicht auf die Integration
oder Entwaffnung von bewaffneten Gruppen begrenzt werden, sondern sollte sich
darauf konzentrieren, die Ursachen der Konflikte anzupacken und sich besonders
mit regionalen Beziehungen befassen, mit Landverteilungen, Ausbeutung von
Bodenschätzen und Versöhnung zwischen Gemeinschaften. Die Behörden sollten
akzeptieren, daß es keine militärische Lösung für die Kivu-Provinzen gibt und
Vorbereitungen für riskante bewaffnete Konfrontationen mit Nkunda einstellen.
[…]
Nkundas
persönliche Zukunft sollte kein Hindernis für die Stabilisierung sein und
jenseits der Politik behandelt werden. Die Regierung könnte, z.B. die Situation
in den beiden Kivuprovinzen dem Internationalen Strafgerichtshof vorlegen, oder
der Staatsanwalt könnte seine eigenen Untersuchungen anstellen. Auf jeden Fall
sollte die Regierung den Internationalen Strafgerichtshof einbeziehen, wenn sie
den Beweis erbringen kann, daß Nkunda - oder andere - Greueltaten begangen hat
– etwa Vergewaltigung als Kriegsmittel. Der Staatsanwalt könnte dann eine
unparteiische Untersuchung aller Untaten, die in den letzten Jahren in den
Kivuprovinzen begangen wurden, und Verfahren gegen die meisten Täter, die dafür
verantwortlich sind, einleiten. Eine Untersuchung des Internationalen
Strafgerichtshofes würde Nkunda politisch neutralisieren und ihn zu einem
internationalen Pariah machen, wie die Führer der Lord Resistance Army in
Uganda. Gleichzeitig würde der Internationale Strafgerichtshof ihm und seinen
Leuten ein faires Verfahren garantieren. Dies würde auch Druck auf die MONUC,
auf Ruanda und Südafrika ausüben, internationale Untersuchungen und evtl.
Inhaftierungen zu unterstützen.
Gleichzeitig
sollte die Regierung die Neutralisierung ausländischer bewaffneter Gruppen auf
ihrem Territorium betreiben, indem sie sich aktiv bilateral mit Ruanda, Uganda
und Burundi engagiert und maximalen Gebrauch des Rahmens der internationalen
Kooperation macht, der mit internationaler Unterstützung geschaffen wurde. Der
Dreiseitige-Plus-Mechanismus, der von den USA geschaffen und unterstützt wurde,
ist besonders nützlich zur Verbesserung der Beziehungen mit Ruanda gewesen.
Dieser hat te den Krieg der Worte beendet und die Beteiligten zu einer
Kooperation gezwungen, um die gegenseitigen Sicherheitsangelegenheiten zur
Sprache zu bringen. Solche Anstrengungen sollten dauerhaften Charakter bekommen
und vertieft werden, durch die Wiedereröffnung von Botschaften, die Einrichtung
gemeinsamer Einsatz-Mechanismen für Grenzpatrouillen und den Austausch von
Geheimdienstinformationen über Bewegungen der FDLR. Ein ähnlicher Mechanismus
sollte zwischen dem Kongo, Uganda und
dem Sudan geschaffen werden, mit Unterstützung der USA und
Großbritanniens und in Zusammenarbeit mit MONUC und der UN Mission im Sudan
(UNMIS), um die Probleme mit der Lord Resistance Army auf diplomatischer Ebene
zu behandeln, auf gemeinsamer Planungsebene und bei koordinierten
Einsätzen.
Es
gibt wachsenden internationalen Pessimismus, was den Kongo anbetrifft, doch ist
die internationale Gemeinschaft in großem Ausmaß lediglich mit den Konsequenzen
ihres eigenen Mangels an Beständigkeit während der Übergangsperiode
konfrontiert. Seinerzeit wurde kein geeigneter Rahmen für den Umgang mit den
Problemen nach den Wahlen verhandelt. Jetzt ist wichtig, eine neue und anspruchsvolle
Partnerschaft zu begründen, die bei der Konsolidierung des Friedens vermitteln
und helfen kann.
Während
der Übergangszeit hat die internationale Gemeinschaft vor allem den
Wahlvorbereitungen entscheidende Unterstützung gewährt, doch versagte dies an
zwei Stellen: erstens, wurde kein Freiraum für eine politische Alternative zu
den Kampfhähnen Kabila und Bemba geschaffen, zweitens wurde keine Änderung im
Regierungssystem ausgehandelt. Man hat argumentiert, daß diese Aufgaben nach
den Wahlen vorangebracht werden sollten, nicht durch Druck, sondern durch Verhandlungen
und Überzeugung und mit Kabila’s direkter Unterstützung.[32]
Einige Europäer und das Sekretariat der UNO-Blauhelme (DPKO) versuchten
vergeblich einen Koordinationsmechanismus für die Zeit nach den Wahlen zu
schaffen, der CIAT hätte ersetzen können und um ein Forum für internationale
politische Beratung zu erhalten, damit anstehende Angelegenheiten des
Friedensprozesses geregelt werden können.
Trotz
Empfehlungen von verschieden Expertengruppen,[33]
Nachkriegsländer während der ersten Jahre, nach dem Übergang, weiter zu
unterstützen und zwar nicht allein mit Blauhelmsoldaten, sondern auch mit einem
starken politischen Beobachtungsmechanismus, entschied sich die internationale
Gemeinschaft dafür, ihr Engagement auf eine umgestaltete MONUC zu begrenzen –
mit einem hauptsächlich Schwerpunkt auf die Sicherheitsangelegenheiten und
einem Minimum an Einfluß auf die politischen Angelegenheiten und die Einhaltung
der Menschenrechte – und man verlor den beratenden Rahmen (“Country Assistance
Framework”, CAF). Das CAF war 2006 von einer Gruppe von Geldgebern,
einschließlich der UNO, der Weltbank, der EU, Belgien, Großbritannien, USA,
Deutschland und Frankreich eingerichtet worden, um fünf Ziele, die als “Säulen”
identifiziert worden waren, zu erreichen: gute Regierungsführung, Wachstum für
die Armen, verbesserter Zugang zu Sozialdiensten, Aids-Vorsorge bzw. Behandlung
und Bewegung auf der kommunalen Ebene, mit festen Bezugspunkten auf dem Weg des
Fortschritts und der Information von Gebern. Regierungsreformen wurden in der
ersten Säule angesprochen und eine detailliertere “Regierungsvereinbarung”, die
solche Herausforderungen wie Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen,
öffentliche Verwaltung, Reform des Sicherheitssektors, Transparenz und
Verantwortlichkeit berücksichtigt.
In
den ersten Monaten von Kabilas Amtszeit und trotz anfänglicher Bemerkungen, die
sich über den vermeintlich patronisierenden Ton der CIAT und ihrer europäischer
Botschafter lustig machten, schien das allgemeine Muster zu stimmen. Das Mandat
der MONUC wurde bei derselben Truppenstärke ausgedehnt[34].
Am 22. Februar 2007 lieferte Premierminister Gizenga seinen eigenen
“Regierungsvertrag” vor dem Parlament ab und gleichzeitig sein
Regierungsprogramm. Auf der Grundlage des Papieres zur Armutsbekämpfung und der
Wachstumsstrategie (PRSP), das im Juli 2006 von der Regierung verabschiedet
worden war, nahm er Wort für Wort die meisten Reformen auf, die in dem Papier
der Geldgeber empfohlen worden waren und dies schien ein bedeutender Weg nach
vorne zu sein. Doch mit der Lähmung der Regierung, mit Kabila’s Mangel an
Kooperation, mit der Gewalt in Kinshasa und den neuen Spannungen in den beiden
Kivus wurden alle Illusionen rasch zunichte gemacht.
Der
Mangel an Kooperation von Kabila für einen ständigen Dialog zu politischen
Angelegenheiten und Beendigung politischer Reformen war vorhersehbar. Sein
Bestehen darauf, daß die Geldgeber sich mehr auf Entwicklungshilfe beschränken
sollten, als auf politische Angelegenheiten,[35]
wird in der Region weithin geteilt. Es spiegelt den Wunsch nach Unabhängigkeit
wider und anti-westliche Vorbehalte, die tief sitzen und dies ist auch wichtig
für seine Autorität gegenüber den Hardlinern in seinem Umfeld und um
Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung aufzubauen. Fixe Ideen über ausländische
Einflußnahme und ambivalente Beziehungen mit dem Westen haben sich seit der
Ermordung von Patrice Lumumba, kurz nach der Unabhängigkeit, in dem Land
regelmäßig wiederholt. Länder wie Südafrika, Angola und China unterstützen
diesen Standpunkt als willkommenen Versuch, Kongos Souveränität aufs neue zu
behaupten. […]
Frankreich
und die Vereinigten Staaten, obwohl Fürsprecher von Regierungsreformen, haben
sich eines niedrigen Profils befleißigt, in der Hoffnung, ihre besonderen
Beziehungen zum Präsidenten zu bewahren. Die EU und einige ihrer Mitglieder wie
Belgien, Großbritannien, Deutschland und Spanien sind die einzigen gewesen, die
ihre Besorgnisse offen ausgesprochen haben, besonders nach den
Gewalttätigkeiten in Kinshasa,[36] aber
ihre Feststellungen wurden von Kabila[37]
mit Geringschätzung bedacht und hatten keinen ernsthaften Einfluß.[38]
[…]
In
einem Versuch, die ursprüngliche Ablehnung der Vereinigten Staaten,
Großbritanniens und Südafrikas für einen CIAT-Ersatz zu überwinden hat der
Sicherheitsrat die wichtigsten Partner des Kongos ermutigt, ein “wirksames
Verfahren für regelmäßige Konsultationen einzurichten, das einen politischen
Dialog fördert mit dem Ziel eines größeren gegenseitigen Verständnisses der
wichtigsten Partner untereinander für die Ziele und Initiativen der Regierung,
sowie die Fortsetzung des internationalen Einsatzes und abgestimmte
Anstrengungen der internationalen Partner des Landes um Krisen zu verhüten oder
ihnen zu begegnen”.[39]
[…]
Dennoch,
diese letzten Versuche, einen neuen Beobachtungs-Mechanismus zur Festigung des
Friedens einzurichten, werden wahrscheinlich nicht die allgemeine Haltung des
Präsidenten ändern, besonders hinsichtlich einer Reform des Sicherheitsbereichs,
der Planungen für militärische Einsätze im Osten oder sogar die Vorbereitung
von lokalen Wahlen.
Anfang
Juni sandte Kinshasa klare Signale, daß die Kontaktgruppe für die Reform des
Sicherheitsbereichs zu ihrem Runden Tisch im September nach Kinshasa[40] einladen
wollte. Dies sollte eine Gelegenheit sein für die Einrichtung umfassender
Programme, wie jenes der EU zur Sicherheit ( EUSEC und möglicherweise EUPOL)[41]
und eine Rückkehr zur bilateralen Zusammenarbeit bieten, möglicherweise jedoch
ohne größeren Erfolg bei der Stärkung der parlamentarischen Kontrolle, der
Reform der Präsidentengarde oder bei der Einrichtung einer
Sicherheitsüberprüfung.[42]
Die Regierung hat auch das jährliche Treffen der Konsultativgruppe verschoben,
welches für Juli in Paris geplant war. [43] […]
Eine
neue Formel wurde gefunden: Kongo’s Souveränität sollte respektiert werden, die
internationale Gemeinschaft kann sich gegenüber gewählten Institutionen nicht
genauso verhalten wie sie das mit den kriegerischeren Unterzeichnern des Friedens-Abkommens
pflegte. […]
Die
Regierung benötigt die Hilfe der MONUC, um den Osten zu kontrollieren. Die
Geber sollten nicht 1 Mrd. $ im Jahr für die Blauhelme zu zahlen haben, welche
die Trümmer unverantwortlicher Politik wegräumen müssen. Die Regierung muß den
politischen Rahmen für eine neue Partnerschaft akzeptieren und vor allem die
Stärkung der Demokratie und der Sicherheitsangelegenheiten in Angriff nehmen
(Reform, Beendigung lokaler Konflikte und Umgang mit ausländischen bewaffneten
Gruppen), wenn sie möchte, daß die MONUC weiterhin als wichtigster Lieferant
von Sicherheit in den beiden Kivus auftritt und im übrigen von der
internationalen Unterstützung profitieren will. Ansonsten gibt es keinen Grund,
die internationale Unterstützung aufrechtzuerhalten. Souveränität begründet
sich darin, daß den eigenen Bürgern, den Nachbarn und der internationalen
Gemeinschaft gegenüber die wichtigsten
Verantwortungen wahrgenommen werden, doch bis jetzt ist die Regierung noch
nicht in der Lage dies zu erfüllen. […]
Schlußfolgerung
Mehr als sechs Monate nach der Amtseinführung von
Präsident Kabila ist die Lage im Kongo alles andere als beruhigend. Kabila kam
zwar aus der Übergangsperiode gestärkt heraus, doch ist ihm der erhoffte
Erdrutschsieg nicht gelungen. Unter der Last einer überwältigenden und
fragmentierte Mehrheit, hat er bisher noch keine wesentlichen Reformen auf den
Weg gebracht und es gab auch keinerlei Fortschritt bei der nationalen
Versöhnung. Stattdessen hat sich in den letzten Monaten die rapide Lähmung des
Staatsapparates gezeigt und ein betrüblicher Mangel an Kommunikation zwischen
Zentralregierung, Provinzbehörden und der allgemeinen Bevölkerung. Der
demokratische Charakter der aufstrebenden Institutionen ist durch das schnelle
Eingreifen gegen Kabila’s Hauptrivalen bei den Präsidentschaftswahlen,
Jean-Pierre Bemba, der ins Exil fliehen mußte, ernsthaft unterhöhlt worden.
Trotz beruhingender Konzessionen kürzlich, besonders hinsichtlich der Rechte
für die Opposition, ist das Problem, mit welchem man bei Bembas Rückkehr
konfrontiert ist, noch nicht gelöst worden.
Wenig Fortschritt wurde auch bei der Verbesserung der
Sicherheit gemacht. Große Teile des Landes bleiben ein rechtloser Raum. Durch
das Fehlen eines Friedensplans und umfassender Reformen der Sicherheitskräfte,
ist kein baldiger Fortschritt in Sicht. In den beiden Kivus sind die
Konsequenzen bereits klar: die unausgereifte Initiative der militärischen
Integration und ein völliger Mangel an Kommunikation mit den lokalen Behörden
und der Bevölkerung, haben erschreckende Konfusion verursacht, sowie das Risiko
eines erneuten offenen Konfliktes. In anderen westlichen Provinzen hat der
unangemessene Einsatz von Gewalt, wie im Unteren Kongo gegen die BDK,
höchstwahrscheinlich weitere Zurückhaltung von Bürgern verursacht, die ohnehin
von ihren gegenwärtigen Führern nicht besonders überzeugt sind.
Wirklich dringend ist die Beendigung der
Kriegsvorbereitungen im Osten, sowie die Konsolidierung der Rolle und des
Freiraums der Opposition und des Parlaments und eine baldige Anerkennung der
Fehler der letzten Monate, damit ein Neuanfang gemacht werden kann. Kabila und
Gizenga können dies noch tun, vorausgesetzt, sie erkennen die Notwendigkeit einer
visionären Staatsleitung, welche die demokratische Führung stärkt und die
meisten Reformen in Gemeinschaft mit der Bevölkerung einleitet. Unter
Berücksichtigung der gewaltigen Anstrengungen, die nötig sind, um den Frieden
zu befestigen, sollten sie auch eine neue Haltung der internationalen
Gemeinschaft gegenüber annehmen. Sie sollten anerkennen, daß die Verbesserung
der Sicherheit und die Verankerung der Demokratie in einem Land, in dem die
Verwaltung zusammengebrochen ist, mehr benötigt, als eine stückweise bilaterale
Kooperation. Andererseits und unter Berücksichtigung des Einsatzes, sollte die
internationale Gemeinschaft ihre Spaltungen überwinden und einer neuen
Partnerschaft zustimmen, welche einen umfassenden Plan enthält, Vorkehrungen
für ständige Konsultationen und die
Verantwortlichkeiten regelt.
Kinshasa/Brüssel, 5 Juli
2007
Donnerstag,
12. April 2007
Ein weiterer Nachruf auf unseren Freund Andreas Schillo findet sich auf der Webseite von Pax
Christi: http://www.paxchristi.de/news/kurzmeldungen/one.news.km/index.html?entry=page.news.km.237
Die hier unten angekündigte Veranstaltung mit Erzbischof Monsengwo kann
nun doch nicht stattfinden, weil die Versprechung etwas zu vollmundig gegeben
wurde, ohne sich vorher mit dem Erzbischof abzustimmen, der zwar am 29.4. in
Berlin sein soll, aber von Brüssel aus dazwischen noch einen Abstecher nach
London machen will und so keine Zeit mehr für Bonn hat. Schon gut, daß der Verstorbene
das nicht mehr miterleben muß. Unter seiner Regie wäre das gewiß nicht
passiert!
Ostersonntag,
8. April 2007
Natürlich wurde das Tagebuch nicht vor allem deshalb nicht
weitergeführt, weil keine Nachrichten zu berichten gewesen wären, sondern weil
einige Probleme dies behinderten. Doch heute ist Ostern und der christliche
Glaube, dem immer noch viele verpflichtet sind und der immer noch nicht
unterzukriegen ist, verkündet den Sieg des Lebens über den Tod. Ostern ist also
das Auferstehungsfest per se. Heute
morgen um 5 Uhr ist unser Freund und Mitglied von Dialog International ( und
von Pax Christi, das darf hier nicht verschwiegen werden ) Andreas Schillo im gesegneten Alter von 86 Jahren heimgerufen
worden in das Reich des Heilandes, an den er zeit seines Lebens geglaubt hat.
Andreas war sozusagen bis zur letzten Minute seines Lebens der Friedensarbeit
und der Afrikahilfe verpflichtet. Die letzten Stunden, schon gezeichnet von –
durch Medikamente gelinderten – Schmerzen seiner Krebserkrankung, hat er im
Psalmgebet – und in Meditation über sein Pax-Christi-Friedens-Engagement
verbracht – und jetzt ist dies vollbracht. Für uns ist das Leben von Andreas
und vor allem sein Ende wie ein Wunder. Ein Übergang in die andere Welt am
Ostermorgen. Unglaublich! Und dann, was Andreas noch in den letzten Tagen
vollbracht hatte! Er war aktiv bis zum letzten Atemzug! Die letzten Worte, die
er mir sagte und die ich mir sogar aufgeschrieben hatte, waren: „Ja, das hab’
ich alles noch gemacht!“. Was hat er noch gemacht? Eine Woche vor seinem Tod
konnte ihm der Generalsekretär von Pax Christi International vermelden, daß der
Erzbischof von Kisangani, Monsengwo, endlich, am 28.4.2007 nach Deutschland
kommen könnte zu einer Veranstaltung von Pax Christi in Bonn. Andreas Schillo
lag ihm schon seit Jahren in den Ohren, daß dies geschehen müßte. Er kannte
selbst Monsengwo, den er auf Tagungen erlebt und gesprochen hatte. Monsengwo
spricht gut deutsch, hat er doch hier zum Teil studiert. Und für Andreas war
seit Jahren ein Herzenswunsch, daß Monsengwo nach Deutschland kommen und sich
hier der kongolesischen Diaspora stellen möge. Am 28.4. soll dies soweit sein -
doch nun leider ohne Andreas.
Noch im Januar hatte er innerhalb von 14 Tagen fast 100
Kongolesen in Bonn zu einer Veranstaltung mit Mme. Kasavubu zusammengetrommelt und im letzten Herbst gleich zwei
Veranstaltungen zu Dag Hammarskjöld
in der UNO-Stadt Bonn, die ihm, schon gezeichnet von der Krebserkrankung,
möglich waren. Von 2004-2006 war Andreas noch Vorstandsmitglied von Dialog
International gewesen. Im Dezember verabschiedeten wir ihn auf unserer
Düsseldorfer außerordentlichen Jahresversammlung, als er sein Kassenführungsamt
in jüngere Hände übergab. Mit uns und unseren Mitgliedern verband ihn eine
innige Freundschaft. Hier im Büro hat er fast täglich angerufen und wenn der
Anruf ausblieb, haben wir ihn angerufen. Somit ist schon jetzt eins klar:
Andreas wird uns sehr fehlen. Andreas war durchaus ein Mensch mit eckigen
Kanten und keineswegs „pflegeleicht“. Wenn nötig, hielt er mit seiner Meinung
nicht hinter dem Berg. Seine Urteile waren manchmal durchaus drastisch. Und
sein Gerechtigkeitsempfinden schien unbestechlich. Er konnte die einmal für
richtig erkannten Zusammenhänge kompromißlos bis zum Erfolg durchhalten. Dabei
nahm er nicht selten bereitwillig „Prügel“ (wie er das selbst nannte) auf sich.
Doch bei allem behielt Andreas sein Herz auf dem rechten Fleck. Und das schlug
in den letzten Jahren vor allem für Afrika. 25 Jahre lang hatte er sich vorher
für Frieden, Menschenrechte und Gewaltlosigkeit in Lateinamerika eingesetzt und
als sich dort die Lage entspannte, folgte er seinem Vorbild, Hildegard Goss-Mayr vom Österreichischen Versöhnungsbund, und
begann, in Afrika Friedensarbeit zu fördern. Für Andreas Schillo war dies
zunächst die „Jumelage“ mit den Pax
Christi-Gruppen in Kikwit in Bandundu, nachdem Pax-Christi-Mitglied Thomas
Gerhards von dort nach mehrjährigem Aufenthalt zurückkehrte und dann kam die
Gruppe in Bukavu im Süd-Kivu dazu. Noch in der Karwoche kam aus Bukavu der
Bericht von der „Pax-Christi-Straßenkinder-Schule“
und wir kündigten ihm den Bericht, auf den er so lange gewartet hatte, noch im
Krankenhaus an. Am Gründonnerstag konnte Andreas für einen Tag zurückkehren in
sein geliebtes Heim nach Friesdorf (Bad Godesberg), doch gelang ihm leider
nicht, dem Computer diese Datei zu entlocken, sodaß er jetzt die Früchte seines
Engagements für diese Pax-Christi-Schule in den letzten Tagen seines Lebens
nicht mehr betrachten konnte. Für die Freunde im Kongo war Andreas vor allem
einer der wenigen, die für praktische Fragen ein offenes Ohr hatten und der
immer wieder diskret Hilfsmittel in die Gruppen transferierte. Alle unsere
kongolesischen Gäste waren auch zu Besuch in seinem gastfreundlichen Haus in
Friesdorf. Und im Großraum Bonn lebt wohl kaum ein Afrikaner, für den nicht
irgendwie der Name Andreas Schillo ein Begriff geworden ist. So ist für uns
heute mit diesem Auferstehungsfest Trauer und Abschiednehmen verbunden. Aber
allzuviel Trauer will Andreas sicherlich nicht. Für ihn war schon längst klar,
daß er „in das jenseitige Dorf“ übersiedeln mußte. Viel lieber wäre ihm, wenn
wir jetzt in seinem Sinne die Arbeit fortsetzen würden, die er begonnen hat:
Friedens- und Versöhnungsarbeit mit Afrikanern und für Afrikaner! Sein
Vermächtnis ist also eine Verpflichtung für alle seine vielen Freunde, sein
begonnenes Werk nicht abzubrechen, sondern fortzusetzen. Die letzte größere
Freude seines Lebenswerkes besteht darin, daß der bisherige Generalsekretär von
Pax Christi Deutschland, Reinhard Voss,
ab 2008 bereit ist, über Misereor
direkt in den Ostkongo zu gehen und die dortigen Pax-Christi-Gruppen bei der
Friedensarbeit zu fördern und dadurch seine in vielen Jahren in Deutschland
erworbenen Kenntnisse in den Kongo einzubringen. Dies hat Andreas in den
letzten Wochen seines Lebens noch wirklich etwas glücklich gemacht. „Das habe ich alles noch getan…“
Dienstag,
30. Januar 2007
Heute vor 15 Jahren wurde Dialog
International gegründet. Der Tag war ein normaler Arbeitstag. doch am
Nachmittag saßen Kallé, unser Mitarbeiter, und ich bei Kaffee und Tee eine
Stunde zusammen und erzählten. Wie war das denn damals? Wer hat Dialog International gegründet? Wer war
dabei? Diese Geschichte steht irgendwo anders auf dieser Website. Man kann
einiges dazu sagen, oder eher stille sein. Denn wir sind nicht eine große
Massenorganisation geworden. Die Kongolesen sind nicht alle Mitglieder von Dialog International geworden, sondern
haben auch in der Diaspora das getan, was ihre Brüder in den neunziger Jahren
daheim auch getan haben: Sie haben fleißig neue Vereine gegründet. Hin und wieder
gab die Satzung von Dialog International
das Vorbild ab. Jedenfalls haben wir inzwischen auch in Deutschland eine
Unmenge von kongolesischen Vereinen, die alle einen Präsidenten, einen
Vizepräsidenten usw. usf. haben. Ich will das nicht bewerten und wenn diese
Vereine wirklich das tun, was sie sich vorgenommen haben, dann ist das auch begrüßenswert.
Jedenfalls hatte unser Gründer Prof.
Mbaya seinerzeit noch andere Hoffnungen – und die konnte er auch haben,
denn vor Dialog International gab’s
fast keinen kongolesischen Verein in Deutschland.
Natürlich ist die Frage, ob Diaspora-Kongolesen ihren
Landsleuten in der Heimat helfen können wirklich nicht einfach zu beantworten.
Schon allein aus dem Grund, weil viele Diaspora-Kongolesen nicht gerade auf
Rosen gebettet sind, also selbst nicht in üppigem Reichtum leben und von dem
bißchen, was sie haben, müssen sie oft noch etwas abgeben und regelmäßig
Familienangehörige daheim mit unterstützen, weil dort eben keine
Sozialversicherung mehr einspringt, wenn Not einkehrt – und im Kongo ist schon
eine durchaus erstaunliche Ausnahme, wenn keine Not vorhanden ist. Deshalb hat
sich also Dialog International etwas
anders entwickelt und vielleicht ist das auch gut so. Nicht die Quantität ist
entscheidend, sondern die Qualität.
Wir sind kein Verein von Profis, aber wir machen unsere Erfahrungen
– auch zwischen Afrikanern und Deutschen. Und wir merken oft, daß wir doch aus
ganz unterschiedlichen Kulturkreisen kommen. Und nicht selten ist auch die
Sprache eine Barriere: Wir sagen das gleiche und meinen etwas anderes. Dann
merken wir das und müssen lachen - glücklicherweise. Aber was ist, wenn wir das
nicht merken? Vor allem, was ist schon alles schiefgelaufen, weil sowas gar
nicht bemerkt wurde? Weil alle dachten, ja die Afrikaner sprechen ja englisch oder französisch und die deutschen Entwicklungshelfer auch, also ist
alles paletti. Nein, überhaupt nicht.
Da existieren Studien, daß in manchen Gebieten sogar von den Staatsbeamten die
offizielle Landessprache des einstigen Kolonialherrn nur zu einem Viertel oder
einem Drittel verstanden wird. Wen wundert’s da, daß Entwicklungsprojekte den
Bach runtergehen, wenn die Experten sich gar nicht verstehen, obwohl sie
dieselbe Sprache zu sprechen meinen? Die Entwicklungszusammenarbeit ist
angefüllt mit solchen Geschichten. Nicht alle Länder sind so glücklich dran wie
Ostafrika, wo das relativ einfach zu erlernende kisuaheli die Lingua franca
geworden ist.
Im Kongo wird im allgemeinen von der etwas älteren Generation
noch ein sehr gutes Französisch gesprochen, die Jugend ist oft schon auf Handys angewiesen, die inzwischen von
den Chinesen (glücklicherweise) in kikongo,
tshiluba, lingala oder kisuaheli
konfiguriert sind.
Ja, die Europäer wären gar nicht auf diese Ideen gekommen.
15 Jahre Dialog
International – das sind bisher 23 Kongotage, das waren genau 143 Ausgaben
des Pressespiegel Kongo (der
inzwischen auf dieser Website ein bißchen fortgeführt wird mit dem „Aktuellen Presse-Tagebuch“) mit 50 bis
80 Seiten Monat für Monat und in der aufregenden Zeit der Kabila-Machtübernahme
und einigen anderen spannenden Zeiten auch drei- oder viermal im Monat.
In den 15 Jahren gab’s aber auch eine ganze Reihe von
Entwicklungsprojekten, die glücklicherweise eher mehr als weniger erfolgreich
durchgeführt werden konnten. Gut, wir haben am Anfang Lehrgeld zahlen müssen,
weil wir etwas zu naiv begannen. Hilfsgüter wurden in Kinshasa nicht abgeholt,
weil die Kommunikation noch nicht funktionierte, statt mit Organisationen
dachten wir mit Einzelpersonen kooperieren zu müssen, aber das waren alles
Kleinstprojekte gewesen. Seit wir irgendwann Mitte der neunziger Jahre
beschlossen hatten, nur noch mit gemeinnützigen Organisationen zu kooperieren,
klappte das dann ziemlich gut und eine ganze Menge konnte bewegt werden,
soviel, daß wir im Ostkongo nicht unbekannt blieben. Ein deutscher Freund kam
vor einiger Zeit von Uganda aus in den Kongo und wurde vom Grenzbeamten
beiseite genommen: „Kennen Sie Dialog
International? Können Sie mir die Adresse geben?“ – Der Freund kannte uns
tatsächlich, war aber so perplex, daß er uns verleugnete. In der Tat, je mehr
sich herumsprach, daß da in Düsseldorf ein kleiner Verein sitzt, der vielleicht
im Kongo etwas tun kann, umso mehr Projektanträge wurden hier eingereicht,
soviel, daß inzwischen ein bißchen der Überblick verlorenging und wir nur noch
antworten konnten, daß wir vorläufig nichts tun können, weil das Geld gar nicht
reicht um noch mehr Projekte fördern zu können. Natürlich sind die Hoffnungen
im Kongo groß, daß aus dem hohen Norden ein bißchen Geldregen vorbeikommt. Wer
in Afrika schonmal eine Fernsehsendung angeschaut hat, der weiß ja, wie die
Menschen in Europa leben. Und so möchte man halt überall leben. Nicht immer nur
in einer Hütte, wo der Regen durchkommt und der Ofen sich nach drei Wochen
selbst verbrennt….
So haben wir ganz viel gelernt in diesen Jahren. Und was
haben wir gelernt? Eigentlich nur, daß wir noch viel mehr voneinander lernen
müssen. In diesen 15 Jahren haben wir – Kongolesen und Deutsche – ganz viel
kommuniziert. Wir haben viel gelacht, Tränen sind geflossen beim Lachen, aber
wir haben auch geweint, getrauert, mitgetrauert. Wir haben uns angeschrien,
aber auch aufmerksam angehört. Wir haben nachgedacht, sind aufeinander
zugegangen, haben uns befragt und haben manche Antworten gefunden, an die wir
vorher gar nicht gedacht hatten. Wir haben uns beobachtet und uns zurückgezogen
und sind wieder hervorgekommen. Wir haben mit Staunen und Erschrecken die
jüngere Geschichte des Kongos kennengelernt und Geschichten von Großvätern
gehört, die noch mit Armstümpfen rumlaufen mußten, weil die Kolonialisten die
Hände abgehauen hatten. Aber wir haben auch von Kampagnen für den Kongo gehört,
die zu den ersten erfreulichen Friedenskampagnen gehörten. Und eine Geschichte,
die ich immer wieder erzähle, muß jetzt hier auch noch hin. Leopold II, das Schreckgespenst der „belle epoche“ war durch genau diese
Kampagne schon so denunziert, daß er sagen konnte: Ist der Ruf erstmal ruiniert, lebt sich’s ganz ungeniert – in Nizza
mit einer englischen Edelprostituierten. Und dann kam ein Staatsbesuch in
Berlin und seine Majestät mußte im königlichen Schloß untergebracht werden, das
später die Kommunisten leichtsinnigerweise dem Erdboden gleichmachten und
dessen Wiederaufbau derzeit Hauptthema in der deutschen Hauptstadt ist. Und als
der Gast wieder abgereist war, holte die deutsche Kaiserin doch tatsächlich
einen protestantischen Exorzisten ins Schloß (sowas gab’s damals noch), der die
Zimmer, in denen der Vetter aus Belgien genächtigt hatte, wieder „clean“ machen sollte. Das findet sich
jedenfalls bei Adam Hochschild, in „Schatten
über dem Kongo“, einem rororo-Buch,
das wirklich zur Pflichtlektüre eines jeden Kongofreundes gehören sollte. Und
vielleicht gehört dazu inzwischen sogar auch der derzeitige amerikanische
Präsident, wie Sie in diesem Tagebuch vom 4.Januar 2007 nachlesen können.
Jedenfalls hat der Autor des Buches, Herr Hochschild, seinem Chef danach eine wichtige Lektion
erteilen können….
Freitag,
26. Januar 2007
Fast einen Monat lang hat die „Wahlnacht“ bei Dialog
International gedauert, eine Woche länger als im Kongo letzten
November, aber nun stehen der Sieger der Wahl bei unserer Kongohilfe fest – wer
unseren Weihnachtsrundbrief gelesen hat ( http://www.dialog-international.org/mitteil/mitte35.htm
) weiß schon Bescheid, worum’s hier geht.
Und die Überraschung ist perfekt: Kein Kandidat aus dem
Weihnachtsrundbrief hat das Rennen gemacht, sondern der „Außenseiter“ und das
ist der Waldkindergarten von Innocent, der Marafiki wa Mazingira, der [jungen]
Umweltfreunde.
Wir hatten unsere Förderer gebeten, auf ihrer
Weihnachtsspende das Projekt ihrer Wahl anzugeben und für alle angekündigten
Projekte (Mikrokredite, „Ofenrevolution“,
Kindersoldaten, auch für das Straßenkindermütterprojekt
in Kinshasa) sind Spenden eingegangen, aber Favorit sind die Marafiki mit 1.810 Euro. Hier darf
sicher auch verraten werden, daß die Schüler der Gesamtschule Herten, die für dieses Projekt vor Weihnachten eine
Sammlung durchführten, einen wichtigen Anteil an dem Ergebnis haben. Damit ist
jedenfalls der Betrieb des Kindergartens für die nächsten Monate gesichert, der
nur mit Spendengeldern betrieben wird und bisher keine öffentliche Förderung
bekommt. Ein Bericht über die Eröffnung findet sich etwas versteckt auf unserer
Website http://www.dialog-international.org/projekt/veranst/waldkindergarten.htm
. Inzwischen ist auch schon ein Jahresbericht
der Marafiki
eingetroffen, mit vielen Bildern, der demnächst auf unserer
ehrenamtlich aktualisierten Website zu lesen sein wird. Mit dem Geld, das
inzwischen schon in der Einrichtung am Rande des Kahuzi Biega-Nationalparks
eingetroffen ist, werden zweimal wöchentlich nachmittags 38 Kinder zwischen 7
und 10 Jahren in einem „Naturclub“ betreut, ausschließlich Mädchen, 35 weitere
Mädchen von 6-10 Jahren, die mangels Schulgeld in keine offizielle Schule gehen
können, werden für 5 Stunden vormittags
unterrichtet und 19 Kinder zwischen 3 und 5 Jahre lernen jeden Werktag von 8
bis 12 Uhr in der Umgebung von Katana Natur und Umwelt kennen. 4
Lehrkräfte kümmern sich um die Kinder, darunter ein Diplom-Pädagoge und ein Umweltwissenschaftler.
Ein reguläres Gehalt von umgerechnet 75 Euro im Monat bekommt lediglich der
Diplom-Pädagoge.
Aber auch die anderen Projekte sind zum Teil schon auf den
Weg gebracht worden. In Burhinyi
begann das Kindersoldatenprojekt
Nr.2, als Nachfolgeprojekt des dort schon abgeschlossenen ersten Projektes.
Hier werden wieder junge Schreiner ausgebildet, die im Moment auch bei der
Pflanzung unseres Aufforstungsprojektes mithelfen. In wenigen Jahren können sie
den Wald bewirtschaften, der da entsteht. So werden auch im benachbarten Luhwinja,
wo die neu aufgeforsteten Flächen schon seit über 5 Jahren wachsen und
gedeihen, vormalige Kindersoldaten im Schreinerhandwerk ausgebildet – und bekommen
wie in Burhinyi noch Jungtiere anvertraut, eine Ziege, Hasen oder
Meerschweinchen, um zu lernen verantwortlich mit Lebewesen umzugehen. In
Mushenyi lernen ehemalige Kindersoldaten ein Lederhandwerk. Übrigens werden in
Burhinyi rund 20 junge Mädchen, die auch bei den Soldaten waren, in Schneiderei
ausgebildet. Insgesamt 130 ehemalige Kindersoldaten, 110 Jungs und 20 Mädchen
nehmen an den Programmen teil. Hierfür werden bis Herbst noch weitere Mittel
benötigt, um alles finanzieren zu können.
In Vorbereitung befindet sich das Projekt, welches wir die „Ofenrevolution“
nennen – und auf die wir wenigstens hoffen... In Bushenyi, einer Region Ugandas, hat sie schon stattgefunden. Dort
sind inzwischen über 140.000 Lehm- und
Tonöfen im Einsatz und ersetzen den Drei-Steine-Ofen.
Sie haben dort schon den Holzverbrauch drastisch reduziert. Jetzt wurde uns von
den dortigen Ofenbauern versprochen, im März zwei Leute nach Bukavu zu schicken
und dann dort – das wird möglich sein dank der Spendenmittel von unseren
Förderern - 25 junge Menschen im
Lehmofenbau zu unterrichten. Die Holzsuche verschlingt bei den Frauen immer
mehr Zeit und das Holz wird im Osten des Kivu auch immer knapper. So ist zu
hoffen, daß unsere Maßnahme greift und danach überall solche holzsparende
Lehmöfen gebaut werden. Wir haben ein Modell empfohlen bekommen, welches ohne high-tech auskommt und an die lokale
Situation angepaßt ist.
Was die Mikrokredite anbetrifft, so ist der
Antrag fertig und jetzt müssen wir auf einen Zuschuß aus öffentlichen Mitteln
hoffen, damit das Projekt gelingen kann. Elf verschiedene Frauenorganisationen
sollen Mittel bekommen für einen Mikrokreditfonds, aber auch für Investitionen
in zwei Lederwaren-Werkstätten, in eine Schneiderei, eine Seifensiederei und
eine Kantine, d.h. ein kleines Restaurant. Und dann hoffen wir noch, einen
besonderen Wunsch vieler der Frauen erfüllen zu können: 360 von ihnen sollen an
einer Alphabetisierungskampagne teilnehmen können. Drücken Sie uns
den Daumen, daß wir dafür vom BMZ den benötigten Zuschuss bekommen!
Sonntag,
21. Januar 2007
Die Krokusse blühn schon. Also geht’s. Als Kinder haben wir
manche Entscheidungen per Wiesenblume herbeigeführt: soll hier etwas über die
gestrige Bonner Veranstaltung mit Mme.
Kasavubu geschrieben werden? Ein Blütenblatt ja, das nächste nein, das
dritte ja, das vierte nein, das fünfte ja. Fertig. Also doch. Oder ist das
jetzt zu sehr Einmischung in die inneren (politischen) Angelegenheiten der
Diaspora-Kongolesen?
Also, viele waren gekommen, sehr viele, um in der Kath. Hochschulgemeinde Bonn mit Dr. Karin Müller vom Ökum.Netz Zentralafrika und Mme. Justine Mpoyo Kasavubu eine
Konferenz zum Thema Kongo nach den
Wahlen zu haben. Mme. Kasavubu
ist die Tochter des ersten Staatspräsidenten, damals mit Patrice Lumumba als Premierminister, die miteinander in einen Verfassungsstreit
gerieten. Frau Dr.Müller dagegen kommt gerade von einem zweieinhalbjährigen
Aufenthalt bei der UNO im Kongo zurück, wo sie mithalf, die Bevölkerung auf die
Wahlen vorzubereiten. „Am Anfang wurden
wir mit Steinen beworfen, am Ende waren alle froh, daß wir die Wahlen
organisiert hatten.“ Der Stil der UNO-Berichterstattung ist überall auf der
Welt gleich. Phänomenale Statistiken, Aufstellungen, ein einheitliches
Auftreten. Auch Frau Dr.Müller hat
sich mit der UNO identifiziert und ihre Aufgabe gut gelöst. Aber wußte sie nach
dem Aufenthalt mehr über die Kongolesen als vorher? Natürlich, sie hat viel
gesehen vom Land, sie hat viel erlebt, viele Gespräche gehabt. Aber sie war
hüben (bei der UNO) und die Kongolesen waren drüben (in ihrer Kultur).
Jedenfalls eine interessante Konstellation. Natürlich war gut, all dies zu
hören von einer Mitarbeiterin, die gerade ihren Dienst beendet hat und noch gar
nicht ganz in Deutschland wirklich angekommen ist und so auch nicht genau
wußte, daß vielleicht die Diaspora-Kongolesen auch ein bißchen Bescheid wissen
über das, was während der Wahlen im Kongo vor sich gegangen war….
Mme.
Kasavubu stand natürlich, was Interesse und Fragen anbelangte, etwas
mehr im Mittelpunkt der Konferenz und sie hat eine klare Botschaft: Die Wahlen
sind nicht fair gelaufen, ihr persönlich ist sehr viel Unrecht widerfahren, das
Ergebnis stand von vorneherein fest und jetzt muß sie in der Welt herumreisen
und für diese Wahrheiten zeugen. Doch bei der Frage, was sie dann, wäre sie als
Präsidentin gewählt worden, für Änderungen herbeigeführt hätte, wich sie
verlegen aus. Hatte sie überhaupt ein Programm? Wenn ja, dann war dies schon
lange her, das mit dem Wahlkampf,
jedenfalls mußte sie sich lange erinnern und brauchte sogar noch etwas Nachhilfe
von ihrem Adjutanten, um die Frage zu beantworten. Aber nötig war das nur bei
diesem Thema. Denn ansonsten ist sie bestens bewandert in der Gerüchteküche der
Hauptstadt Kinshasa und beherrscht virtuos alle Nuancen der verschiedenen
Zutaten. Kein Zweifel, sie ist von Kindesbeinen an in der kongolesischen
Politik zu Hause. Doch warum sie nicht für den Senat kandidierte, wie Bemba,
oder gleich für einen Parlamentssitz, um also irgendwie noch die Zukunft ihres
Heimatlandes mitgestalten zu können, wurde nicht klar. Überhaupt ist die
Zukunft nicht die Sache von Mme. Kasavubu. Wenn eins klar wurde, dann das. Für
Mme. Kasavubu ist ihr Name ein Stück von jedem Kongolesen, da ihr Vater der
erste Präsident war und das muß gepflegt werden. So steht sie für die Vergangenheit,
lebt in der Vergangenheit und ihre Zukunft ist das Thema „Vergangenheit“.
Vielleicht ist ihr Unrecht widerfahren und vielleicht muß dies in Ordnung
gebracht werden. Aber die Botschaft an das Volk, oder an die
Diaspora-Kongolesen ist doch wohl nicht das? Was nur kann man für sein Volk
tun? Oder muß das Volk dafür sorgen, daß Mme. Kasavubu Gerechtigkeit widerfährt?
Ihr Auftritt war professionell, fast perfekt - aber mit einem Gesicht aus
Stein. Ganz Afrika ist fröhlich, trotz größter Not, trotz Elend, trotz tiefster
Armut - nicht so Mme.Kasavubu. Hat sie wirklich nichts mehr zu lachen? Könnte
sie nicht wenigstens über das Trauerspiel der kongolesischen Politik lachen?
Das große Erbe, das sie zu verwalten sucht, scheint sehr schwer zu drücken… In
der Tat, wer einmal einen Zipfel von Prominenz ergriffen hat, weiß, welche
Tonnengewichte diesem Zipfel folgen und wie schnell „Normalität“ verloren geht.
Die Frage blieb offen, wie die große Dame der kongolesischen Politik mit dem
historischen Namen Kasavubu denn heute, wenn sie denn will, im Jahre 2007, ihre
Gaben zum Wohle des Volkes einbringen kann, ganz unabhängig davon, ob sie zur
Präsidentin gewählt ist oder nicht? Denn, daß sie gewählt würde, daran hat sie
offensichtlich selber nie geglaubt und infolgedessen vermutlich auch gar nicht
erst wirklich ein Wahlprogramm aufgestellt. Sie fühlte sich jedoch
verpflichtet, ihren schicksalschweren Namen in die aktuelle Kampagne
einzubringen. Solch ein Leben ist eine Bürde - die sie mit vielen Söhnen und
Töchtern berühmter Menschen teilt…
Samstag,
13. Januar 2007
Gestern und heute hatte unser Freund Innocent in Bukavu
seinen Computer- und Internettag gehabt und einige Berichte von den Projekten geschickt,
in denen er mitwirkt. Einige davon werden demnächst auf dieser Website zu lesen
sein. Eine kleine Nachricht nebenbei ist hier wohl schonmal erzählt worden, vor
längerer Zeit, aber jetzt gibt’s eine Fortsetzung. Unser Freund und Mitglied Andreas Schillo hatte Innocent im Juni
letzten Jahres eine Tüte mit Samen von der südamerikanischen Getreidepflanze Quinoa mitgegeben. Die Körner finden
sich hier in Deutschland fast in jedem
Bioladen und landen meist in der Suppe. Nicht so bei dem Biologen Innocent.
Hier stand natürlich sofort die Frage im Vordergrund: Gedeiht Quinoa auch bei
mir zu Hause in Zentralafrika, im Kivu? Und wer Innocent kennt, weiß, was jetzt
kommt: gesagt, getan. Der Samen aus Bonn, der aus dem Hochland der Anden
stammt, wurde sorgsam aufgeteilt unter befreundeten Bauern im Hochland des Kivu
und siehe da, jetzt wächst überall Quinoa. Das letzte Experiment hat einer der
befreundeten Schreiner mitgemacht, der sonst Solarkocher baut. Er hat Quinoa in
Goma im fruchtbaren Vulkanboden ausgesät – und siehe da, schon nach kurzer Zeit
hatten sie 40 cm hohe Pflanzen. Jetzt fand Innocent einen Fachkollegen, der
eine wissenschaftliche Reise nach Südamerika macht und – damit alles schneller
geht - bekam der den Auftrag 2 kg Nachschub mitzubringen. „Nächste Woche kommt er zurück und dann werde ich den Samen an die
Bauern im gesamten Kivu verteilen. Ich möchte sehen, ob das Getreide der
Bevölkerung hilft gegen Armut und Hunger zu kämpfen. Vielen Dank an Andreas
Schillo, der auf die Idee kam, mir den ersten Samen mitzugeben. Ich habe jetzt
von den gereiften Körnern schon gegessen. Ich bin sehr froh, daß ich diese
Pflanze jetzt hier züchten kann.“ Manchmal kostet Entwicklung nur ein Pfund
Körner im Bioladen.
Donnerstag,
4. Januar 2007
Eine der besten (englischsprachigen) Kongo-Webseiten, die
sich im Netz finden ist „Eye on Africa“ und dort wird unter
dem 22.12. auf einen Kommentar hingewiesen, den Adam Hochschild kürzlich in The Los Angeles Times veröffentlicht
hat. Adam Hochschild ist der Autor des wohl bedeutendsten Kongobuches der
Neuzeit: „Schatten über dem Kongo“
(in deutsch bei Rowohlt herausgekommen) Anlaß des Kommentars ist ein Interview
von Präsident George Bush in der Washington Post, wo der Präsident
ganz nebenbei bemerkt, daß er gerade kurz vorher das oben genannte Buch von Hochschild
gelesen habe. Dies nimmt Hochschild dann zum Anlaß, sich seinem präsidialen
Leser als Autor des besagten Buches vorzustellen und ein Lehrstück zum Thema
Kongo hinzulegen, das meisterhafter nicht sein kann. Auf der ganzen Linie vergleicht
Hochschild George Bush und seine Irakpolitik mit Leopold II und seiner
Kongopolitik, in dem Sinne, daß Bush ganz genau so handelt wie Leopold II dies
in vielen Fällen getan habe. Und zum Schluß zählt er dann noch ein halbes Dutzend
Präsidenten auf, die während ihrer Amtszeit ihre Meinung zu wichtigen Fragen
grundlegend geändert haben - und empfiehlt Bush, sich diese Vorgänger zum
Vorbild zu nehmen…. http://dizolele.com/?p=176
Dienstag,
2. Januar 2007
Die Weihnachtspause gestattete die Lektüre einiger Bücher und
Zeitschriften, die sonst lange auf einem hohen Stapel warten müssen und die
jetzt etwas gründlicher gelesen werden konnten.
Ein paar Tage vor Weihnachten kam z.B. die Ausgabe Nr.23-24-2006
der Zeitschrift einsEntwicklungspolitik ( http://www.entwicklungspolitik.org/
), mit der Dialog International durch
eine Kooperation bei der MDG-Karikaturenausstellung
verbunden ist und auch durch eine mehrjährige Zusammenarbeit im Bereich „Medien und Afrika“. Das Heft ist Erhard
Eppler gewidmet, der am 9.12. seinen 80. Geburtstag feiern durfte und
gleichzeitig kann auf 50 Jahre deutsche Entwicklungspolitik
zurückgeblickt werden. Wenn das kein Anlaß ist innezuhalten und Bilanz zu
ziehen! Genau das geschieht auch in dem Heft. Die Beiträge geben einen
lebendigen Einblick in die unterschiedlichen Diskussionsstränge, Probleme und
Visionen der Entwicklungspolitik in dem Zeitraum und ich will hier nicht
verbergen, daß ich mich über diese Themenstellung zunächst eigentlich sehr
gefreut habe. Erhard Eppler, den das Heft „Seiner
Zeit voraus“ sieht, war auch für
mich durchaus fast wie ein Prophet in „seiner
Zeit“ – und das waren immerhin die Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts…
Mit Eppler und seinen Bundeskanzlern Kiesinger und Brandt kam damals
tatsächlich sowas wie eine Aufbruchstimmung ins Land, der kräftig nachgeholfen
wurde durch die Anstöße, welche die – sagen wir – nach-68er-Generation, also
die außerparlamentarische Opposition,
die APO, gab, die dann schließlich Willy Brandt in den „Marsch durch die Institutionen“ nicht
ganz erfolglos einzubinden versuchte. Und als dessen Nachfolger Helmut Schmidt nicht mehr zu seinen Versprechungen,
den Entwicklungshilfeetat zu erhöhen, stand, trat Eppler einfach zurück – und
konnte, so wird in dieser Ausgabe von eins deutlich hervorgehoben, von
Stund’ an sozusagen als „APO-Mann“
fast mehr bewirken als er dies als Minister gekonnt hätte. Jedenfalls gehörte
Eppler nicht zu den Verwaltern, sondern zu den Gestaltern der Politik. Dies ist
ganz klar und wird in dem Heft auch sehr schön herausgearbeitet. Aber das Heft
macht auch die Grenzen klar. Eppler war nunmal ein Mann des Staates und der
staatlichen Entwicklungspolitik, wenn auch mit kirchlichen Wurzeln. Im
Interview macht sich der 80jährige Sorgen um den Staatszerfall in Afrika und
plädiert trotzdem - oder gerade deswegen - für Budgethilfe für afrikanische
Staaten, also genau für das Gift, welches angeblich Heilwirkung haben soll. Und
beim Thema Kongo ist dieser Staatsmann Eppler dann im Interview sogar eher von
seinen guten Geistern verlassen, wenn er verkündet: „Wo der Staat völlig zusammenbricht, wie z.B. in der Demokratischen
Republik Kongo, ist Entwicklung abzuschreiben, wie auch immer man sie
definiert. Die Opfer sind dabei immer die Schwächsten. Im Kongo waren es vor
allem die Frauen und die Kinder. Das ist auch in anderen Gebieten so.“ Aber
- dies muß man dem Vordenker deutscher Entwicklungspolitik hier entgegenhalten
- genau diese Haltung führte gar nicht weiter. Jawohl, beim Staatsverfall ist
der Staat am Ende. Der Kongo aber noch lange nicht. Die Kongolesen selbst
hatten die Entwicklung ihres Landes nicht abgeschrieben. Sie haben sich
meisterhaft in einer Zivilgesellschaft
organisiert und eine Unmenge Vereine und Organisationen gegründet, wahrscheinlich
mehr als in allen übrigen afrikanischen Ländern zusammengenommen, die sich um
die Entwicklung ihres Landes kümmerten. Und die deutsche staatliche
Entwicklungszusammenarbeit hat dies gar nicht oder erst sehr spät und sehr marginal
als Chance entdeckt – weil man dort mit dem dicken Geld immer und überall auf
die staatliche Zusammenarbeit fixiert ist. Und das etatistische Denken der Sozialdemokratie
hat hier leider auch keine Alternativen parat. Man war noch nicht einmal auf
Demokratie im Kongo vorbereitet. Ich erinnere mich noch gut, daß der Gründer
von Dialog International, Prof.
Mbaya, der sich zu Beginn der Demokratisierung im Kongo und zu den Zeiten der
Nationalkonferenz entschlossen hatte, einer demokratischen Partei vorzustehen,
die immerhin einige sozialdemokratische Traditionen aufgreifen wollte, damals
in Bonn praktisch nur verschlossene Türen vorfand und allenfalls zu hören bekam,
daß doch im Kongo soooo viele Parteien seien. Man machte sich gar nicht die
Mühe, die Spreu vom Weizen zu unterscheiden und als Jahre später Prof. Mbaya
selbst Minister in der Regierung Kabila war und dann nur begrenztes Interesse
für eine deutsche, teils sozialdemokratische Delegation aufbrachte, wunderte
man sich darüber, daß er nicht stundenlang Zeit für die Besucher hatte.
Doch worüber habe ich mich bei dem Heft von einsEntwicklungspolitik
am meisten gewundert? 50
Jahre deutsche Entwicklungspolitik werden von
Europäern und damit ganz und gar eurozentrisch zelebriert. Keine einzige Stimme aus dem Süden. Für
wen wurde eigentlich Entwicklungspolitik all die Jahre lang gemacht? Gab’s
wirklich keine Stimme aus dem entwicklungspolitisch beglückten Süden, die
vielleicht auch mal hätte zu Gehör gebracht
bzw. dem Leser den Standpunkt des Südens zu all den intelligenten Ideen,
Diskursen und Visionen deutscher Entwicklungspolitik hätte darlegen können?
Oder ist der entwicklungspolitische Diskurs eine Veranstaltung des Nordens,
dessen Objekt der Süden war und ist? Ich gebe zu, daß ich erschrocken war, als
ich dies feststellte und erschrocken war, als ich feststellte, daß die
staatliche Entwicklungszusammenarbeit bis hin zu GTZ & Co. hier eine solch
gute Presse bekommt. Mir scheinen hier erhebliche Wahrnehmungsstörungen der
deutschen Entwicklungspolitik vorzuliegen, die auch nicht durch einzelne
(übersetzte) Beiträge aus dem nahen Ausland aufgewogen werden. Ob der Berg, der
erklommen werden muß, überhaupt schon in den Blick gekommen ist? Politikverdrossenheit
hat auch etwas mit den Wahrnehmungsstörungen derer zu tun, über deren Politik
das Volk verdrossen ist. Auch die Entwicklungspolitik ist davon (leider) nicht
ausgenommen. Sogar nicht wenige Migranten in deutschen Landen sind sicherlich
näher an des (deutschen) „Volkes Ohr“ als einzelne (Entwicklungs)Politiker.
Auch das muß einmal gesagt werden.
***
Ein anderes Buch, das ich geschafft habe, von vorne bis
hinten zu lesen – und zwar so schnell wie möglich – waren die 415 Seiten von John
LeCarré’s „Geheime Melodie“ („The
Mission Song“, auf englisch). Im Presse-Tagebuch konnten über Wochen
hin diesen Herbst die unterschiedlichsten Rezensionen dieses Buches registriert
werden, wobei die deutschen dabei eher extrem negativ auffielen – wen wundert’s
noch? – so mußte das Buch natürlich baldmöglichst gelesen werden, zumal in
unserer Zeitschrift Der Pazifist schon eine Mini-Besprechung erschienen war. Also,
jetzt liegt die ganze Geschichte vor dem geistigen Auge und zweierlei muß
zuerst gesagt werden. Erstens ist der Autor wohl einer der ersten, die
überhaupt auf die Idee kamen, das zeitgenössische Elend des Kongos literarisch
zu verarbeiten, historisch gesehen, vielleicht nach Joseph Conrad überhaupt der zweite Autor aus dem hohen Norden. Und
zweitens bemüht sich LeCarré auch
noch um genau das, was einsEntwicklungspolitik noch nicht
auf die Reihe gebracht hat, nämlich die Perspektive des Südens, des Kongos, in
den Gestalten von Salvo und seiner
späteren Geliebten Hannah zumindest
verständlich zu machen. Und der Norden, besser gesagt, die dubiosen staatlichen
Institutionen des Nordens, stehen nach der Lektüre zwar äußerlich als absolute
Sieger dar – Salvo wird seine britische Staatsbürgerschaft los und landet in
Abschiebehaft bzw. auf einer Gefängnisinsel und Hannah wurde auf der Stelle
abgeschoben – aber diese Institutionen sind nackt, wie im Märchen von des
Kaisers neuen Kleidern. Und nackte Sieger, nun ja, das Lachen gefriert einem
auf der Zunge, während der Frost die Pax Britannica
ihres Amtes walten läßt, dabei bleibt Afrika bunt, lebhaft, warmherzig,
liebevoll in der Ferne funkelnd wie ein Stern am Himmel. Der Autor hat das Buch
geschrieben, ohne selbst Afrika zu kennen (erst im Nachhinein wagte er eine
Reise in das „Herz der Finsternis“, sah aber schon vorher das Funkeln und hat
dies meisterhaft in seinem Werk vermittelt.) All die kaltblütigen Naseweise,
die mit der Ordnung von gestern die Welt von morgen gestalten wollen, werden
vom Protagonisten des Buches als Lügner entlarvt, Lügner sogar jene, welche der
Welt von heute als Garanten von Tugendhaftigkeit erscheinen. Und das
Erstaunliche an den 400 Seiten ist, daß eigentlich nur das Geschehen von ein
paar Tagen beschrieben ist. In Anbetracht der Folgen des Kolonialismus besteht
kein Zweifel, daß der Norden vor seiner Haustüre noch viel zu kehren hat.
Das
Buch ist 2006 in der 2. Auflage bei List erschienen, ISBN 13-978-3-471-79547-7.
Die Originalausgabe bei Hodder & Stoughton in London.
****
Fast wollte ich jetzt damit beginnen, daß in einem anderen
Buch ein Kontrastprogramm zu lesen ist, doch da muß ich erstmal innezuhalten.
Dies würde so ganz und gar nicht stimmen! „Der
weiße Fleck – Die Entdeckung des Kongo 1875-1908“ versammelt zwar neun
historische Reisebeschreibungen früher weißer – nun ja – „Forschungsreisender“,
die für den Norden den Kongo entdeckten. (Hans Paasche hat dies konterkariert,
indem er ein Büchlein schrieb, über einen Afrikaner, der bei einer Reise in den
Norden das Europa der Weißen „entdeckte“). Aber in sämtlichen Berichten wird Europa
und nur Europa und nichts sonst von vielen afrikanischen Lastenträgern durch
den Regenwald transportiert. Kein einziger Autor ist wirklich an Afrika
interessiert und an den Afrikanern. Der Kontinent wird zum Objekt der
Erforschung und die wissenschaftliche Leistung besteht dann darin,
herausgefunden zu haben, daß der Fluß X nicht in den Nil sondern den Kongo
mündet und gewisse Herren „Verträge“ mit den „Eingeborenen“ wie andere
Briefmarken sammeln, die dann aber – welch eine Schande – bis heute Gültigkeit
haben. Die Herausgeber von der Zürcher
Museumsgesellschaft, welche in deren Bibliothek diese Schriften „entdeckten“,
bemühen sich redlich, den angemessenen kritischen Kontext herzustellen, der
auch absolut nötig ist, um die großbürgerlichen Ergüsse ertragen zu können, die
man der Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts zumutete, welche sich selbst im
Ersten Weltkrieg in den Abgrund trieb. Natürlich sind diese frühen literarischen
Zeugnisse trotzdem wertvoll, zeigen sie doch, wie man die Gutmütigkeit der
afrikanischen Gastgeber – und nichts sonst hat man vorgefunden – hemmungslos
mißbraucht hat. Jawohl, die Gäste begannen die Gastgeber nach Strich und Faden
auszuplündern. Den Gastgebern blieb die Musik und eine „Melodie“ begann im 19. Jahrhundert und wurde (wie oben
beschrieben) von John LeCarrés vernommen und ein wenig weitergesummt….
( Hrsg. Thomas Ehrsam,
Kurt Horlacher, Margrit Puhan, Verlag Nagel & Kimche, Zürich, ISBN
10:3-312-00378-4)
****
Was soll hier jetzt noch ein Büchlein über den Pazifismus des
englischen Philosophen Bertrand Russell? Natürlich gab’s immer auch das „andere
Europa“ und gibt’s dies noch immer. Und einer der eindrucksvollsten
Repräsentanten der „besseren Hälfte“ ist Bertrand Russell, der 1914 aus dem
wissenschaftlichen Elfenbeinturm herabstieg und sich in die Niederungen des
Kampfes gegen den Krieg begab und sich dann auch für die
Kriegsdienstverweigerer einsetzte und sogar bereit war, dafür ins Gefängnis zu
gehen. Achim von Borries hat daraus
ein einprägsames Porträt komponiert, welches den Menschen Russell und seine
Kritik an der herrschenden Gesellschaft in knappen Worten zeichnet. Hier tritt
ein bisher unbekannter Russell hervor, ein Russell, der lernen muß, mit dem Volk zu denken, an der Seite
des Volkes zu stehen und die Gedanken des Volkes in Worte zu fassen. Eine
faszinierende Entwicklung, die in der Welt der Wissenschaft eher
Seltenheitswert hat. Allerdings fehlt dem Büchlein etwas der Kontext. Stand
Russell (über die Schweiz) in Verbindung mit deutschen Pazifisten? Hätte hier
ein Schulterschluß stattfinden können? Waren die Bemühungen Russells in England
den Deutschen überhaupt irgendwie bekannt? Zumindest den Deutschen, die in
Opposition zu dem Krieg des Kaiserreichs standen, etwa Prof. Friedrich Wilhelm
Foerster? Bertrand Russell hat wegen seines Pazifismus seine wissenschaftliche
Karriere in Cambridge an den Nagel hängen müssen und dies auch getan. In
Deutschland findet keine Revolution statt, solange die Rente der Revolutionäre
nicht gesichert ist, möchte man dagegen halten, auch wenn Russell sicherlich
kein Revolutionär war, aber er revoltierte gegen den „Mainstream“ seiner Zeit –
und stand nicht allein. Dies ist – im Gegensatz zur Situation so manches Pazifisten
im Deutschland jener Zeit – eine ganz wichtige Botschaft des Büchleins. (Achim von Borries: Rebell wider den Krieg,
Bertrand Russell 1914-1918, Verlag Graswurzelrevolution, ISBN 3-939045-01-2 )
****
Inzwischen ist die Lesestunde abrupt zu Ende. Der Alltag im
Büro hat uns wieder, die Post muß erledigt werden, die Buchführung, dann wollen
neue Projekte konzipiert sein und dafür müssen Zuschüsse gesucht werden. Das
neue Jahr hat uns gleich zu Beginn wieder in seine Pflicht genommen.
Freuen können wir uns, daß bisher im Kongo mit der Berufung
des alten Gizenga zum Ministerpräsidenten wieder ein Stück mehr Normalität und
vielleicht auch etwas Hoffnung einkehrt. Wünschen wir ihm, daß er vor allem bei
seinem Kampf gegen die Korruption ein Stück vorankommt mit der Berufung einer
integren Regierung.
-----------------------------------------------------------------------------
Vorherige
Tagebucheintragungen finden sich im Archiv dieser Webseite
[1] Das internationale Komitee
zur Unterstützung des Übergangs, bekannt unter seiner französischen Abkürzung
CIAT bestand aus den in Kinshasa stationierten Botschaftern der Vereinigten
Staaten von Amerika, Frankreich, Großbritannien, Belgien, Südafrika, China,
Angola, Kanada, Rußland, der EU und der Afrikanischen Union. Es stand unter dem Vorsitz des
UNO-Sondergesandten.
[2] “Final Report of the Panel of Experts
on the Illegal Exploitation of Natural Resources and Other Forms of Wealth of
the Democratic Republic of the Congo”, Security Council, 17 October 2002, UN
S/2002/1146, pp. 7-8; and “Persons for whom the panel recommends a travel ban
and financial restrictions”, Security Council, 16 October 2002, Annex II, UN
S/2002/1146, p. 4.
[3] Telefon-Interviews der
Crisis Group mit MONUC Vertretern und Diplomaten in Kinshasa, im März 2007.
[4] Bemba erzielte 49 % der
Stimmen in Kinshasa in der ersten Runde der Wahlen.
[5] Einem UNO-Bericht zufolge,
hat Mwanke unmittelbar von der illegalen Ausbeutung der Rohstoffe profitiert. Als
graue Eminenz des Präsidenten und
Schatzmeister der AMP-Koalition wurde angenommen, daß er Minister für die
Präsidentschaft würde. Wie auch immer, Denis Kalume, den der Bericht derselben
Aktivität beschuldigte, bekam seinen Posten als Innenminister. “Final Report of the Panel of Experts”,
op. cit., pp. 7-8, and “Persons for whom the panel recommends”, op. cit., p. 4.
[6] José Endundo, immer noch ein
Bemba-Unterstützer war am 4.Jan.2005 aus der Übergangsregierung wegen
Korruptionsbeschuldigungen entlassen.
[7] Endundu, Olivier Kamitatu
und Mbusa Nyamisi sind besonders aktiv gewesen, Gizenga zum Rücktritt zu
bewegen.
[8] Die Dörfer sind
Shayimbuanda, Shakadiata und Shashidi in Kahemba-Gebiet.
[9] “RDC: Affaire
Kahemba, les localités occupées sont angolaises, selon Denis Kalume”, Radio
Okapi, 14 March 2007.
[10] “Die Regierung trug die
technischen Resultate verschiedener Expertenteams vor, die feststellen, daß
sich die Grenze nicht verändert habe, daß es keine Überquerung der Grenze durch
angolanische Truppen und keine Massenumsiedlung der Bevölkerung gegeben habe. Die
Regierung setzt eine gemeinsame Kommission aus staatlichen und provinziellen
Mitgliedern ein, um die 9.000 km lange Grenze zu markieren. Die Regierung
betont erneut ihre Verpflichtung, die brüderlichen Beziehungen zur
Schwesterrepublik von Angola zu halten”. “Kahemba: Kinshasa donne raison à
l’Angola”, Le Potentiel, 19 May 2007.
[11] Crisis Group Interview,
kongolesische Journalisten, Kinshasa, Juni 2007.
[12] Korruption betraf die Senatswahlen auf beiden
Seiten. Im Süd Kivu, wurde ein RCD Senator gewählt, obwohl die Partei überhaupt
nicht in der Provinzversammlung repräsentiert ist. Drei von vier Senatoren, die
im Unteren Kongo gewählt wurden, sind AMP-Mitglieder, obwohl die UNION dort
eine Mehrheit hat.
[13] Crisis Group
Interviews, AMP und Union Führer, Kinshasa, January 2007; Crisis Group
interviews, Senat Kandidaten von Süd Kivu und Kinshasa, Kinshasa, January 2007;
“RDC: des observateurs dénoncent des pratiques de corruption aux sénatoriales”,
Agence France-Presse, 23 January 2007; “Le réseau d’observation électorale ROC
dénonce la corruption ayant flétri le débat d’idées et le choix utile”, L’Observateur, 25 January 2007.
[14] Crisis Group Interview,
Union Vertreter und Oppositionsmitglieder, Kinshasa, Januar 2007.
[15] “Erklärung von Human Rights
Watch gegenüber der parlamentarischen Kommission, welche die Ereignisse im
Unteren Kongo untersuchte”, 12 April 2007.
[16] Human Rights Watch fragt
insbesondere nach Untersuchungen zur Verantwortlichkeit des Kommandos der FARDC
in Kitona, Brigadier Bondjuka Botunga, ebenso Captain Emmanuel Matuka Mokweke,
Major Mbakulu, Brigadier Mbuayama Nsiona, der Polizeichef der Provinz,
Brigadier Joseph Mukendi, der Polizeikommandant Kota, und Polizeioffizier Jean
Paul Songa. Die Untersuchung der Nationalversammlung wurde von Michel Ngokoso
geleitet, einem AMP Abgeordneten.
[17] Die Resultate des Berichtes
wurden am 14. Juni 2007 in der Vollversammlung der Nationalkonferenz
vorgestellt, doch wurden sie nicht diskutiert. Es wurde darüber entschieden,
den Bericht zu veröffentlichen, doch kein Termin dafür mitgeteilt. Die Debatte
über den Bericht steht nicht auf der Tagesordnung der Sondersitzungsperiode des
Parlaments, die am 19. Juni begann und es ist ungewiß, ob sich die Session, die
im September eröffnet wird, damit befaßt.
[18] Crisis Group Interview, General Laurent
Nkunda, Kilolirwe, February 2007.
[19] Der Begriff, der hierfür
gebraucht wird ist “mixage”.
[20] Alle Verhandlungen mit ihm
wurden von General John Numbi geleitet, bis vor kurzem Kommandeur der
Luftwaffe, der nicht bevollmächtigt war, politische Forderungen zu diskutieren.
[21] Die Vereinbarung, die nicht verpflichtend ist,
hat Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst zum Ziel…. Die Vereinbarung wurde
nie umgesetzt. Stattdessen gewährte die Regierung den Staatsangestellten
verschiedene Vergünstigungen bei den Transport- und Wohnkosten. Die
Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes haben bereits einige Streiks
angekündigt, mit dem Ziel der Umsetzung dieses Abkommens. In einer Rede vom
24.Febr.2007 versprach Premierminister Gizenga genau dies und sogar noch mehr. Gesetzesentwürfe,
die im Parlament diskutiert werden, sehen eine erste Lohnerhöhung für
September-Oktober für den Niedriglohnsektor vor. “Budget 2007, un deuxième test
pour Gizenga”, Le Potentiel, 26 May
2007.
[22] Crisis Group Interview,
Union der Richter, Kinshasa, Januar 2007. Der gegenwärtige Oberste Richterrat
sollte bereits bei der Ernennung von Richtern unabhängig mitwirken. Doch
derzeit ist er voller Leute, die dem
gegenwärtigen Establishment nahestehen und sich nicht um die Unabhängigkeit der
Justiz kümmern.
[23] “International
appeal for a revision of the DRC’s mining contracts”,
[24] The partial
list includes Georges Forrest Group, Anvil Mining Company, Kamoto Oliveira
Virgule, Meteorex, Phelps Dodge, Somika, Chemaf, First Quantum, Société East
China, Marc Rich RSA. See “Digging in corruption”, Global Witness, op. cit., p.
43; “The State vs. the people: Governance, mining and the transitional regime
in the Democratic Republic of Congo”, NiZA, op. cit.; “Rush and Ruin”, Global Witness, op. cit.; “Final Report of the Panel of Experts”, op. cit.; Crisis Group
telephone interviews, Congolese officials, June 2007.
[25] Crisis Group Telephon
Interview, mit kongolesischen Beamten, Juni 2007.
[26] Congo hat sich dieser
Initiative gegenüber verpflichtet, die keine Veröffentlichung aller Verträge
verlangt. Die EITI wurde vom britischen Premierminister Tony Blair beim World
Summit on Sustainable Development in Johannesburg, September 2002 lanciert. Ihr
Ziel besteht darin, die Transparenz von Zahlungen zu verbessern zwischen
extractive industry companies und Regierungen und zu regierungsnahen
Unternehmen, aber auch Transparenz im Gebrauch der Einnahmen durch die
Regierungen von Gastländern..
[27] Es gab solch eine
Vereinbarung in Kambodscha, zwischen der Regierung und Global Witness. Die
Weltbank finanzierte die NRO Regierungsstellen zu beobachten, wie sie
Aktivitäten im Forstbereich regelten.
[28] Während der Übergangszeit,
leitete Lutundula eine Sonderkommission der Nationalversammlung, welche die
Bergwerks- und andere Geschäftsverträge untersuchte, die von Rebellen- und
Regierungsbehörden zwischen 1996 und 2003 unterzeichnet worden waren. Ihr
Bericht, der im Juni 2006 veröffentlicht wurde, kam zum Schluß, daß Dutzende
dieser Verträge entweder illegal oder von begrenztem Wert für die Entwicklung
des Landes waren und zeitlich begrenzt oder neu verhandelt werden sollten. Das
Parlament hat nie über den Bericht diskutiert.
[29] Crisis Group Telephon
Interview, MONUC, Juni 2007.
[30] Dazu gehört das Gesetz über
die nationale Polizeiorganisation, Gesetze zum militärischen Status und der
finanziellen Ausstattung der Armee, der Präsidentengarde und die Organisation
des Obersten Verteidigungsrates.
[31] Die Sicherheitsüberprüfung
ist ein nicht-gesetzlicher Vorgang der Durchleuchtung der Sicherheitsdienste zu
Straftaten und Mißbräuchen in der Vergangenheit. Jene, bei denen eine Mitschuld
gefunden wird, werden vom öffentlichen
Dienst ausgeschlossen. Der
Prüfungsstandard ist viel niedriger als bei einem Gerichtsprozeß. Jene, bei
denen eine Mitschuld gefunden wird, verlieren ihre Anstellung, sehen sich aber
nicht unbedingt mit einer Anklage konfrontiert. Die Sicherheitsüberprüfung ist
bei UNO-Einsätzen in Bosnien, Kosovo, Haiti und Ost Timor mit unterschiedlichem
Erfolg durchgeführt worden. Der Vorgang muß unparteiisch, die beteiligten
Personen bei Mißbräuchen zu Rate ziehen und bei den Mitgliedern aller früherer
Kriegsparteien anfragen. Er sollte auch flexibel sein, die Umstände, unter
denen ein Mißbrauch geschah berücksichtigen und die eventuelle Beteiligung der
untersuchten Person am Friedensprozeß berücksichtigen. Ausgeschlossene Personen
müssen in der Lage sein, durch ein transparentes Verfahren, gegen die
Entscheidung Widerspruch einlegen zu dürfen.
[32] Versuche, eine gemeinsame
Kommission über “gutes Regieren” nach dem Modell der gemeinsamen Kommission zu
den Wahlen, zur Reform der Sicherheitskräfte und wesentlicher
Gesetzgebungsprojekte in Resolutionen des Sicherheitsrates zu verankern,
scheiterte an verschiedenen Mitgliedern des Sicherheitsrates, die traditionell Angelegenheiten
gegenüberstehen, die mit Korruption zu tun haben. Der Vorschlag wurde zu einer
Empfehlung an die MONUC verwässert in Resolution 1621 (2005) um “Rat und
Assistenz sowohl als auch die notwendige Unterstützung bei der Einrichtung der
Übergangsregierung, gegenüber finanziellen Institutionen und Gebern zu
veranlassen, Bemühungen Unterstützung für ein gutes Regierung zu stärken und
von Transparenz in den finanziellen Angelegenheiten.” Diese Vereinbarung wurde
nie verwirklicht.
[33] Einschließlich der hochrangigen
UNO-Kommission von 2004 über Drohungen, Herausforderungen und Änderungen der
Internationalen Kommission zu Fragen der Intervention und der
Staatsouveränität, Kanadische Regierung 2001.
[34] Resulotion des
Sicherheitsrates Nr.1742, 15 February 2007.
[35] Crisis Group Interview,
Kabila Berater,
[36] Am 27 März 2007, äußerten
die EU Botschafter auf einer Pressekonferenz ihre Sorgen wegen der Kämpfe in
Kinshasa , doch machten sie keinen Unterschied zwischen der Gewalt von Kabila’s
oder Bemba’s Gefolgsleuten. Die EU bat die Behörden die Menschenrechte besser
zu beachten, freie Meinungsäußerung zu respektieren, die Rechte der Oppositon
und diplomatische Voraussetzungen. “L’UE est indignée
par le recours à la force à Kinshasa”, 27 March 2007, monuc.org.
[37] Die Beziehungen zwischen dem
Kongo und vielen europäischen Partnern sind auf einem niedrigen Niveau. Dem
belgischen Außenminister, Karel de Gucht, wurde während seines Besuches am 10. April
der Zugang zu Kabila nicht gestattet, nach Bemerkungen über die Notwendigkeit
einer Opposition in einem demokratischen Land und Aufrufen, für Bembas
Sicherheit zu sorgen. “Karel de Gucht: ‘Une démocratie ne peut pas exister sans
opposition’”, Agence France-Presse, 11 April 2007.
[38] Am 3. April 2007 veröffentlichte der Präsident
des Sicherheitsrates eine Erklärung, in der er die Gewalt in Kinshasa vom 22.
zum 25. März bedauert und die Regierung auffordert, den Raum und die Rolle zu
respektieren, welche der Opposition laut Verfassung zusteht. Außerdem fordert
er eine Untersuchung der Geschehnisse. Mehr als zwei Monate später hat es immer
noch keinen Fortschritt gegeben, vor allem weil Untersuchungen der MONUC von
den kongolesischen Behörden systematisch verhindert wurden.
[39] Resolution 1756, 15 Mai
2007, Punkt 6.
[40] Die Entscheidung, einen
Runden Tisch zur Vervollständigung der Reform des Sicherheitsbereiches
einzurichten, wurde am 9. März 2007 in Pretoria gefällt, während der letzten
Sitzung der Kontaktgruppe zu diesem Thema.
[41] Am 12. Juni 2007 hat der EU-Rat zwei gemeinsame Aktionen angenommen, eine,
welche sich verpflichtet, durch die EUSEC-Mission Rat und Hilfe für die
Integration, Restrukturierung und für den Neuaufbau der kongolesischen Armee
liefert, die andere bestätigt eine Verpflichtung, dies für die Polizei
beizutragen. .
[42] Crisis Group Interviews mit
Beamten der kongolesischen Sicherheitsdienste, Kinshasa, Juni 2007.
[43] Die Beratungsgruppe wird von
der Weltbank geleitet und hat Mittelbeschaffung und Koordination der
Hilfsmaßnahmen zum Ziel. Westliche Diplomaten denken, die Sitzung wurde
abgesagt, weil die Regierung ablehnte, über ihre schlechten Fortschritt in den
meisten Bereichen zu berichten, seit sie ihr Amt angetreten hat. Crisis Group Interviews mit
europäischen Diplomaten, Juni 2007.